Katharina Kakar, Sudhir Kakar

Die Inder

Porträt einer Gesellschaft
Cover: Die Inder
C.H. Beck Verlag, München 2006
ISBN 9783406549694
Gebunden, 206 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Die USA und Europa streiten sich um den größeren Einfluss in Indien, einem Land, das alle Wachstums- und Entwicklungsrekorde schlägt. Das Land gibt viele Rätsel auf. Wer sind "die Inder"? Gibt es eine gemeinsame indische Identität, die eine Milliarde Menschen teilen? Dieses Buch spürt dieser Frage nach, entwirft ein Porträt des modernen Indien und eröffnet neue Einsichten in eine Kultur, die sicher zu den einflussreichsten in diesem Jahrhundert gehören wird.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.10.2006

"Ein richtiges Standardwerk!" freut sich Rezensentin Rene Zucker über dieses Buch des berühmtesten indischen Psychoanalytikers und seiner Frau, einer deutschen Religionswissenschaftlerin. Das Buch sei eine wahre Fundgrube für Indienkenner, besonders, was die Überlegungen des Autorenpaars zu Sexualität, Gesundheit, Hygiene und den Umgang mit den Kastenlosen betrifft. Auch vom diskursiven Ansatz dieses Versuchs, Westlern das "indische Wesen" und seine Gesellschaft zu erklären, ist Zucker sehr angetan. Da beide Autoren sehr genau wissen würden, was Westler irritieren oder faszinieren würde, könnten sie aufschlussreiche Erklärungen und Beobachtungen liefern, die Zucker als "kluge Mischung aus alter Kultur und lebendigem Alltag" beschreibt. Deren Reiz scheint gerade im souveränen Spiel mit Innen- und Außenperspektive zu liegen. In diesem Zusammenhang erweist sich für die Rezensentin die teils "psychoanalytische Ausrichtung" der Autoren als ausgesprochen anregend und unterhaltsam.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.10.2006

Interessant, aber in seinem Erkenntniswert doch eher begrenzt, findet Rezensent Karl Grobe dieses Buch über die vielgestaltige indische Gesellschaft. Streckenweise ist er zwar ausgesprochen angetan von differenzierten, nach Regionen und historischen Zusammenhängen sortierten Betrachtungen, die aus seiner Sicht immer wieder ein zusammenhängendes Bild ergeben. Auch die Transformation vieler Bereiche Richtung Moderne, die Emanzipation von Kolonialgeschichte und überkommener Tradition findet er meist überzeugend vermittelt. Trotzdem vermisst der Rezensent in diesen Betrachtungen eines indischen Psychoanalytikers und einer europäischen Religionswissenschaftlerin immer wieder einen ökonomischen Diskurs, der aus seiner Sicht manche Frage besser erschlossen hätte. Als Mangel empfindet der Rezensent auch, dass die Autoren sich lediglich mit der Hindu-Gesellschaft Indiens auseinandersetzen und bei ihrer Beschreibung des Konflikts mit den Muslimen offensichtlich nur das wahrnehmen, was sich "psychologisch oder religionswissenschaftlich" erklären lasse - Gewalt und Kriminalität also geflissentlich übersehen würden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2006

Als "schillernd" und zugleich gut geschrieben kennzeichnet Rezensent Shalini Randeria dieses Gesellschaftsporträt eines indischen Psychoanalytikers und einer deutschen Religionswissenschaftlerin. Allerdings läge in den offensichtlichen Qualitäten der Autoren, ihrem Fokus auf die Kultur und psychosoziale Lebensumstände, auch eine gewisse Beschränkung der Darstellung. So blieben soziologische Themen wie Staat, Korruption oder soziale Bewegungen ausgeblendet. "Brillant" wiederum findet er die Exkurse zu Famnilie, Sexualität, Gesundheit oder Körperwahrnehmung. Die explizite Gleichsetzung von hinduistischer Religion und indischer Kultur führe aber zu einer Dominanz der Religion gegenüber Einflüssen wie Klasse, Geschlecht oder Sprachgemeinschaft. Der Versuch des Autorenpaars, mit Hilfe dieser religiösen und hinduistischen Klammer auf Teufel komm raus eine "indische Essenz" herauszudestillieren, wäre in diesem "facettenreichen Buch gar nicht nötig gewesen und wirkt auf den Rezensenten, der hier eher Amartya Sens These von den verschiedenen, fruchtbar miteinander konkurrierenden Identitäten der indischen Gesellschaft vorzieht, etwas gezwungen.