Olaf Müller

Schlesisches Wetter

Roman
Cover: Schlesisches Wetter
Berlin Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783827004437
Gebunden, 236 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Der gescheiterte Journalist Alexander Schynoski lebt an der Seite der erfolgreichen Architektin Maureen in Berlin. Ein letzter Auftrag seiner Redaktion führt ihn auf die Spuren seiner Familiengeschichte; Schynoskis Leben erfährt eine plötzliche Wende. Obwohl er seine Mutter seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen hat, gelingt es ihm, sie zum Sprechen zu bringen. Die Mutter erzählt von der Flucht aus der alten Heimat. Er fährt nach Breslau und in das schlesische Dorf, aus dem seine Familie stammt; auch dort wird er mit den Folgen der Vertreibung und dem heutigen Polen konfrontiert. Die Realität kollidiert mit den Fantasien Schynoskis. Am Ende seiner Reise begegnet er schließlich Agnieszka und entschließt sich, in Polen zu bleiben. Schynoski sucht seine Geschichte, die Liebe und nicht zuletzt sich selbst.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.08.2003

Stefanie Peter kann Olaf Müllers Roman nicht viel abgewinnen, der für sie in die Reihe von Büchern gehört, denen vor allem ein "Wille zur Erinnerungsliteratur" eigen sei. Wie Peter darstellt, wird der Held des Buches, Alexander Schynoski, ein übergewichtiger, etwas Berliner Journalist um die vierzig von zwei Polen aus seiner Lethargie erweckt und auf seine niederschlesischen Wurzeln gestoßen. Er macht sich auf über die Grenze, nach Breslau, wo er sich auch flugs in die reizende Agnieszka verliebt, die längst nicht so schmallippig wie die Londoner Architektin ist, mit der Schynoski zuvor liiert war. "So heilsam, so befreiend, kann Spurensuche sein", höhnt Peter, der die Geschichte doch ein wenig zu simpel gestrickt, die Schlussfolgerungen zu naiv und die Klischees über Polen zu dick aufgetragen sind.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.07.2003

"Diebisch freudianisch" findet Claudia Kramatschek diesen Roman von Olaf Müller zum Thema Vertreibung, der die Geschichte eines dickleibigen, frustrierten Journalisten erzählt, dessen Vorfahren einst aus Schlesien vertrieben wurden und deren heimatlichen Wurzeln er in der Hoffnung sucht, seiner eigenen Identität zu entkommen. Dass der Umgang mit Erinnerung nach Meinung der Rezensentin heute nur noch Imitation sei und "ans Parodistische" grenze, sieht sie in Müllers Diktion ganz richtig eingefangen. Die Inszenierung des Buches entlarve dadurch die "platte Logik der Wunschmaschine".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.06.2003

Um Vertreibung und Flucht nach dem Krieg und ihre Auswirkungen auf das folgende Leben geht es in Olaf Müllers zweitem Roman, ein Thema, das in den letzten Jahren verstärkt auch von den Medien aufgegriffen wurde. An Müllers Roman, der die Problematik anhand eines knapp vierzigjährigen Mannes in der Krise aufrollt, gefällt Rezensent Carsten Würmann zunächst, wie Ungereimtheiten und Brüche in dessen Leben aufgezeigt und mit der Familiengeschichte in Verbindung gebracht werden. Insgesamt hat Würmann an dem Buch jedoch einiges auszusetzen. Für seinen Geschmack ist ihm die "übermächtige Wirkungsmacht des Vergangenen" häufig "allzu dick aufgetragen". Auch empfindet er den lastenden historischen Hintergrund manchmal als "bedeutungsschweres Beiwerk" für einen Menschen in der Midlife-Krise. Die Sprache ist ihm zu "angestrengt einfach", was bei ihm den Eindruck verstärkt, hier handele es sich um simplen "Heimatkitsch".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.05.2003

Rezensent Burkhard Müller nimmt Olaf Müllers Roman um einen aus seiner Lethargie geschreckten Journalisten, der sich nach Polen aufmacht, um seine schlesischen Wurzeln zu finden, zum Anlass, ein wenig über den gegenwärtigen literarischen Boom der deutschen Vertreibungsgeschichte nachzudenken. Für Müller klingt das alles ein wenig nach: "Wir wollen nicht immer bloß der anderen, sondern endlich auch unser selbst gedenken!" Auch wenn Müller diese Forderung keinesfalls mit einer Art von Revanchismus in Verbindung bringen möchte, wittert er eine "schwierig dingfest zu machende Ranküne" - schließlich sollen auf subtile Weise die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs nachverhandelt werden. Auch "Schlesisches Wetter" scheint dem Rezensenten nicht ganz frei von dieser Art Ranküne, selbst wenn er der Oder-Neiße-Linie den gebührenden Respekt erweise. So findet er etwa den auf den ersten Blick versöhnliche scheinenden Schluss des Romans in Wirklichkeit "schauderhaft regressiv".
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