Julien Green

Treibgut

Roman
Cover: Treibgut
Carl Hanser Verlag, München 2024
ISBN 9783446279513
Gebunden, 400 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und aus dem Französischen von Wolfgang Matz. Nacht in Paris, am Ufer der Seine. Eine Frau streitet mit einem Mann, ruft um Hilfe. Philippe hat sie gesehen, doch er macht einen Schritt rückwärts und geht nach Hause. Von da an steht fest, er ist ein Feigling. Wie soll er weiterleben zwischen seiner Ehefrau, die ihn verachtet, und seiner Schwägerin, die ihn heimlich liebt? Julien Green zeigt die Nachtseite eines Paris, das keine Belle Epoque mehr ist und erzählt von Menschen in einer untergehenden Gesellschaft.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 11.04.2024

Vor allem sprachlich ist Julien Greens im Original 1932 erschienener, nun in einer deutschen Neuedition vorliegender Roman herausragend, findet Rezensent Rainer Moritz. Im Zentrum steht Philippe Cléry, ein Mann, der in einer erkalteten Ehe gefangen ist und der es eines Tages versäumt, einer um Hilfe rufenden Frau Beistand zu leisten. Daraus ergibt sich eine düstere Dynamik, in die allerlei verheimlichte Begehren, unter anderem das homosexuelle der Hauptfigur, hineinspielen, so Moritz. Die Übersetzung Wolfgang Matz' ist eindeutig gelungener als die zweier älterer Editionen, lobt der Rezensent, dem besonders gefällt, wie psychische Abgründe in Greens Prosa mit dem realen Paris verschmelzen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.04.2024

Rezensent Paul Jandl blickt mit Julien Greens erstmals 1932 erschienenem Roman in die finstersten inneren Abgründe des französischen Bürgertums. Im Zentrum steht Philippe, Greens "Mann ohne Eigenschaften", begütert, gelangweilt, gut gebaut, heimlich homosexuell und durchaus Züge des Autors tragend, erkennt der Kritiker. Philippe lebt im Paris der Dreißiger gemeinsam mit Ehefrau Henriette und deren Schwester Eliane in einer Menage-à-trois: Die Ehefrau stürzt sich in Alkohol und Affären, die Schwester begehrt den schwulen Philippe geradezu obsessiv, während der am Untergang einer Epoche krankt, resümiert Jandl. Dem "Bewusstseinsstrom" kann Jandl gut folgen, auch weil Wolfgang Matz die Mischung aus "sinnlich-synästhetischer" Sprache und präzisen Analysen in ein fließendes Deutsch gebracht hat. Und über das gelegentlich "Parfümierte" im Roman riecht Jandl hinweg.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.03.2024

Eine wunderbare neue Edition des Romans Julian Greens liegt hier vor, freut sich Rezensentin Barbara von Machui. Nicht nur hat Wolfgang Matz das ursprünglich 1932 erschienene Buch hervorragend übersetzt, erläutert Machui, es finden sich auch zeitgenössische Fotografien in dem Band, die einen Eindruck vom Handlungsort Paris vermitteln. Philippe Cléry ist die Hauptfigur des Romans, ein Mann, der sein Leben ziellos und ohne Liebe neben zwei Frauen verbringt, seiner Ehefrau und deren Schwester und der einmal auf seinen nächtlichen Streifzügen den Hilferuf einer dritten Frau vernimmt. Machui lobt die expressive Sprache, die sich den Schatten und Wellen der Nacht zuwendet und sie an Bretons écriture automatique erinnert.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.03.2024

Rezensent Ulrich Rüdenauer freut sich über die dritte Übersetzung dieses 1923 erstmals erschienenen Romans von Julien Green. Erzählt wird die Geschichte von Held Philippe, ein unglückseliger Vertreter des schon untergegangenen Bürgertums, das den Glauben und den Sinn verloren hat, resümiert der Rezensent. Philippe selbst ist ein von grenzenlosem "Ennui befallener Narziss", so Rüdenauer, der zudem an seiner unterdrückten Sexualität leidet. Der Leere seines Daseins hat er nichts entgegen zu setzen, die Ehe mit Henriette ist schon seit der Hochzeitsnacht leidenschaftslos, seine Frau vergnügt sich mit einem anderen Mann, resümiert der Kritiker. In "schwebenden und feinziselierten Bewegungen" lässt Green diesem dekadenten Parvenu durch verwunschene Pariser Straßen der Dreißigerjahre spazieren, wobei sich laut Kritiker Mythologie, Symbolik und eine gewisse realistische Gegenwärtigkeit der Stadt vermischen. Auch die "präzise und raumöffnende" Form, in die der Übersetzer Wolfgang Matz Greens Sprache gebracht hat, kann Rüdenauer nur loben.
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