Judith Kuckart

Kein Sturm, nur Wetter

Roman
Cover: Kein Sturm, nur Wetter
DuMont Verlag, Köln 2019
ISBN 9783832183868
Gebunden, 224 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Sonntagabend, Flughafen Tegel: Im Café in der Abflughalle kommt sie mit einem Mann ins Gespräch. Robert Sturm ist sechsunddreißig, achtzehn Jahre jünger als sie. Er ist auf dem Weg nach Sibirien. Am Ende ihrer und seiner Arbeitswoche wird er zurückkommen. Am Samstag. Darauf wartet sie …Als sie 1981 mit achtzehn nach Westberlin kam und Medizin studierte, lernte sie Viktor kennen, der doppelt so alt war wie sie. Er war die andere, die politische Generation und eröffnete ihr die Welt. Er selbst jedoch blieb ihr verschlossen. Das Leben mit Viktor war ein Abenteuer, aber eines, dessen Gefahren sie nicht teilten. Mit sechsunddreißig - inzwischen in Neurobiologie promoviert - trifft sie zur Jahrtausendwende Johann. Er ist so alt wie sie. Gemeinsam hangeln sie sich durch ihre Liebe; prekär sind nicht nur ihre Arbeitsbiografien. Samstagvormittag, wieder Flughafen Tegel: Sechs Tage lang haben ihr Alltag und ihre Erinnerungen sich verwoben und einander zu erklären versucht. Warum sind die Männer in ihrem Leben immer sechsunddreißig? Ist sie noch die, an die sie sich erinnert? Oder ist sie, die sich in Sachen Gehirn auskennt, eigentlich das, was sie vergessen hat?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.11.2019

Die Handlung dieses Romans, die Wiebke Porombka resümiert, klingt zunächst recht merkwürdig: Eine 54-jährige Neurobiologin mit Zahlenspleen fährt zum Flughafen mit dem Ziel, dort irgendeinen 36-jährigen Mann auf der Durchreise kennenzulernen. Die namenlose Erzählerin mopst dessen Visitenkarte, schnüffelt in seinem Leben herum - allerdings nur, um jemanden zu haben, dem sie in Gedanken ihr eigenes Leben ausbreiten kann. Die Kritikerin erkennt in diesem Roman große Fragen nach Erinnern, Verdrängen, Einsamkeit und Projektion, die Kuckart leichthändig, "musikalisch" und ganz ohne Pathos zu stellen vermöge. Wenn die Autorin dann auch noch ganz "subtil" eine politische Dimension in ihren Roman einflicht, indem sie ihre Erzählerin über Herkunft reflektieren lässt, ist Porombka schließlich  hin und weg.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.09.2019

Hubert Winkels empfindet das doppelte Glück des Lesens mit Judith Kuckarts neuem Roman. Wie die Autorin szenisch Konkretes mit Metaphorischem verschneidet und so zugleich einen Essay über die Liebe und den Tod und eine an erinnerten Binnengeschichten reiche Erzählung über das Begehren einer 54-jährigen einsamen Frau verfasst, findet Winkels bemerkenswert. Die Struktur von Wiederholung und Variation im Text erscheint Winkels wie das Leben selbst.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 10.08.2019

Terry Albrecht schätzt Judith Kuckart für ihre auf gründlicher Recherche beruhenden Texte, die in der individuellen Geschichte ihrer Figuren immer auch Zeitgeschichte mitdenken. So auch in diesem Text, den Albrecht als "analytisches Rollenspiel" versteht, als Retrospektive einer einsamen Frau. Sich erinnernd an vergangene Partnerschaften und Alltagsmomente, rekonstruiert die Erzählerin laut Albrecht ihre Identität. Die Distanz zur Figur, die Kuckart mit der Perspektive der dritten Person einzieht, wirkt kontrastierend zum subjektiven Erinnern, meint Albrecht. Die intertextuellen Bezüge im Text findet er überzeugend in die Geschichte eingegliedert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.07.2019

Rezensentin Cornelia Geissler lässt sich auf ein Gedankenabenteuer ein mit Judith Kuckarts neuem Roman. Nein, auch wenn der Titel es suggeriert, meint sie, es handelt sich mitnichten um ein Buch zur Klimakrise. Der verhandelte "Klimawechsel" bezieht sich auf die Heldin im Text, die Wendepunkte ihres Lebens imaginiert, so Geissler. Dazu passt das Setting des Transitraums Flughafen, erklärt Geissler weiter, die Kuckarts Händchen für das Aufzeigen der Möglichkeiten ihrer Figuren und das Einziehen von Wendungen in Lebenswegen schätzt.
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