Martin Walser

Die Inszenierung

Roman
Cover: Die Inszenierung
Rowohlt Verlag, Reinbek 2013
ISBN 9783498073848
Gebunden, 176 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Augustus Baum, ein berühmter Theaterregisseur, liegt nach einem leichten Schlaganfall im Krankenhaus. Herausgerissen aus der Inszenierung der "Möwe" von Anton Tschechow, inszeniert er weiter, vom Krankenzimmer aus. Nicht nur das Stück, sondern auch sich selbst. Die Nachtschwester Ute-Marie, seine Frau Dr. Gerda und er sind die Personen, die er so handeln lässt, dass ein Roman draus wird. Es ist ein Roman, der ohne Erzähler auskommt. Die Figuren handeln durch Rede und Gegenrede, miteinander und gegeneinander redend handeln sie: Sie stehen auf dem Spiel, darum müssen sie sprechen. Obwohl es in der "Inszenierung" um nichts als Liebe geht, ist, was darin verhandelt wird, etwas Unerhörtes, eine Sensation: Dr. Gerda, die Ehefrau, und Ute-Marie, die Nachtschwester, sind bei aller Lebensverschiedenheit gleich gut, gleich bedeutend, gleich zurechnungsfähig und auch gleich schön. Das gibt dem Uralt-Thema eine überraschende Aktualität.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.12.2013

In Martin Walsers Roman "Die Inszenierung" ist der Titel Programm, und zwar in mehrerer Hinsicht, verrät Peter Kümmel. Zum einen arbeitet der Protagonist Augustus Baum tatsächlich an einer Inszenierung von Tschechows "Die Möwe", als er mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus kommt, berichtet der Rezensent. Aber die Figuren inszenieren sich zum anderen auch ganz allgemein vor- und füreinander, spielen ihre Rollen nur wenn einer hinsieht - oder wenigstens, wenn sie hoffen, dass es einer tut, erklärt Kümmel. Und zu guter Letzt inszeniert sich auch Martin Walser in diesem Buch selbst als lebensfroher Junggebliebener, der immer noch Spaß daran hat, neue Begriffe für Altbekanntes zu erdichten, der hier, auf die Figuren verteilt, irgendwie einen gewaltigen Monolog hält und sich vor dem Leser so nackt macht wie nur irgend möglich, meint der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2013

Vergnügt berichtet Martin Zingg von Martin Walsers neuem Roman "Die Inszenierung" über einen Theaterregisseur, der nach einem Schlaganfall seine Proben zu Tschechows "Möwe" unterbrechen und sich im Spital auskurieren muss, wo er eine Parallelveranstaltung abzieht, in der er neben einer jungen Nachschwester und seiner Frau die Hauptrolle einnimmt. Zingg gefällt die Art und Weise, wie Walser diese in Szene setzt. Obgleich der Rezensent das Buhlen um die beiden Frauen als "ziemlich peinlich" empfindet, scheint er durchaus Sympathie für den alternden Regisseur zu haben. Die Ironie der perfekten Illusion, in der der Protagonist sich auch in seinem eigenen Leben eingenistet hat, amüsiert Zingg sichtlich. Sein Fazit fällt daher positiv aus: ein virtuoser Roman, in dem es "wortverliebt und vergnüglich" zur Sache gehe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.09.2013

Vergnüglich findet Christopher Schmidt Martin Walsers neuen, sich von seinem Vorgänger komödiantisch-leicht abhebenden Roman. Das von Walser hier durchgängig angewandte dialogische Verfahren goutiert Schmidt ebenso großzügig, wie die mit manchem Klischee aufwartende Parallelisierung von Leben und Kunst in Gestalt des ans Bett gefesselten Theaterregisseurs Augustus Baum und seiner Liebesschwester Ute-Marie. Vielleicht liegt es ja daran, dass der Rezensent sich so freut über Walsers gezähmten Phallokratismus.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.08.2013

Frank Hertweck vergleicht Martin Walsers neuen Roman mit dessen Vorgänger und kommt zu dem Schluss: Diesmal geht es nicht um Theologie, sondern ums Theater, um Literatur und um die Liebe. Wie gekonnt Walser in seinem Buch Tschechows "Möwe" und das reale Geschehen um seine Figuren, den Regisseur Augustus Baum und seine beiden Musen, musikalisch verzahnt, findet Hertweck manchmal verwirrend, aber immer beeindruckend. Zwar wähnt er den Graben zwischen den Geschlechtern hier tiefer denn je. Doch die Engführung von Stück und Leben beschert dem Rezensenten schließlich Walsersches Unglücksglück, eine traurige Komödie.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.08.2013

Martin Walser hat sich in seinem kurzen Roman "Die Inszenierung" ein - etwa dreißig Jahre jüngeres - alter Ego erschaffen, den Theaterregisseur Augustus Baum, der im Krankenhaus liegend weiterhin fleißig an einer Aufführung von Tschechows "Möwe" ruminszeniert und versucht, mit der Nachtschwester anzubandeln, berichtet Judith von Sternburg. Er giert noch in seiner Resignation und Unzurechnungsfähigkeit nach Leben, erklärt die Rezensentin, er fordert das "Aussteigen aus jeder Humanität", denn die kenne nur Schläger und Geschlagene, am besten bleibe man für sich, Liebe sei ohnehin zum Scheitern verurteilt, fasst von Sternburg die Ansichten des siechen Regisseurs zusammen. Für einen alten Freund von Augustus bedeutet das auch "moralisches Verstummen", endlich "Schluss mit den Rechtfertigungsparaden", zitiert die Rezensentin. Walser weiß, dass er Unrecht hat, glaubt von Sternburg, zu viel in diesem "grandiosen kleinen Roman" ist ironisch gebrochen, um dem Autor die Leichtfertigkeit seiner Figur unterzuschieben.