Friedhelm Kemp

Das europäische Sonett

2 Bände
Cover: Das europäische Sonett
Wallstein Verlag, Göttingen 2002
ISBN 9783892444817
Gebunden, 984 Seiten, 119,00 EUR

Klappentext

Friedhelm Kemps Buch spiegelt die Erfahrung einer lebenslangen Beschäftigung mit Poesie wider. Der erste Band gilt den Ursprüngen und der Ausformung des Sonetts in seinem Herkunftsland Italien sowie seiner Ausbreitung nach Frankreich, Spanien und England bis zum Barock. So beleuchten sich wechselseitig die berühmtesten und die entlegensten Sonette und lassen die Kontur einer bisher acht Jahrhunderte umspannenden Gattungstradition deutlich werden. Der historisch anschließende zweite Band widmet sich etwa zur Hälfte der deutschen Sonett-Tradition vom Frühbarock bis in die Hälfte des 20. Jahrhunderts; ergänzt wird dies durch die wichtigsten Sonettdichter anderer europäischer Länder, denen auch für die Gegenwart das letzte Wort gegeben wird.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Es sind zwei dicke Bände mit insgesamt fast eintausend Seiten. "Das europäische Sonett" heißen sie. Ihr Autor ist Friedhelm Kemp, der Essayist, Herausgeber und Übersetzer. Aus der Kunstgeschichte kennt man Lehrer, die einem die Augen öffneten, indem sie sich vor ein Bild stellten und einem zeigten, was sie sahen. Sie erklärten nicht viel, die kunsthistorische Literatur spielte kaum eine Rolle. Sie standen vor einem Tizian und sagten: "verrückt dieser knallrote Bademantel". Und mit einem Male war aus einem Jahrhunderte entfernten Bild ein Stück Gegenwart geworden. Man hatte es erkannt. Natürlich wusste der Lehrer und wussten die empfindlicheren unter seinen Schülern ganz genau, dass das kein Bademantel war, sie wussten, wie Kardinäle sich wo warum anzuziehen hatten, aber dieses Wissen hatte den Schülern immer wieder die Augen verklebt, so dass sie nicht sahen, mit welcher Lust Tizian in den Farbtopf gelangt hatte. Friedhelm Kemps "Das europäische Sonett" ist eine Wanderung durch die Literaturgeschichte Europas - oder doch jedenfalls Italiens, Frankreichs, Spaniens, Englands und Deutschlands - , bei der der 1914 geborene Friedhelm Kemp den Leser aufmerksam macht auf Dinge, die ihm in seinem Jahrzehnte langen Umgang mit Sonetten wichtig wurden...
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.08.2003

Ein wahrlich anregendes "Abenteuer" hat ein zunächst noch etwas skeptischer Hanno Helbling auf diesen 900 Seiten erlebt, die er unbedingt zur Lektüre empfiehlt. Denn Friedhelm Kemp sei ganz bewusst nicht auf wissenschaftlichen Pfaden unterwegs, weshalb es trotz des Umfanges nichts über die zahlreichen "Paradigmenwechsel" der Sonett-Forschung zu lesen gebe. Stattdessen presche der Autor weg von allen Wegen und hinein in die unüberschaubare Landschaft des Jahrhunderte überdauernden - aber auch, so Helbling mit angehaltenem Atem, konstant gefährdeten - formstrengen Genres. Wer ihm folgt, "begegnet Texten, auf die er sonst vielleicht nie gestoßen wäre, und findet sie eingebettet in historische, biografische, anekdotische Kontexte". Nur Mut also, ruft Helbling - und am besten nach dem Lustprinzip auf Entdeckungstour gehen!

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.04.2003

Ein "Geschenk", schöner nicht wünschbar, ja eigentlich kaum vorstellbar, sei dieses große Werk des uneingeschränkt "Allerbewandertsten in der Lyrik", Friedrich Kemp, ruft ein begeisterter Rolf Vollmann. Alles, was dieser große Mann weiß, hätte er "in einem einzigen Punkt zusammengefasst" und in dieses Buch geschrieben, so Vollmann. Dabei "beschränke" er sich auf die Sonette, die er selbst im Original lesen kann und so sind es insgesamt 600 deutsche, französische, englische, italienische und spanische Sonette, "immer im Original und in Übersetzung", die sich in diesem Werk befinden. "Verblüffend" ist, meint Vollman, wo Kemp manch rare Übersetzung ausgegraben hat und wie er "dann öfter einmal vergleicht und urteilt und Traditionen dabei verdeutlicht". Trotzdem könnte der Leser "ein bisschen wahnsinnig werden", würde Kemp nicht auf "ganz lockere, gelöste und zwischen Plauderei und gründlicher Belehrung in einer unendlich gewinnenden Mitte sich haltenden Kommentaren" schreiben, lobt der Rezensent und so ist wieder eine "Wunderkammer" im großen "europäischen Schatzhaus" für uns hier geöffnet" worden, resümiert ein überschwänglicher Rolf Vollmann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.12.2002

Bernhard Essig verliert in seiner Rezension kein kritisches Wort und rühmt den "vielgepriesenen Übersetzer und Essayist" Friedhelm Kemp und dessen Buch, das dem Rezensent wie ein "fröhliches Familienfest der Sonette" erscheint. Allein schon die Sammlung von 500 Sonetten sei gewaltig, doch den "Sonettenkranz" verleiht er dem Autor für dessen Fähigkeit, "sich mit den Sonetten zu unterreden". Kemp nehme kein Blatt vor den Mund, sondern zeige, ob ihm ein Gedicht gefalle, umwerfe oder befremde, was seine Arbeit deutlich von bloßen "anthologischen Bemühungen" abhebe. Auch die Aufteilung des Buches lobt der Rezensent: "Petrarca, Dante, Michelangelo bekommen eigenen Kapitel, auch Ronsard, Goethe, Keats, andere wie Eichendorff, Mörike, Brentano oder Elizabeth Barrett Browning, Christina Rossetti, Ricarda Huch präsentiert er in kleinen Gemeinschaften". Alle Sonette seien erst in der Originalsprache abgedruckt und dann von Kemp prosaisch ins Deutsche übersetzt. Mit seinen "Verständnishilfen", so der Rezensent, mache Kemp die Qualitäten der Gedichte und ihren Zauber erst sichtbar. Auch die Eingrenzung des Buches, die der Autor "freimütig" zugebe - portugiesische, russische, niederländische Sonette fehlen; den Antipetrarkismus übergehe der Autor vollkommen -, schmälern das Werk nicht.
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