Andrej Wolos

Der Animator

Roman
Cover: Der Animator
Carl Hanser Verlag, München 2007
ISBN 9783446208278
Gebunden, 288 Seiten, 21,50 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen übersetzt von Christiane Körner. Moskau in einer nahen Zukunft. Animatoren haben die Gabe, die Seelen der Toten zum Leuchten zu bringen, indem sie deren Leben noch einmal Revue passieren lassen. Die Schicksale der Verstorbenen, Terroropfer und Täter, sie alle fügen sich zu einem grausamen und unerbittlichen Bild des russischen Lebens. Bis Sergej Barmin von einer Nachfolgeorganisation des KGB aufgefordert wird, auch lebende Menschen zu animieren und Kontrolle über ihr Bewusstsein zu erlangen. Ein literarischer Thriller zwischen Science-Fiction und russischer Gegenwart.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.01.2008

Wurde Andrej Wolos für die Vielschichtigkeit seines ersten Romans noch ausgiebig gelobt, fühlt sich Rezensentin Anja Hirsch von der komplexen Vielstimmigkeit seines zweiten Buches überfordert. Es geht um den "Animator" Barmin, der vorgeblich die letzten Gedanken Verstorbener in einer "Animabox" konservieren kann und die Seele der Toten als ewige Flamme bewahrt, erklärt die Rezensentin. Der tadschikische Autor schiebt zwischen die Gedanken der Hauptfigur immer wieder die mit viel Gespür für sprachliche Charakteristika geschilderten Geschichten von Terroristen und ihren Opfern, die die Erzählwelt des Romans dominieren, und spielt wiederholt auf aktuelles Zeitgeschehen an, meint Hirsch durchaus interessiert. Sie bedauert allerdings, dass die Motive der Terroristen undurchsichtig und, wie es scheint, dem Zufall überlassen bleiben. Sie findet es schwierig, sich bei der Vielzahl der Figuren auf Einzelne richtig "einzulassen". Der Roman bleibt ein Zwischending zwischen mit "Esoterik" gewürzter "Kulturkritik" und Thriller und kann gerade wegen dieser Unentschiedenheit die Rezensentin nicht überzeugen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.09.2007

Einen zwiespältigen Eindruck hat dieser Roman von Andrei Wolos bei Rezensent Ulrich M. Schmid hinterlassen. Während ihn einzelne Kapitel literarisch tief beeindruckt haben, kann er mit dem Roman als Ganzes wenig anfangen. Er führt das auf die wenig überzeugende Konstruktion der phantastischen Rahmenhandlung zurück, bei der es um einen "Animator" geht, der mittels "Frequenzstrahlern" und "Kraft-Kolben" Kontakt zum Jenseits herstellen kann. Die als "Anamnesen" in die Rahmenhandlung eingefügten kurzen Biografien von Verstorbenen wie die eines Physiklehrers, der in einem Bus von einem muslimischen Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt wird, oder eben die des jungen Märtyrers, sind in Schmids Augen die "eigentlichen Glanzlichter" des Romans. Hier zeichne der Autor prägnant die Erfahrungswelt seiner Figuren nach und mache dadurch auch noch das monströseste Verhalten verständlich. Demgegenüber fällt die Rahmenhandlung in seinen Augen deutlich ab, zumal sie mit unpassenden Knalleffekten aufwartet. Schmid hält Wolos nämlich nicht für einen "Mann der lauten Töne". Er findet ihn vielmehr dann am besten, "wenn er das Laute ganz leise andeutet".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.03.2007

Andrej Wolos habe leider nicht die belebenden Fähigkeiten seines Helden Barnim, der die Seelen von Toten als Lichtflamme sichtbar machen könne und damit zu einer Kultfigur des russischen Bestattungswesens avanciere. Rezensentin Sonja Margolina verweist auf die russische Gegenwartsliteratur, die sich auf vielfältige Weise mit den gleichen Themen Terrorismus und Esoterik auseinander setze. Das Bild von einer solcherart umgetriebenen russischen Gesellschaft bleibt ihrer Meinung nach bei Andrej Wolos vergleichsweise dünn. Hingegen sei er immer dann in seinem Element, wenn er einzelne Szenen beschreibe, beispielsweise den Ankauf von Munition bei einem russischen Offizier durch einen Terroristen. Wenn der Held dann allerdings vom KGB angeheuert werde, um auch Lebende auszuspionieren, könne er dieses alte Spionagethema nicht "schlüssig" wiederbeleben. Auch eine Geiselnahme in einem Theater, in die Barnim mit seiner Tochter gerate, sei im Vergleich zu den Berichten von den realen Geiselnahmen zu blutleer geschildert.
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