Norbert Hummelt

Stille Quellen

Gedichte
Cover: Stille Quellen
Luchterhand Literaturverlag, München 2004
ISBN 9783630620749
Kartoniert, 108 Seiten, 9,50 EUR

Klappentext

Norbert Hummelt hat er sich von so unterschiedlichen Dichtern wie Joseph von Eichendorff, Gottfried Benn und Ernst Jandl anregen lassen und kehrt zurück zu den stillen Quellen: zu seiner Herkunft und zu unseren Verstrickungen in die schwierige deutsche Geschichte. Ob Rückgriff auf die Tradition oder Fortsetzung experimentellen Schreibens - immer geht es ihm dabei um das Herstellen von Kunst. Die Bausteine dafür findet er in der Sprache.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.05.2004

Dieser Rezensent arbeitet am Text. Guido Graf versucht uns begreifen zu lassen, was ihn an Norbert Hummelts Gedichten so ergreift - wobei 'ergreifen' oder 'begreifen' schon zentrale Elemente seiner Arbeit am Text, an der Lyrik Norbert Hummelts wären. "In den Gedichten Hummelts kommt es im mehrfachen Wortsinne zum Begreifen", schreibt Graf. Was die Augen nicht ermessen können, das wisse die Haut, erfragten die Finger, erführen die Sinne, diese "stillen Quellen", die für Graf unmittelbar mit der Dichtung verbunden sind. Sich sozusagen im hautnahen Kontakt befinden: "so fühle ich so fragen meine finger die kapsel/ leise mit der haut doch dann schnellt eine/ antwort aus dem kapselinnern: rührmichnicht an", zitiert Graf aus dem Gedichtband. Was die Sinne aufnehmen, steht für Graf auf einer Ebene mit der Erinnerung, den Träumen und den Sehnsüchten, die Hummelt in seiner Lyrik sprechen lässt. Hummelt betreibe Pflanzenkunde, Ahnenkunde, Archäologie in eigener Sache, verkündet Graf, sei stets verbunden mit den Quellen der deutschen Romantik und den unsichtbaren Zusammenhängen auf der Spur, die er meist in losen Binnenreimen benenne. Hummelt ist einer, sagt Graf, der für sinnliche Erkenntnis sorgt und es doch nicht nötig hat, das, was er nicht fassen, nicht ertasten, nicht er- oder begreifen kann, zu verifizieren.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.04.2004

Begonnen hat er als "Sprachzertrümmerer", jetzt sind Eichendorff und Caspar David Friedrich seine Leitfiguren - Rezensent Michael Braun begutachtet Norbert Hummelts durchaus ungewöhnliche Entwicklung vom Parodisten lyrischer Konventionen hin zu einem Poeten der sehnsuchtsvollen Erinnerung und bescheinigt ihm gutes Gelingen. Hummelt habe in seinem neuen Band sehr "bewegende Gedichte geschrieben, die sich mit melancholischer Hellsicht in eine Welt der Vergänglichkeiten und verlorenen Paradiese versenken". Doch er sei auch klug genug, um zu wissen, dass der Weg zurück zur Romantik nicht ungebrochen sein kann, dass die Figuren aus den Bilder Friedrichs in tausendfacher trivialer Rezeption zum Klischee erstarrt sind, und deshalb, schreibt Braun, sind seine Beschwörungen gebrochen, deshalb durchdringen Störgeräusche die Magie, die nie mehr ganz ursprünglich sein kann. So aber könne Hummelt sich ihr wieder annähern und Wahrhaftigkeit finden. Das Glück des Alltäglichen - es ist bei Hummelt ambivalent und kann gerade dadurch wieder berühren, lobt unser Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2004

Der Verdacht, dass es sich bei diesem Gedichtband um sentimentalen "Kitsch" handelt, wie der Titel vermuten lässt, bestätigt sich glücklicherweise nicht, stellt Harald Hartung erleichtert fest. Vielmehr wirft der Lyriker den Blick zurück zu den eigenen biografischen Quellen, und außerdem spielt der Titel auf Dichter der Romantik an, wie der Rezensent erklärt. Der Rezensent merkt zwar vorsichtig an, dass in den Gedichten mitunter vielleicht etwas zu viel im "nachempfundenen Genuss" geschwelgt wird. Doch es gefällt ihm, wenn neben aller Nostalgie eben auch genug "Reelles" anklingt. So würdigt er den Lyriker, der seine rheinischen Wurzeln betont, als "gefühlvollen Nachfahren" Jürgen Beckers, wobei er als wichtige Grundierung der Lyrik Norbert Hummelts neben dem regionalen Bezug vor allem die Verankerung in der "Tradition der Poesie" und hier vor allem in der Romantik sieht. Dies bezeichnet der Rezensent zwar als "kulturkonservativ", er verdammt es aber nicht als rückwärts gewandte Geste, sondern erkennt darin das Bewusstsein für einen "Verlust". Indem Norbert Hummelt aber deutlich macht, dass die "gute alte Zeit" vor allem nur mehr als Zitat vorhanden ist, gelingt es ihm, seine "tradiert stilisierten Gedichte über die bloße Konvention hinaus" zu heben, und das ist die Qualität, die diese Lyrik so "interessant und lesenswert" macht, lobt Harald Hartung überzeugt.
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