Günther Ortmann

Regel und Ausnahme

Paradoxien sozialer Ordnung
Cover: Regel und Ausnahme
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783518122938
Broschiert, 338 Seiten, 12,00 EUR

Klappentext

Dieses Buch handelt von der Notwendigkeit und stillschweigenden Duldung von Regelverletzungen. Die Schatzmeister der Parteien, Fluglotsen, Lehrer, Bahnangestellte, das Bedienungspersonal in Atomkraftwerken, Wirtschaftsprüfer, Soldaten in der Bundeswehr, wir alle verletzen ständig Regeln im Dienste der Sache, die angeblich nur funktioniert, wenn die Regeln eingehalten werden. Wie leicht wir von der Regel zur Ausnahme, von Ordnung ins Chaos geraten und warum die soziale Ordnung trotzdem nichtaus den Fugen gerät, dem geht das Buch nach. Dabei macht der Verfasser überraschende Entdeckungen in der Philosophie von Kierkegaard bis Derrida, in der Organisationstheorie, in Giorgio Agambens Philosophie des Ausnahmezustands, in Luhmanns Systemtheorie und in der modernen Theorie komplexer dynamischer Systeme. "Wir müssen", sagt der Autor mit Kierkegaard, "die Ausnahme mit Leidenschaft denken."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.06.2003

Für Günther Ortmann, so der mit "L. H." zeichnende Rezensent, ist die Gesellschaft nicht von der Ordnung und dem Chaos bedroht (wie Valery es formuliert), sondern allein von der Ordnung. Die Ordnung selbst sei es nämlich, die ihre eigene Unordnung schaffe, da "gesellschaftliche Regelwerke" immer auf ein "unaustilgbares Moment der Mehrdeutigkeit" und der Unentscheidbarkeit stoßen müssen. So werde die Regelverletzung paradoxerweise zum kreativen Mittel der Ordnungserhaltung. Dies findet der Rezensent zwar nicht wirklich "paradox", und er ist auch mit der etwas "willkürlich" zusammengewürfelten Anordnung von Luhmann, Carl Schmitt, Kierkegaard und Derrida nicht ganz zufrieden, aber letztendlich liefere dieses Buch eine "lesenswerte Diagnose der 'Selbstorganisation' sozialer Systeme".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.03.2003

Gustav Falke findet, dass Ortmann in diesem Buch, inmitten einer "entnervenden Fülle bunter Abweichungen" zu allerlei Theorien, Literarischem, Tagespolitischem und "Allgemeinmenschlichem", eine im Grunde "einfachen Gedanken" verfolge und hängt seine sehr kritische Besprechung dann zunächst an dem Punkt auf, dass es sich dabei, anders als Ortmann meine, nicht um ein Paradox handeln würde. Falke fasst diesen "einfachen Gedanken" so zusammen: "Regeln müssen angewendet werden. In jeder Anwendung aber ist ein Moment von Entscheidung enthalten, denn keine Regel kann die Bedingungen ihrer Anwendungen vollständig regeln." Daraus nun werde aber nur dann ein Paradox, wenn "ich die Regel zur platonischen Idee vergegenständliche". Damit sind die Kritik-Punkte Falkes aber noch nicht erschöpft. Es gehe in Ortmanns Buch, meint Falke lapidar, "um den Regelbegriff und um Derrida und Luhmann". Falke kommentiert spöttisch: "Das wäre auch ganz hübsch, wenn die Mühe des Buches denn darauf ginge, uns die Augen für die gesellschaftliche Wirklichkeit zu öffnen." Leider jedoch sei das Buch "überhaupt nicht realitätsgesättigt".
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