Kazuo Ishiguro

Bei Anbruch der Nacht

5 Erzählungen
Cover: Bei Anbruch der Nacht
Karl Blessing Verlag, München 2009
ISBN 9783896674098
Gebunden, 240 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Die besten Zeiten hat Tony Gardner schon hinter sich- seine Engagements werden rarer, seine Autogramme sind kaum noch gefragt. Für den Kaffeehausgitarristen Janeck ist der Crooner jedoch das größte Idol. Als sich die beiden in Venedig über den Weg laufen, muss er Gardner einfach ansprechen. Der nutzt die Gelegenheit, um Janeck für den vielleicht wichtigsten Auftritt seines Lebens zu gewinnen: Er will seiner langjährigen Frau ein romantisches Ständchen bringen, in der Hoffnung, dass sie der bröckelnden Ehe noch einmal eine Chance gibt. Mit dieser und vier weiteren Geschichten hat Kazuo Ishiguro seiner großen Leidenschaft, der Musik, eine Liebeserklärung geschrieben. Von Venedig über London und die Malvern Hills bis nach Hollywood führt sie die Menschen zueinander, spinnt ein Netz zwischen den unterschiedlichsten Persönlichkeiten, Nationalitäten und Schicksalen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.11.2009

Enttäuscht zeigt sich Tobias Lehmkuhl von Kazuo Ishiguros neuem Erzählband "Bei Anbruch der Nacht". In vier der fünf Erzählungen, die allesamt um die Themen Liebe, Verlangen und Verlust kreisen, stehen Musiker im Mittelpunkt. Die Musik oder eine musikalische Erfahrung wird zu Lehmkuhls Bedauern aber niemals Gegenstand der Geschichten. Was für ihn noch schwerer wiegt, ist, dass die Erzählungen nicht einmal eine "musikalische Saite" im Leser zum Schwingen bringen. "Etwas also", so Lehmkuhl, "das jede gute Literatur bewirkt." Er macht dafür vor allem die Sprache dieser Erzählungen verantwortlich. Sie scheint ihm "hölzern", "gestelzt" und ohne Gefühl für Rhythmus. Schuld trifft in seinen Augen nicht nur den Autor, sondern auch die Übersetzerin Barbara Schaden, der er einen Mangel an "Feingefühl" attestiert. Doch auch durch die wenig überzeugende Übersetzung hindurch lässt sich für Lehmkuhl erkennen, dass Ishiguro "nicht überragend musikalisch sein kann".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2009

Von einer ganz neuen Seite lerne man den sonst "tiefernsten" Autor Kazu Ishiguro in diesem Erzählungsband kennen, meint der Rezensent Hubert Spiegel. Von einer durchaus "absurd komischen" nämlich. Das beginnt, in Spiegels Besprechung, schon mit einem sehr speziellen Kochrezept, das nämlich als spezielle Zutat einen alten Schuh vorsieht. Mit dem Generalthema, das sämtliche der fünf Geschichten durchzieht, hat das freilich nur vermittelt zu tun. Das Generalthema ist: die Musik. Als Geschäft, als Kunst, als das, was Paare verbindet, aber - auf der Suche nach Erfolg - eher noch trennt. Einander begegnen lässt Ishiguro, so lesen wir, vorzugsweise Osteuropäer und Amerikaner, wobei es ihm weniger um kulturelle Annäherung als ums Verlieren von Illusionen zu tun sei. Dies aber eben, versichert Spiegel noch einmal, auf oft haarsträubend "irrwitzige" Art.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.09.2009

Mit "Bei Anbruch der Nacht" greift Kazuo Ishiguro das schon in seinem vorhergehenden Roman "Die Ungetrösteten" zentrale Musik-Thema wieder auf, wenn auch auf weniger hermetische Weise, stellt Angela Schader fest. In fünf Kurzgeschichten, die nach Aussage des Autors durch die Sonatenform miteinander verbunden und leitmotivisch beziehungsweise durch ihr Personal aufeinander bezogen sind, stehen Musiker oder Musikliebhaber im Mittelpunkt, formal wechseln absurde "Scherzi" mit eher "elegischen Stücken" ab, erläutert Schader. Insgesamt allerdings fallen die Erzählungen gegenüber den besten Romanen Ishiguros etwas ab, fehlen ihnen zu Schaders Bedauern doch "Dringlichkeit" und atmosphärische Dichte. Die Geschichte "Ob Regen oder Sonnenschein" kritisiert Schader zudem als recht unsubtil, und in "Bei Anbruch der Nacht" scheint ihr die Vorgeschichte unplausibel. So reicht das Buch für sie nicht an "Die Ungetrösteten" heran, auch wenn es ihr zumindest "zugänglicher" erscheint.