Friederike Mayröcker

Scardanelli

Gedichte
Cover: Scardanelli
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518420683
Broschiert, 56 Seiten, 14,80 EUR

Klappentext

Zwischen Januar und September 2008 entstanden 40 Gedichte, in denen Friederike Mayröcker dem hymnischen Ton und den freien Rhythmen Friedrich Hölderlins folgt. Meist reicht ein einzelnes Wort, manchmal ein Teil einer Verszeile, um die Sehnsucht zu beflügeln: "ich möchte / leben Hand in Hand mit Scardanelli".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.10.2009

Hans-Herbert Räkel ist von Friederike Mayröckers neuem Gedichtband wirklich beeindruckt und findet, dass man daran beispielhaft die eigentliche Kraft ihrer Dichtkunst ablesen kann. Mit "Scardanelli" - mit diesem Namen signierte der wahnsinnige Hölderlin seine letzten Gedichte  - hat sich die Lyrikerin eine "poetische Chiffre" gewählt, die "Fetisch-Charakter" hat, wie der Rezensent darlegt. Indem sie Zitate von Hölderlinfragmenten in ihren Gedichten weiter fragmentiert, will sie laut Räkel nicht etwa Aussagen vorbringen, sondern Bilder und Stimmungen "evozieren". Dabei verlässt sie sich nicht nur auf Hölderlin, sei es dass sie seine Verse oder auch nur seinen Namen, mitunter lediglich als Kürzel "Höld." zitiert, auch Durs Grünbein, Thomas Kling und andere, die der Rezensent nicht immer aufschlüsseln kann, werden als Zitat verwendet. Die Gedichte sind, so der Rezensent voller Bewunderung, eine "mit großer Anstrengung zur Sprache gebrachte lebendige Erinnerung" und zudem eine "extreme Sublimierung" des Lebens. Mit diesem Gedichtband hat sich die Dichterin dann auch in den Augen des begeisterten Räkel, obwohl in Thematik und Stil mit dem vorhergehenden Werk konsistent, selbst übertroffen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.05.2009

Nicht weniger als eine Neuschöpfung "ihres Hölderlins" erkennt Paul Jandl in dem vorliegenden Gedichtband von Friederike Mayröcker. Apokryphen, aber der schönsten Sorte, sind es für Jandl, der schon die Philologen bedauert, für ihre schwierige Spuren- und Zitatensuche. Was die Mayröcker mit dem hymnischen Ton des Dichters anstellt, wenn er durch ihre "eigensinnige" Sprache geht, liest Jandl als autobiografischen Ausdruck von Dringlichkeit, von Glück und Trauer und mitten drin vom Abschied. Wie bei Hölderlin stößt Jandl auf Fragmentarisches, erkennt aber dennoch immer - der Deutlichkeit und Empathie des Ausdrucks sei dank - Themen und Motive (Kindheit, Alter, die Mutter). Das Abenteuer dieser Lektüre besteht für Jandl in der Ähnlichkeit philosophischer Überzeugungen der Dichterin einerseits, des Ahnen im Turm andererseits. Zwei Ekstatiker des Lebens wie des Todes, die ästhetisch "ins Offene" streben, meint Jandl.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.05.2009

Rezensentin Sabine Doering zufolge grenzen im neuen Gedichtband von Friederike Mayröcker Wien und Schwaben unmittelbar aneinander. Das aus den Texten sprechende Vertrauen in die Kraft der Sprache und in die eigene Originalität lässt die Autorin laut Doering mit Gewinn den Dialog mit Hölderlin suchen. Ohne Scheu, wie es hier heißt, und offen noch für die Gefährdung. Dafür, dass es bei der Gefährdung bleibt und nicht zum Desaster kommt, sorgt laut Rezensentin Mayröckers Meisterschaft. So entstehen "Vexierbilder" aus offenen und verdeckten Zitaten und Neuzusammensetzungen, die die Rezensentin durchaus Mühe hat, als solche zu erkennen. Variiert, erklärt sie, werden so Hölderlin'sche Topoi wie Natur und Tod, oft gewinnen sie "geradezu magische Züge" hinzu.
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