Jean Echenoz

Ravel

Roman
Cover: Ravel
Berlin Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783827006936
Gebunden, 109 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Alles ist von ihm da: seine 60 Hemden, 20 Paar Schuhe und 75 Krawatten in der Luxuskabine der "France", die ihn nach Amerika bringt, auf dem Gipel des Ruhms seine viermonatige triumphale Tournee 1928, Carnegie Hall, Boston, Detroit, Milwaukee, Seattle, die 53. Geburtstagsfeier mit Gershwin, Hollywood mit Douglas Fairbanks und Chaplin, in Wien der kriegsversehrte Paul Wittgenstein, für den er das Konzert "Für die linke Hand" komponiert, der gefeierte, aber introvertierte Dandy an den mondänen Orten der Welt, seine Schlaflosigkeit, die ohne Ende gerauchten Gauloises, seine Manie, nicht ohne Lackschuhe auftreten zu können, der griesgrämige, allein lebende Sonderling, der geniale Musiker, seine notorische Vergesslichkeit, die ihm vom König von Rumänien noch verziehen wird, aber an seinem tragischen Ende muss er nach dem Namen des Komponisten seines "Streichquartetts" fragen, und die Welt kommt ihm abhanden, bis er 1937 an einer Gehirnkrankheit stirbt - all dies sind biografische Elemente, recherchierte Zeugnisse, aber alles zusammen ist alles andere als eine Biografie. Sondern ein "Echenoz", dessen fiktiver Held den Namen eines der berühmtesten französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts trägt: Maurice Ravel.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.12.2007

"Ein echter Echenoz über einen ziemlich fiktiven Herrn Ravel" freut sich Rezensentin Gabriele Killert über das neue Buch des französischen "Haute Couturiers" der Literatur, dessen Name für sie für "luftig-leichte Stoffe, raffinierte Schnitte, Genremix und Stilbrüche" besonders aber raffiniertes Antäuschen steht. Die Rezensentin betont die stilistischen Eigenheiten des Herrn Echenoz derart exzessiv, dass man den Eindruck nicht los wird: so ganz ernst kann sie ihn als seriösen Autor nicht nehmen. Der Titelheld dieses Romans hat aus ihrer Sicht gewisse Ähnlichkeit mit dem historischen Ravel, ist beispielsweise auch Komponist und leidet am Morbus Pick, was seinen geistigen Verfall zur Folge hat. Auch sonst stimmen die Lebensdaten von Echenoz' Ravel mit denen des historischen Maurice Ravel überein. Trotzdem ist die erzählte Verfallsgeschichte aus der Sicht der Rezensentin doch nur ein echter Echenoz, also "glitzernd, gleißend vor Pseudohaftigkeit", in "saloppem Konversationston" geschrieben und "ebenso übersetzt". Die Geschichte beeindruckt sie denn auch weniger als Künstlerroman, denn als Dramatisierung des "Waltens dämonischer Mächte", worunter im vorliegenden Fall die heimtückischen Krankheit zu verstehen ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.08.2007

Jean Echenoz spielt in seinem Roman über das letzte Lebensjahrzehnt von Maurice Ravel einmal mehr mit den Grenzen zwischen Fakten und Fiktion und hat seine Freude daran, seine Leser mit dem Springen zwischen Möglichkeiten und dem Jonglieren mit Wahrscheinlichkeiten zu verwirren, warnt Thomas Laux. Dass er dabei aber nicht über die Stränge schlägt, rechnet ihm der Rezensent hoch an und so kann er es genießen, wenn Echenoz recht unbekümmert mit den biografischen Grundlagen seines Romans umgeht. Und am Ende, so Laux eingenommen, scheint es fast, als habe man aus diesem Roman über den französischen Komponisten so manches erfahren, was eine richtige Biografie wohl nicht hätte leisten können.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.04.2007

Sehr fasziniert zeigt sich der Rezensent Joseph Hanimann von diesem Versuch Jean Echenoz', eine Geschichte über Maurice Ravel zu erzählen, die mit einer Biografie des Komponisten aber möglichst wenig gemein hat. Fast scheine es "zufällig", dass der Held dieser Erzählung den Namen Ravel trägt und mit dem berühmten Komponisten desselben Namens Eigenschaften und Lebensdaten teit. Darauf, so Hanimann, kommt es Echenoz nicht an. Es geht ihm vielmehr um eine Figur, die der Welt abhanden kommt - und je mehr sie das tut, desto näher rücke sie paradoxerweise dem Leser. Und am Ende, wenn Ravel die Dinge des Daseins vollends gleichgültig geworden sind, breiten sich "innere Leere, konturlose Langeweile, zerwühlte Schlaflosigkeit" auch in der Leserin und im Leser aus. In den Augen des Rezensenten, der von diesem Buch offenkundig begeistert ist, handelt es sich bei dieser Übertragung um einen "literarischen Grenzfall" und um große Kunst.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.03.2007

Von Jean Echenoz' Roman über das letzte Lebensjahrzehnt von Maurice Ravel ist Steffen Richter einfach hingerissen. Es ist der spezielle "Ton" des französischen Autors, der den Rezensenten ins Schwärmen bringt, weil der Erzähler seinem Helden gleichzeitig höflich distanziert und dabei dennoch voller Sympathie begegnet. Dafür sei auch besonders der Übersetzer Echenoz', Hinrich Schmidt-Henkel, zu preisen, der für die deutsche Fassung dieses Klangs verantwortlich ist, betont Richter. Der Autor, aus der experimentellen Literatur kommend, schafft es, gleichzeitig avantgardistisch und gut lesbar zu schreiben, bemerkt der Rezensent eingenommen. Auch der Ravel-Roman bemüht eine ambitionierte Form, der Autor versucht seinen Text in Rhythmus und Tempo so weit es geht an Ravels berühmten "Bolero" anzunähern, stellt Richter begeistert fest. Ein meisterhaftes Werk, preist der Rezensent überschwänglich, das auch dort, wo es wie der "Bolero" fast zum Stillstand kommt, an keiner Stelle je eintönig ist.
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