Franz Overbeck

Franz Overbeck: Werke und Nachlass

Band 7/2: Autobiografisches. `Meine Freunde Treitschke, Nietzsche und Rohde`
Cover: Franz Overbeck: Werke und Nachlass
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 1999
ISBN 9783476016157
Gebunden, 347 Seiten, 70,56 EUR

Klappentext

Subskriptionspreis 128,00 DM. Zu Overbecks Versuch einer intellektuellen Selbstverständigung gehören die Aufzeichnungen, in denen er sich mit Persönlichkeit und Bedeutung der ihm wichtigsten Freunde auseinandergesetzt hat. Sie werden hier erstmals vollständig publiziert. Overbecks Aufzeichnungen sind keine fortlaufenden, auf Veröffentlichung hin angelegten Texte, sondern folgen der lexikalisierenden, stichwortbezogenen Form seines Kirchenlexikons, in das sie ursprünglich auch eingeordnet waren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.08.2000

In einer Sammelrezension bespricht Ludger Lütkehaus vier Bücher, die seiner Ansicht nach zusammen Nietzsches Leben "so vollständig und anschaulich wie nie verfolgen" lassen.
1.) "Friedrich Nietzsche/Franz und Ida Overbeck: Briefwechsel" (J. B. Metzler Verlag)
Für Lütkehaus ist Overbeck der "eigentliche Held dieses Briefwechsels". Der Rezensent zeigt sich nicht nur beeindruckt von Overbecks langjähriger und aufrichtiger Treue seinem Freund Nietzsche gegenüber. Bemerkenswert findet er auch, wie sehr der Kampf um Nietzsche hier deutlich wird, gerade auch angesichts der verfälschenden Nietzsche-Vermarktung durch dessen Schwester Elisabeth Förster. Lütkehaus ist zwar der Ansicht, dass Overbeck wirklichen Konflikten in dieser Frage aus dem Weg gegangen ist und dadurch letztlich die fragwürdige Nietzsche-Rezeption späterer Jahre teilweise - unbeabsichtigt - mitverantworten muss. Deutlich werden nach Lütkehaus jedoch die Selbstvorwürfe Overbecks und die Themen, die beide häufig besprechen. Dies sind vor allem auch Tod und Wahnsinn. Was Nietzsches Briefe betrifft, so hält der Rezensent diese für seine eigentliche "Autobiografie".
2.) Franz Overbeck: "Werke und Nachlass in neun Bänden" (Metzler Verlag)
Für dieses Buch gilt nach Ansicht des Rezensenten in mehrfacher Hinsicht ähnliches wie für den Briefwechsel zwischen Overbeck und Nietzsche. Beide Bücher bezeichnet Lütkehaus als "unvergleichliche Dokumente", die darüber Aufschluss geben, wie sehr Overbeck um die Freundschaft und auch um sein Nietzsche-Bild, dass Elisabeth Förster bedrohte, gekämpft hat.
3.) Friedrich Nietzsche: "Chronik in Bildern und Texten" (Hanser Verlag)
Lütkehaus weist zunächst darauf hin, dass es sich hier um den Begleitband zur Weimarer Nietzsche-Ausstellung handelt. Zwar weist der Rezensent Kritik an der Ausstellung und an dieser Chronik als "philosophisch uninteressantes Potpourri" nicht zurück, allerdings ist er dennoch der Ansicht, dass auch "Nietzsche-Kenner" hier so manche Entdeckung machen können. Auch wird, wie der Leser erfährt, deutlich, inwiefern Örtlichkeiten einen Einfluss auf Nietzsches Leben wie auch auf sein Denken gehabt haben.
4.) David Farell Krell/Donald L. Bates: "Nietzsche - der gute Europäer" (Knesebeck Verlag)
Störend findet Lütkehaus an diesem Band, dass Nietzsche hier - "ästhetizistisch zugerichtet" - als "guter Europäer" präsentiert wird. Allerdings lobt er den Band als durchaus auch in philosophischer Hinsicht interessant. So werde deutlich - wie übrigens auch in der "Chronik" - wie sehr für Nietzsches Denken "die zeitliche Dimension zentral ist".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.04.2000

