Marie NDiaye

Die Chefin

Roman einer Köchin
Cover: Die Chefin
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
ISBN 9783518427675
Gebunden, 333 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer. Eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen kann schließlich ein Restaurant in Bordeaux eröffnen und wird mit einem Stern ausgezeichnet. Welche Künste hat sie in der Küche gelernt und neu interpretiert? Wie ist sie also zur berühmten Chefköchin geworden? Im neuen Roman von Marie NDiaye werden solche Fragen gestellt, beantwortet - und damit zurückgewiesen. Der Erzähler, langjähriger Mitarbeiter der Chefin und ihr in (vergeblicher) Liebe verbunden, berichtet von ihrem Leben - ihrem Charakter, ihren Lieben, ihrer Ausbildung, der Kunst der Kochkomposition, dem privaten wie öffentlichen Umgang -, indem er potentielle Fragen und Erwartungen der Leser aufgreift, sie beantwortet und zugleich ins Leere laufen lässt: Sie verlangen danach, unbeantwortet zu bleiben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.10.2017

Rezensentin Hannelore Schlaffer hätte gern einen Preis für ihre Beschäftigung mit Marie N'Diayes Roman, derart ist ihr die Geschichte um eine Meisterköchin auf die Nerven gegangen. Dass eine Heiligenlegende für einen Roman nur schlecht taugt, findet Schlaffer hier bestätigt, allzu vorbildlich kommt die Frau im Zentrum des Textes daher, zu wenig entwicklungsfähig, erklärt Schlaffer. Entsprechend verkrampft und klischeelastig erscheint der Rezensentin die Gewissenserforschung, die der männliche Ich-Erzähler und Bewunderer der Köchin im Buch veranstaltet. Selbst die Überraschung am Ende des Buches lässt Schlaffer kalt beziehungsweise erwischt sie bereits im Dämmerzustand.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.10.2017

Feiner als jedes noch so raffinierte französische Rezept erscheint Rezensent Helmut Böttiger Marie N'Diayes neuer Roman "Die Chefin". Gewürzt mit einer äußerst elaborierten Sprache und einer sorgfältig differenzierten Figurengestaltung in der Tradition Flauberts erzählt ihm die französische Schriftstellerin aus der Perspektive eines "pathetischen" Jungkochs die Geschichte seiner aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Chefin, die sich leidenschaftlich bis zur Ekstase der Kochkunst hingibt. Die Eindringlichkeit, mit der hier existentielle Fragestellungen der Macht, der Obsessionen und der Einsamkeit verhandelt werden, sucht der Kritiker in der deutschen Literatur vergeblich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.08.2017

Großmut und Witz attestiert Niklas Bender Marie N'Diaye, wenn die Autorin die Karriere einer französischen Sterneköchin aus der Rückschau schildert. Statt literarischer Folklore bietet ihm die Autorin eine weitgehend minimalistische Handlung, die von allzu technischen Details freie Beschwörung puristischer wie sinnlicher Kochkunst (Lammkeule im grünen Mantel), Sinnenfreude und Spannung und eine interessante Erzählperspektive (der einstige Assistent und Geliebte berichtet). N'Diayes kreisender, exakter Stil und ihre Fähigkeit Emotionen zu schildern findet Bender gleichfalls bemerkenswert.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 05.08.2017

Für "Die Chefin" hat sich Marie NDiaye nach den vielen starken Frauenfiguren der vergangenen Bücher nun einen männlichen Ich-Erzähler ausgesucht, verrät Tilman Krause. Dieser Ich-Erzähler liebt die Chefköchin des Restaurants "La Bonne Heure", wo auch er selber kocht, aber sie hat nur Interesse für ihre Arbeit, ihr Werk, und trägt genialisch-künstlerische Züge an sich, erklärt der Rezensent. Stück für Stück lernt nun der Erzähler in dieser "éducation sentimentale" nicht nur die Chefin, sondern auch seine eigene Liebe anders zu verstehen und anders zu leben: der männlichen Perspektive bleibt der Zugriff verwehrt, aber sie lernt, dies nicht als Verlust sondern als Gewinn zu verstehen, fasst Krause zusammen.
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