Marica Bodrozic

Der Spieler der inneren Stunde

Roman
Cover: Der Spieler der inneren Stunde
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783518416655
Gebunden, 228 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

"Träume werden nicht erwachsen. Träume sind ohne Zeit. Die Geschichte von Jelena Felder ist auch ohne Zeit. Dennoch hat ihr Abschied eine eigene Stunde. Auf der Straße der Bilder herrscht das Gleichmaß. Aber welches Gedächtnis hat der Abschied, welche Farbe, welchen Geruch?" Jelenas erste Zugfahrt beginnt mit einer Lüge: Die Vorbereitungen für die Ausreise nach Deutschland werden dem nichtsahnenden Großvater als Zahnarztbesuche ausgegeben. Die Koffer sind gepackt. Der bevorstehende Abschied vom ersten Land, der ersten Sprache wirft einen Schatten auf die Gesichter der Kinder. Und doch ist da diese Vorfreude auf ein Land, das "weiter als Italien" liegen soll.
Auf die Abreise folgt später, viel später, der Wunsch, an den Ursprung zurückzukehren. Der Doppeldecker bringt das zehnjährige Mädchen nach Dalmatien, einmal und dann immer wieder, zur Ferienzeit, bis sich das Ziel verliert und das alte Leben nur noch in der eigenen Vorstellung vorhanden ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.11.2005

Fasziniert zeigt sich Michael Braun von diesem Roman Marica Bodrozics über eine Kindheit zwischen Dalmatien und Deutschland, den er als ein "romantisch-synästhetisches Mosaik" würdigt. Wie schon in ihrem Debütroman "Tito ist tot" ist der Heimatverlust auch in "Der Spieler der inneren Stunde" zentrales Thema. Braun hebt allerdings hervor, dass Bodrozic hier - anders als in "Tito ist tot", wo sie Kindheit im Sehnsuchtsland Dalmatien in motivisch und chronologisch geschlossenen Episoden vergegenwärtigte - die chronologische Erzählstruktur auflöst und die Zeit zu einem endlosen Augenblick des Abschieds dehnt. Der zarte, aber suggestive Realismus des Erstlings weiche hier einem Gestaltungswillen zur unablässigen Poetisierung und allegorisierenden Überhöhung der Kindheitsszenerie. Beeindruckt haben Braun dabei die "große Kunstfertigkeit" von Bodrozics Prosa sowie ihre "verblüffende poetische Fabulierkraft", die sie vor den "Holzwegen einer epigonalen Spätromantik" bewahre.