Michael Frayn

Das Spionagespiel

Roman
Cover: Das Spionagespiel
Carl Hanser Verlag, München 2004
ISBN 9783446204553
Gebunden, 222 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Matthias Fienbork. Mitten im Krieg spielen zwei Kinder Krieg: Im harmlosen Nachbarn erkennen Keith und Stephen einen Mörder, im Boden unter ihnen vermuten sie Geheimgänge, und ein leer stehendes Haus kommt ihnen höchst verdächtig vor. Doch auf einmal entwickelt ihr Spiel eine unheimliche Dimension: Keiths schöne, kultivierte Mutter hat nämlich tatsächlich etwas zu verbergen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.03.2004

Bei Michael Frayn, so Rezensent Christoph Schröder, beginnt der seltsam geebnete Weg vom Spiel in den Ernst mit einem einzigen Satz: "Meine Mutter ist eine deutsche Spionin." Ab diesem Satz, den Keith zu seinem Freund Stephen sagt, werden sämtliche Handgriffe, Gesichtsausdrücke und Wege der Mutter suspekt, so sehr, dass am Ende die "Vorgabe zum Spiel die eigentliche Wahrheit ist", und sich nichts mehr an der Mutter außerhalb dieser "inneren Logik" denken lässt. Zu welcher Art von Katastrophe es kommt, lässt der Rezensent offen, nicht aber wie sehr ihm dieser Roman gefallen hat, der neben der sich entwickelnden "Eigendynamik" des Spiels auch noch die Themen des Erwachsenwerdens und des Krieges (auch des pervertierenden Kleinkrieges) behandelt. So ist "Das Spionagespiel", das während des Zweiten Weltkriegs in einem englischen Dorf spielt, für Schröder Entwicklungsroman, psychologischer Roman und Krimi zugleich und in allen diesen Genres "ein geglücktes Buch".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.03.2004

In seinem zehnten und nun mit dem Whitbread Novel Award ausgezeichneten Roman bewegt sich der Schriftsteller und Dramatiker Michael Frayn auf dem Terrain infantiler Paranoia, teilt uns Thomas David mit: "In 'Das Spionagespiel' entwirft Michael Frayn die vermeintliche Idylle einer Kindheit, ein aus dem imperialen Abenteuergeist britischer Kinderbücher geborenes Areal der Phantasie, in dem jeder Nachbar ein potenzieller Mörder ist und der Küchengarten ein gefährliches Banditengebiet mit dem Krieg gegen Deutschland als aufregendes Hinterland." So kommt es, dass Keith Hayward, der Freund des Protagonisten Stephen Weathley, eines Tages behauptet: "Meine Mutter ist eine deutsche Spionin." Und alsbald wittern die beiden Freunde hinter jeder Geste und Notiz von Keiths Mutter ein großes Geheimnis. Die Theatererfahrungen des Autors sind dabei seinem stark autobiografisch inspirierten "Erinnerungsroman" sehr zu gute gekommen, befindet unser Rezensent, der die Faszination des Buches vor allem auf die "nadelfeinen Sensibilität des Dramatikers für die Projektionen aus dem Schattenreich des Auditoriums" zurückführt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.02.2004

Fast schon verärgert zeigt sich Andreas Dorschel angesichts dieses Romans von Michael Frayn. Die Erinnerung eines Mannes an seine Jugend im Krieg, in der er mit seinem Freund einer vermeintlich für die Nazis spionierenden Mutter nachspürt, hätte reichlich Potenzial für einen guten Roman geboten, unter anderem aufgrund der Motive des Versagens und der Erinnerung, die beide eine große Rolle spielen. Anders als seine begeisterten Kollegen ist Rezensent Dorschel jedoch der Ansicht, dass Frayn dieses Potenzial nicht genutzt habe. Im Gegenteil habe der Autor seine Kunstgriffe derart beharrlich verwandt, dass aus ihnen eine alles erstickende "literarische Routine" geworden sei, die dem Stoff alles nehme, was er zu bieten gehabt hätte.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.02.2004

Sehr gut findet Kolja Mensing diesen raffinierten "psychologischen Spannungsroman". Das Ende der Geschichte, in der zwei Jungen in einem ländlichen Stück England während des Zweiten Weltkriegs erwachsen werden und glauben, dem düsteren Geheimnis der Mutter des einen auf die Spur zu kommen, trifft den Leser nicht gänzlich unerwartet, räumt der Rezensent ein, aber darauf komme es auch nicht an. Schließlich liege die Tragik des Romans gerade in der Tatsache, dass nichts unverhofft komme. Das Fazit des Rezensenten: ein feiner Roman über das Übel des Erwachsenwerdens.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.02.2004

Ulrich Greiner ist restlos begeistert. Er sieht Michal Frayn mit seinem "glanzvollen" Spionageroman als würdigen Bewahrer der großen Tradition englischer Literatur. Erzählt werde eine Geschichte, "die es in sich hat". Ein alter Mann erinnert sich an einen Sommer seiner Kindheit, an die Saat des Verdachts, die damals ausgebracht wurde und damit den Verlust seiner Unschuld einleitete. Nun sei das an sich nichts Besonderes, meint der Rezensent, entscheidend sei aber die "kammermusikalisch sorgfältige" Komposition, der "leichthändige, präzise" Einsatz der Stimmen und Bilder wie der Perspektiven und zeitlichen Ebenen. Besonders wie der Autor seinen Protagonisten "elegant", "kunstvoll" und "geschmeidig" zwischen kindlicher und erwachsener Erzählweise hin- und herwechseln lässt, ringt Greiner großen Respekt ab. Das könnten halt nur die Engländer: Mit der Inbrunst der jungen Deutschen und der Stofffülle der Amerikaner schreiben, und zwar so, "dass man weder übersättigt vom Lesen aufstünde, sondern erfüllt und um eine Erfahrung reicher".