Marieke Lucas Rijneveld

Mein kleines Prachttier

Roman
Cover: Mein kleines Prachttier
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518430255
Gebunden, 364 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Dies ist die Geschichte eines Tierarztes und seiner 'Auserwählten' - der jungen Tochter eines Bauern, auf dessen Hof der Arzt von jeher die Kühe behandelt. Eines Sommers finden die beiden zueinander. Er will vor einem Trauma und seiner Einsamkeit fliehen, für sie ist es die Flucht aus der Provinz in eine aufregende Fantasiewelt. Bei ihm kann sie sein, wer und was sie will. Der Sommer schreitet voran, und die beiden entwickeln eine immer gefährlichere Faszination füreinander. Mein kleines Prachttier erzählt von einem Mann, der einer fatalen Leidenschaft folgt, und einer jungen Frau, die Geborgenheit und einen Platz im Leben sucht. Es ist das Zeugnis einer Liebe von animalischer Wucht und moralischer Zweifelhaftigkeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.03.2022

Nicht ganz überzeugt liest Rezensent Thomas Combrink diesen Roman von Marieke Lucas Rijneveld, der in der Kategorie Übersetzung für den Leipziger Buchpreis nominiert ist. Erzählt wird die Geschichte eines 49jährigen Tierarztes, der aus dem Gefängnis an seine 14jährige Geliebte schreibt. Das Mädchen, Exfreundin seines Sohnes, steht nicht nur zwischen Kindheit und Pubertät, sondern auch zwischen den Geschlechtern, erfahren wir. Bisweilen schämt sich der Kritiker während der Lektüre, etwa wenn der Tierarzt in seinem Monolog allzu selbstentblößende Einsichten in seine Kindheit, seine Traumata oder seine Faszination für das Mädchen gibt. Abgetrennte Penisse, Hitler, Freud und der 11. September spielen im Text ebenfalls eine Rolle, klärt uns Combrink auf, der den Roman aber wegen der Poesie und Musikalität der Sprache und der Metaphern aus Tier- und Pflanzenwelt "erträglich" findet.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.12.2021

Mit dem zweiten Roman der niederländischen Ausnahmeautorin Marieke Lucas Rijneveld lässt sich Rezensent Rainer Moritz auf ein "beeindruckendes Wagnis" ein, das sich auszahlt. Schon mit ihrem Debüt bewies Rijneveld ihre ungewöhnliche erzählerische Gabe und einen sehr eigenen, reichen Erzählstil, erklärt der Rezensent. Mit "Mein kleines Prachttier" manifestiert sich dieser erste Eindruck. In einer hervorragend übersetzten, nur so dahin jagenden Sprache voller eindringlicher Bilder und popkultureller Andeutungen wird hier die schockierende Geschichte eines minuziös geplanten sexuellen Übergriffs erzählt - und zwar, und das ist der Clou dieses Buches - aus der Sicht des Täters, eines örtlichen Tierarztes, lesen wir. Die Schonungslosigkeit, mit der dieser Veterinär seiner Lust Raum gibt, seine Fantasien und Pläne, aber auch seine Vermutungen in Bezug auf die Gefühle seines minderjährigen Opfers schildert, sind manchmal kaum zu ertragen, findet Moritz. Wobei der Text niemals den Eindruck erweckt, Schock und Unbehagen nur als Effekte einzusetzen. Ganz im Gegenteil: Was Rijneveld hier erzählt, geht an die Substanz, so der erschütterte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 06.11.2021

Bis an die "Grenze des Sagbaren" begleitet Rezensentin Nora Karches Autorin Marieke Lucas Rijneveld in ihrem neuen Roman, der auf einem Bauernhof in der niederländischen Provinz spielt. Erzählt wird von einer Liebesbeziehung zwischen einem 14-jährigen Mädchen und einem 35 Jahre älteren Mann aus der Perspektive des Pädophilen, der sich der Verwerflichkeit seiner Taten durchaus bewusst ist. Auch die Rezensentin weiß hier erst nicht wohin mit der Ambivalenz, die Rijneveld dabei aufmache, denn durch die Andeutung eines Kindheitstraumas bleibe der Protagonist Mensch, nicht Monster, so Karches. Letztlich ist sie aber von der stilistischen Komplexität des Romans, der mit Querverweisen auf die Bibel, Tiermetaphern und "klaustrophobischen" Inneneinsichten arbeite, überzeugt - auch wenn sie sich sicher ist, dass der Roman auf "explosive Ablehnung" stoßen wird.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 11.10.2021

Rezensentin Lara Sielmann hält einiges aus beim Lesen von Marieke Lucas Rijnevelds Roman über eine niederländische protestantische Bauernfamilie im Jahr 2005. Die im Verlauf der Handlung offenbar werdenden Abgründe der Familie und die monströse Liebe, die ein Arzt für die minderjährige Tochter des Hauses empfindet und wortreich im Buch äußert, gehen ihr "an die Substanz". Sielmann vernimmt die popkulturellen Anspielungen im Text an M. Night Shyamalans Film von 2004 ebenso wie die psychischen Schwingungen in den Figuren und den freien Fall jeder Moral in dieser Geschichte.

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