James Baldwin

Giovannis Zimmer

Roman
Cover: Giovannis Zimmer
dtv, München 2020
ISBN 9783423282178
Gebunden, 208 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Miriam Mandelkow. Im Paris der Fünfzigerjahre lernt David, amerikanischer Expat, in einer Bar den reizend überheblichen, löwenhaften Giovanni kennen. Die beiden beginnen eine Affäre - und Verlangen und auch Scham brechen in David los wie ein Sturm. Dann kehrt plötzlich seine Verlobte zurück. David bringt nicht den Mut auf, sich zu outen. Im Glauben, sich selbst retten zu können, stürzt er Giovanni in ein Unglück, das tödlich endet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2020

Baldwins erster Roman, den er in Paris schrieb, löste gleich mehrere Skandale aus, erzählt Rezensent Andreas Platthaus. In Europa wegen der homosexuellen Liebesszenen, in Amerika, weil der Ich-Erzähler wie das Milieu, in dem er lebt, weiß ist. Die Geschichte um einen jungen Mann, der sich nicht zu seiner homosexuellen Liebe bekennen kann und seinen Geliebten ins Unglück treibt, liest sich auch heute noch wie große Literatur, findet Platthaus. Den Lesegenuss trübt ihm nur ein wenig die neue Übersetzung von Miriam Mandelkow, die er nicht immer ganz adäquat findet.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 10.03.2020

Ulrich Rüdenauer erkennt, dass es James Baldwin nicht um Themen ging, sondern um Erfahrungen. Die des schwulen Selbsthasses etwa, in Baldwins frühem Roman von 1956 für Rüdenauer an der Figur David im Paris der fünfziger Jahre exemplifiziert. Oder die des protestantischen Amerika und seines Rassismus. Oder einfach die des körperlichen Begehrens. Wie Baldwin seine Geschichte des Scheiterns von Beziehungen und Wünschen von hinten aufzieht, wie er zwischen den Zeitebenen springt und den Ton auf emotional, doch nicht pathetisch einpegelt und das Leid seiner Figuren durchdringt, scheint Rüdenauer auch heute noch lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.02.2020

Rezensent Gustav Seibt hält James Baldwins Roman von 1956 für gültig, solange Menschen aufgrund ihrer Sexualität verfolgt werden. Psychologisch interessant erscheint ihm die kurze, vom Autor "farbig" und genau erzählte Geschichte einer "verbotenen" Liebe im Paris der Nachkriegsjahre darüber hinaus, weil Baldwin zeigen kann, wie äußere Widerstände und Verbote sich im Innern der Menschen ablagern, zum Selbstekel führen können. Für Seibt ein moderner Klassiker mit Mehrwert. Die "scheinnaturalistischen" Dialoge nimmt er dafür inkauf.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 22.02.2020

Rezensent Tilman Krause weiß, dass "Giovannis Zimmer" aus heutiger Perspektive melodramatisch wirkt, denn dass schwule Männer ihre Sexualität als Verhängnis empfinden, die ihnen ein glückliches Leben verwehrt, und deswegen gar den Tod begrüßen, kann heute nur noch irritieren, findet er. Dennoch ist der Kritiker froh, dass der Roman jetzt zusammen mit anderen Werken von James Baldwin neu erscheint: Seiner Meinung nach treffen Baldwins Appelle, dass die Weißen sich selbst mit all ihren Facetten annehmen lernen sollten, damit sie niemanden mehr ausgrenzen müssen, immer noch den Nerv der Zeit. Nur die Übersetzung von Miriam Mandelkow konnte ihn weder in Wortwahl noch Satzmelodie überzeugen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 19.02.2020

Rezensent Marko Martin entdeckt James Baldwins Roman von 1956 in der "gelungenen" Neuübersetzung von Miriam Mandelkow neu. Ein Ereignis scheint Martin der Text um zwei Homosexuelle - einen italienischen Migranten und einen weißen Amerikaner aus der Mittelschicht - im Paris der Nachkriegszeit vor allem wegen seines Sinns für Minderheiten und Machtstrukturen zu sein. Weder Idyll noch Coming-out-Story, endet die Geschichte zwar tragisch, ermutigt den Leser laut Martin aber dennoch durch seine von Solidarität geprägte Zeugenschaft über Erfahrungen, "die nicht die eigenen sind". Gerade heute, wo sich viele gern im eigenen Milieu oder der eigenen peer group einigeln, eine faszinierende Leseerfahrung, findet der Rezensent, der auch Übersetzerin Miriam Mandelkow und die Verfasserin des Nachworts, Sasha Marianna Salzmann, in sein Lob miteinschließt.
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