Albert von Schirnding empfiehlt dringend, die neue Edition der Briefe Nietzsches an Overbeck ("Briefwechsel", 2000, Metzler Verlag) zusammen mit Overbecks Nietzsche-Notizen ("Werke und Nachlaß. Band 7/2: Autobiografisches", 1999, Metzler Verlag) und dessen Briefwechsel mit Köselitz ("Briefwechsel", 1998, Verlag de Gruyter) zu lesen. Und so beschäftigt sich die ausführliche Rezension mit allen drei genannten Bänden, denn gemeinsam ließen sie sowohl ein "authentisches Nietzsche-Porträt" als auch die gleich nach dessen Tod einsetzende "Verzeichnung des Bildes" sichtbar werden. Erstmals seien nun alle wichtigsten Texte greifbar, die die "sogenannte Basler Tradition begründeten und deren Gegnerschaft zu Weimar die Nietzsche-Forschung jahrzehntelang zum Kriegsschauplatz" gemacht hätten. Trotz aller Bemühungen gelingt es von Schirnding, der offensichtlich über weitreichende Kenntnisse verfügt, nicht vollständig, dem Leser die verwirrende Editionsgeschichte der verschiedenen Korrespondenzen zu erhellen. Doch versteht man, dass der Rezensent überzeugt ist, dass nun ein ausgewogenerer Blick auf sich widersprechende Positionen möglich ist.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.03.2000

Uwe C. Steiner zeigt sich sehr erfreut, dass mit diesem Band Overbecks Aufzeichnungen nun endlich vollständig und dazu noch in der von ihm hinterlassenen Form veröffentlicht wurden. So komme man hier - anders als in der Auswahl von Bernoulli von 1906 - auch in den Genuss von Overbecks Angriffen gegen Nietzsches Schwester Elisabeth. Steiner bedauert nur, dass Overbeck seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit früher nicht zugänglich gemacht hat. Dann hätte man schon viel früher erkennen können, wie gravierend die Eingriffe von Elisabeth Förster-Nietzsche wirklich gewesen sind. Das Nietzsche-Bild Overbecks fällt wohlwollend, aber nicht unkritisch aus. Deutlich werde jedoch, wie sehr Overbeck das Maskenspiel Nietzsches durchschaut und verstanden habe. Steiner sieht in diesen Aufzeichnungen summa summarum eine "exemplarische Wahrnehmung der Physiognomie von Nietzsches Denken", die seiner Zeit weit voraus war und die erst in den sechziger und siebziger Jahren in der französischen Nietzsche-Rezeption populär wurde. Er hält diesen Band für außerordentlich bedeutsam und wird nicht müde, Overbecks Understatement zu bedauern. Ähnlich äußert er sich auch über den Kommentar: hervorragend, aber bisweilen zu zurückhaltend
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.03.2000

Schon Stefan Zweig hat geschrieben, daß die Briefe Friedrich Nietzsches an seinen Freund Franz Overbeck zur "Entheroisierung" des vermeintlichen Künstlergenies beitrügen. Die neue und erstmals komplette Herausgabe des Briefwechsels zwischen Overbeck und Nietzsche bestätige diesen Eindruck, schreibt Friedrich Wilhelm Graf in seiner Besprechung. Ergänzt um die persönlichen Aufzeichnungen Overbecks zeichneten diese beiden "kenntnisreich eingeleiteten und kundig kommentierten" Neu-Ausgaben ein genaues Bild des akademischen Milieus in Basel gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
1) "Friedrich Nietzsche/ Franz und Ida Overbeck: Briefwechsel"
Der Theologe Overbeck war 1871, ein Jahr später als Nietzsche nach Basel gekommen. Sie teilten die wissenschaftliche Vorliebe für die Antike und das Urchristentum und bildeten eine Zeitlang eine Art Forschungs- und Lebensgemeinschaft, aus der Nietzsche 1879 ausbrach. Zeugten die frühen Briefe "in ironischen Sprachspielen und polemischen Pointen" noch vom "Übermut der jungen Gelehrten", schreibt Graf, stilisiere sich Nietzsche nach seinem Ausbruch aus dem Basler Akademiker-Milieu 1879 zunehmend als "gottgleicher Künstler". Overbeck blieb seinem Freund treu, rang aber zunehmend "um analytische Distanz", was ihm, so Graf, auch im verzweifelten Versuch, den Freund mit seinen psychischen Krisen zu verstehen, gelungen ist.
2) Franz Overbeck: "Autobiographisches. Meine Freunde Treitschke, Nietzsche und Rohde"
Zeit seines Lebens, auch nach Nietzsches Tod und mit dem sich schnell entwickelnden Kult um den wahnsinnig gewordenen Philosophen, arbeitet sich Franz Overbeck an der komplizierten Freundschaft mit Nietzsche ab. Er überdenkt alte Sichtweisen immer wieder neu, was insbesondere seinen Notaten, schreibt der Rezensent lobend, ihren "offenen, widersprüchlichen Charakter" verleiht . Sie spiegelten die innere Zerrissenenheit Overbecks wider, der auch in theologischen Angelegenheiten zum Skeptiker und antibürgerlichen Intellektuellen wurde und beleuchteten die zunehmend durch die Beziehung zu Nietzsche gestörte Freundschaft mit dem deutschen Historiker Heinrich Treitschke.
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