Niklaus Largier

Lob der Peitsche

Eine Kulturgeschichte der Erregung
Cover: Lob der Peitsche
C.H. Beck Verlag, München 2001
ISBN 9783406480935
Gebunden, 440 Seiten, 30,12 EUR

Klappentext

Niklaus Largier thematisiert das ?Lob der Peitsche? im Schnittpunkt asketisch-spiritueller, medizinischer, diätetischer, ethnographischer, erotischer und pornographischer Diskursformen. Im Zentrum dieses Buches steht die Inszenierung des Körpers, verbunden mit der Erregung der Phantasie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.02.2002

Offensichtlich war dieses Buch für den Rezensenten Navid Kermani eine äußerst anregende Lektüre. In einer beschwingten Rezension markiert er zunächst den Ort der Handlung: die Schnittstelle von Religion und Erotik und betont dann, welch reiches Material aus tausend Jahren christlich-abendländischer Kulturgeschichte Niklaus Largier hier zusammengetragen hat. Dann kommt er auf seinen einzigen Dissens mit dem Autor zu sprechen: Largier, so scheint es, sieht in der Theatralität der Flagellation ihrer Essenz. Hier will Kerman nicht zustimmen. Zwar eigne jeder Geißelung ein inszenatorischer Aspekt, führt Kermani aus, sie wende sich aber nicht stets an eine Öffentlichkeit - der Begriff der Theatralität erscheint ihm darum forciert. Aber schnell wischt er diesen Einwand fort - zu reich ist das Material des Buchs, zu intelligent argumentiert ihm Largier im Detail, als dass er das Buch nur wegen einer kleinen Meinungsverschiedenheit aus der Hand legen würde. Besonders stark sei es in der Darstellung der Flagellation in der Religionsgeschichte - was uns heute am Islam so fremd erscheint, so Kermani (Autor eines Buchs über den Iran), das lässt sich mit ein wenig archäologischen Spürsinn in der eigenen Kultur finden. Mit Interesse hat Kermani auch Largiers Ausführungen über die Flagellation in der erotischen Literatur gelesen. Weniger konzentriert scheint ihm dagegen der dritte und kürzeste Abschnitt in therapeutischen und medizinischen Traktaten. Wo die Peitsche sich nicht mit Lust verbindet, verlieren offensichtlich sowohl Autor als auch Rezensent ihr Interesse.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.10.2001

Olaf B. Rader findet an Niklaus Largiers "Lob der Peitsche" viel Gefallen. Die detaillierte kulturgeschichtliche Studie behandle mit der Peitsche einen kulturhistorischen Gegenstand, an dem sich immer wiederkehrende menschliche Phänomene verdeutlichen lassen: die Inszenierungen des Körpers und die Erregung der Phantasie. Die "Rezensentenpeitsche" gebraucht Rader nur gegen kleinere Punkte. Kritisch befragt er Largies Begriff der "Öffentlichkeit" und zweifelt daran, dass von den Geißlern keine sozialrevolutionäre Wirkungen - etwa auf die Bauernkriege - ausgingen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2001

Die Kulturwissenschaftlerin Christina Braun liefert eine konventionelle, aber interessante Einführung und Kritik zu Largiers "Lob der Peitsche", das den Untertitel "Eine Kulturgeschichte der Erregung" trägt, im wesentlichen aber die Geschichte der Selbstgeißelung erzählt. Diese setzte um das Jahr 1000 ein, berichtet Braun, nahm ihren Ursprung in Klöstern und wurde erst sehr viel später zu einem Phänomen der Laienbewegung. Nicht Buße, sondern die Repräsentation der Leiden Christi standen im Vordergrund: der Körper wurde zu einem Ort der Darstellung, einem "tableau vivant", wie es bei Braun heißt. Später geißelte die Kirche die Praxis der Geißelung als unziemliches Mittel der Erregung, und wie durch diese sanktionierten Geißelungsszenen die pornografischen und erotischen Phantasien des 19. Jahrhunderts beflügelt wurden, das kommt Braun im zweiten Teil des üppigen (bebilderten Bandes) entschieden zu kurz. Sie hätte sich mehr Mut zu Interpretationen und Querbezügen wie etwa zur Geschichte der christlichen Bilderverehrung gewünscht.

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