Gotthold Ephraim Lessing

Kleinigkeiten

Faksimile des Marbacher Manuskripts
Cover: Kleinigkeiten
Wallstein Verlag, Göttingen 2000
ISBN 9783892443780
Gebunden, 238 Seiten, 25,05 EUR

Klappentext

"Nach Hause komme ich nicht. Auf Universitäten gehe ich jetzt auch nicht wieder" - was sollte die Mutter des Neunzehnjährigen davon halten. Der Vater, Pastor Kamenz, hatte Anfang 1748 nur mit einer Notlüge ("Deine Mutter ist todkrank") den Widerspenstigen zu kurzer Rückkehr aus Leipzig ins Elternhaus bewegen können. Hat Lessing damals das Manuskript der "Kleinigkeiten" dort zurückgelassen? Jedenfalls mahnte er den Vater Ende April 1749 aus Berlin: "Ich bitte mir auch das vornehmste von meinen Manuscripten mit aus, auch die einigen Bogen, Wein und Liebe." Ob das schon die hier vorgestellte Reinschrift der im Spätherbst 1751 bei Johnann Benedict Metzler in Stuttgart anonym erschienenen ersten Buchausgabe von Lessings spielerisch heiteren Gedichten von Liebe und Wein war, ist nicht bekannt. Aber die Handschrift spiegelt vollkommen das Selbstbewusstsein ihres Autors, der sich mit der Ablieferung des bloßen Textes nicht begnügte, sondern gleich die Buchgestalt imaginierte und mit ominösen Leerstellen für "Zuschrifft", "Vorrede", "Register der wichtigsten Sachen", ja mit Vermerken des Zensors parodistische Gewichte in die Waagschale seiner "Kleinigkeiten" warf.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.02.2002

So ganz mag Rezensent Hans-Jürgen Schings den Vorwurf von Jochen Meyer, Leiter der Handschriftenabteilung im Marbacher Literaturarchivs, an sämtliche Editoren der Schriften Gotthold Ephraim Lessings, sie hätten dessen lyrisches Debüt "Kleinigkeiten" aus dem Jahr 1751 um seine Originalität gebracht, nicht gelten lassen. Denn schließlich ruhte das Original wohlbehütet seit 1928 in Marbach und konnte zuvor nicht gründlich in Augenschein genommen werden, informiert der Rezensent. Umso erfreuter ist er aber, dass Meyer nun "Kleinigkeiten" in aller Würde "zur Geltung bringt". Und zwar als Faksimile, ergänzt mit einer Umschrift, die die Lücken in der Handschrift füllt sowie mit einem "eleganten Apparat mit Varianten und Erläuterungen" und einem "gründlichen" Essay als Nachwort, lobt Schings. Lessing selbst hatte mit diesem poetischen Erstling, hat der Rezensent erkannt, ein "Training in moderner Lyrik" absolviert und seine Schrift anakreontisch abgefasst. Und das bedeutet, klärt Schings auf, dass diese Schrift "allerlei Anzügliches, Schlüpfriges und Deftiges" enthält, was weder Lessings christlicher Familie noch manchem Philologen recht behagte.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.02.2001

Jörg Drews bespricht inspiriert und begeistert das schmale Bändchen mit Gedichten, mit denen Lessing 1751 sein Debüt gab. Er schwärmt von den "wendigen, witzig pointierten Versen", die sich mit dem Tod, der Liebe, dem Dichten und anderem beschäftigen und findet, dass sie auch heute noch unvermindert "Spaß machen". Den Herausgeber lobt er für diese schöne Faksimileausgabe, die ergiebigen Kommentare und das "gelehrte und unterhaltsame" Nachwort, und er freut sich über Briefauszüge, in denen der junge Lessing seiner Mutter seine schriftstellerischen Ambitionen auseinandersetzt und in der sich seine Prosa so "biegsam, temperamentvoll und jugendfrisch" präsentiert, dass der Rezensent geradezu neidisch wird.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.12.2000

Lessings Gedichte über Wein, Weib und Gesang, in der Fachsprache Anakreontik genannt, finden bei Benedikt Erenz großen Anklang. Nicht nur "munteres Gescherz" sei den Versen Lessings zu entnehmen. In diesem Frühwerk könne man auch die Empfindsamkeit und den Witz des späten Lessing erkennen. "Kleinigkeiten", eine Sammlung von etwa 70 Gedichten, die Lessing als junger Student in Leipzig getextet hatte, wurde erstmals 1751 veröffentlicht. Die jetzt vorliegende vollständige Faksimile-Ausgabe des Urmanuskripts kann der Rezensent gar nicht genug loben. Ein "wunderschönes" Buch, von Jochen Meyer "liebevoll" kommentiert, im fabelhaften" Wallstein-Verlag erschienen, das muss man einfach lesen.