Manfred Enzensperger (Hg.)

Die Hölderlin Ameisen

Vom Finden und Erfinden der Poesie
Cover: Die Hölderlin Ameisen
DuMont Verlag, Köln 2005
ISBN 9783832179212
Gebunden, 256 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Wie entstehen Gedichte? Acht Lyriker spürten im März 2003 auf Schloss Elmau dieser Frage nach. In "Die Hölderlin-Ameisen" sind fünfunddreißig Autoren versammelt, die den Entstehungsprozess ihrer Gedichte durch Materialien und Kommentare sichtbar werden lassen. "Die Hölderlin-Ameisen" schickt den Leser auf eine Entdeckungsreise durch die Vielfältigkeit der Gegenwartslyrik - er kann Gemeinsamkeiten oder Widersprüche entdecken, Bedeutungen erproben und dabei der Frage näher kommen, ob das Gedicht Handwerk ist und ob die erste Hand weiß, was die letzte tun wird. Was darf der Lyriker seinem Material antun? Es für brauchbar erklären, Fett absaugen, die Schädeldecke öffnen, ein Ohr annähen, wo die Nase sitzt?

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Eine vergleichbare Anthologie kenne ich nicht. Der Lyriker Manfred Enzensperger ist der Herausgeber. Er arbeitet in der Gymnasiallehrerausbildung in Leverkusen. In diesem Buch stellen 36 deutschsprachige Autoren ein Gedicht, das Material, aus dem es entstand, und einen Kommentar zu beidem dem Publikum zur Verfügung. Bei Joachim Sartorius stehen am Anfang drei Fotos aus Samarkand. Auf einem sind Lilia Brik und Majakowski zu sehen, dann folgt das Gedicht, das die Dichter bedichtet, und danach erzählt Sartorius, wie er auf die Fotografie stieß und gleich im Zug mit dem Foto daneben sein Gedicht begann: "Was mir nie zuvor und auch seither nicht mehr passierte." Nicht alle Autoren halten sich genau an Enzenspergers Vorgaben...
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.09.2005

Der vorliegende Sammelband, weiß Rezensent Nikolai Kobus, geht auf eine Lyriktagung zum Thema "Finden und Erfinden der Poesie" hervor, die Manfred Enzensperger 2003 auf Schloss Elmau organisierte. Auf die rätselbehaftete "und stets eine seltsame Faszination ausübende" Frage nach der Entstehung von Lyrik antworten die 36 geladenen Lyriker zwar nicht auf abschließende, dafür aber auf sehr individuelle, ja sogar individualistische Art und Weise, so wie es sich eben für Lyriker gehört. Neben angenehmen "Werkstattberichten" hat der Rezensent allerdings auch unangenehme, weil wichtigtuerische und oft der "blanken Selbstdarstellung" verfallende "poetologische Manifeste" vorgefunden, die noch das Fadste selbstgefällig aufbauschen. Wunderbar fand der Rezensent dagegen Marcel Beyers "informative" und "schlichte Materialliste" zu seiner Serie "Don Cosmic", Ulf Stolterfohts "nüchterne und ehrliche" Art über seine "para-dichtung" zu schreiben und nicht zuletzt das uneitle Gedichtproduktions-Protokoll der Elke Erb: "Tja. Es wird wieder nichts."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.04.2005

Für Andreas Dorschel stellt dieser Band, in dem 36 Lyriker dazu aufgefordert waren, die Entstehung eines ihrer Gedichte zu erklären, einen lohnenswerten "Versuch" dar. Sehr unterschiedlich sind seiner Ansicht nach die Ergebnisse ausgefallen. So lobt er Silke Scheuermanns Kommentar zu ihrem Gedicht als "essayistisches Meisterstück", hat aber auch einige, nicht näher benannte, "unbeholfene Gestikulationen" gefunden. Insgesamt könne man feststellen, dass die Kommentare desto erhellender seien, je "unpersönlicher, welt- oder textbezogener" sie ausfielen, konstatiert Dorschel, der deshalb die "unüberbietbare Sachlichkeit" bei Friederike Mayröcker schätzt. Amüsiert haben ihn die Versuche, die sich dem "Konzept verweigert" haben, wie der Text von Gerhard Falkner, der erst eine "vorbildlich gebildete Lügengeschichte auftischt" und sie dann selbst entlarvt oder Kurt Drawerts "Parodie wissenschaftlicher Analyse".
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