Hector Berlioz

Betrachtungen eines musikalischen Enthusiasten

Hector Berlioz. Schriften
Cover: Betrachtungen eines musikalischen Enthusiasten
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2002
ISBN 9783476019325
Gebunden, 284 Seiten, 34,90 EUR

Klappentext

Ausgewählt, herausgegeben und kommentiert von Frank Heidlberger. Von fast allen Zeitgenossen verteufelt, verkannt und gedemütigt, litt Hector Berlioz zeitlebens am Widerspruch zwischen Ideal und Wirklichkeit. Sein Ideal war das absolute Kunstwerk von poetischer Tiefe, mitreißender Dramatik und musikalischer Originalität - Ton gewordene Leidenschaft jenseits von den Mauern des Konzertsaals wie des Theaters, die er zu sprengen gedachte. Seine Wirklichkeit war Paris, die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts. In ihr hat der musikalische Enthusiast das Wort als Waffe entdeckt. Wonnevoll gab er sich in seinen Feuilletons der Bewunderung der von ihm verehrten Meister hin oder spritzte in seinen Kritiken gnadenlos Gift auf seine Feinde, die als Pseudokünstler und kunstideologische Parteigänger keine Gelegenheit ausließen, ihn selbst zu demütigen und die von ihm hochgeschätzten Meisterwerke zu verballhornen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.08.2004

Die heutige Forderung nach "Objektivität", oder zumindest "Ausgewogenheit" in der Musikkritik hätte Hector Berlioz, seines Zeichens nicht nur Komponist, sondern auch Musikkritiker, ganz sicher vehement von sich gewiesen - zugunsten einer "grenzenlosen Subjektivität", vermutet Rezensent Thomas Schacher in seiner sehr anregenden Besprechung. Den vorliegenden Band, der eine Auswahl von Berlioz' musikkritischen Schriften versammelt, findet Schacher gleich in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen, weil der Herausgeber Frank Heidelberger sich in seiner Auswahl "sinnvollerweise nach dem heutigen Interesse eines deutschsprachigen Publikums richtet", zum anderen, weil er Dagmar Krehers Übersetzung "vorbildlich" findet, und schließlich, weil die heutige Musikkritik immer noch von diesen Schriften lernen kann: Etwa, dass eine "falsch verstandene Objektivität" der Musikkritik qualitativ schadet, dass Interpretationskritik in Kompositionskritik verankert sein sollte und dass es eine "literarisch orientierte Musikkritik" zu erreichen gilt, "eine Kritik also, in der sich der Kritiker als imaginierendes und gestaltendes Subjekt spiegelt".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.10.2002

Volker Hagedorn macht uns mit einem hierzulande Unbekannten bekannt: dem Musikkritiker Hector Berlioz, der aufgrund seiner witzigen, zornigen, in jedem Fall immer engagierten und brillanten Texte zu Lebzeiten als Kritiker einen höheren Bekanntheitsgrad hatte denn als Komponist. Erst bei Shaw und Hanslik wurde Musikkritik wieder so witzig und scharfsinnig, schwärmt Hagedorn; Berlioz habe einfach einen ungeheuren Enthusiasmus, ja beinahe eine religiöse Verehrung für die Musik mitgebracht, die aber vor gnadenloser Verdammung dessen nicht zurückscheute, was Berlioz nicht leiden konnte: beispielsweise virtuose Showeffekte, lässt uns der Rezensent wissen. Berlioz schrieb nicht nur Kritiken, er war ein Beobachter des gesamten Pariser Musiklebens, das er in Feuilletons aufspießte; legendär, so Hagedorn, waren Berlioz' "Orchester-Abende", eine Art Sittenbild des Musikerstands, von den leider nur sieben der 25 Kapitel in dieser Auswahl enthalten seien. Wenn überhaupt etwas an dieser Ausgabe zu kritisieren ist, meint Hagedorn, dann nur der schmale Umfang, da auch zu Berlioz' 200. Geburtstag im kommenden Jahr keine größere Ausgabe oder gar eine Wiederauflage seiner Memoiren geplant sei.