Etel Adnan

Der Herr der Finsternis

Erzählungen
Cover: Der Herr der Finsternis
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518420737
Gebunden, 171 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Christel Dormagen. Düsteres Glanzstück dieser durchaus abwechslungsreichen, auch mit hellen Tönen aufwartenden Erzählungen, die sich stets dicht an die Erlebnisse der kosmopolitischen amerikanisch-arabischen Autorin halten, ist die Titelgeschichte. "Der Herr der Finsternis" ist ein atemberaubend intensiver, apokalyptischer Text, fast ein Vermächtnis. Auf einem Festival in Sizilien, unmittelbar vor Ausbruch des ersten Irakkriegs, trifft die Erzählerin nach vielen Jahren Buland wieder, einen irakischen Dichter, den sie als strahlenden Jüngling von einer Begegnung in Damaskus in Erinnerung hat. Er wirkt verdüstert. Beim Wein erzählt er ihr von seiner Freundschaft mit Saddam Hussein: von dessen geradezu "tierischer" Intensität und Unruhe, von der eigenen Desillusionierung, die folgt, und der Scham; vom Gefängnis. Später versucht ein amerikanischer Professor, die Erzählerin auszuforschen. Um jeden Preis möchte er der geistigen Welt Bulands, der ein erbitterter Kritiker des imperialen Amerika ist, auf die Spur kommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.06.2009

Falsch ist es nicht, Etel Adnan, wie es oft geschieht, als arabisch-amerikanische Autorin zu bezeichnen, meint der Rezensent Peter Demetz. Aber in Wahrheit liegt die Sache, wie auch diesem mit autobiografischen Motiven spielenden Band zu entnehmen ist, komplizierter. Adnan entstammt einer griechisch-türkischen Familie aus Beirut, hat in Paris und den USA studiert und schrieb erst auf Französisch, dann auf Englisch. Nach einem Roman hat sie sich ganz auf die Kurzgeschichte konzentriert, der sie eine ganz spezifisch "optische" Qualität zuspricht. Demetz findet diesen Aspekt des Optischen vor allem in Adnans Metaphorik wieder, lobt aber mehr noch, dass Adnans Texte "durch die Ohren" gehen. Demetz geht vor allem auf die autobiografische Titelerzählung ein, in der sich ein ehemaliger Anhänger Saddam Husseins mit einem konservativen Literaturwissenschaftler aus den USA konfrontiert sieht. Daneben erwähnt der Rezensent den immer wieder deutlich werdenden "Enthusiasmus fürs Kino" der Autorin und lobt in seiner etwas unklar mäandernden Rezension das Werk als besonderen Fall von "Weltliteratur".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.05.2009

Nicht durchgängig gut und gelungen findet Rezensentin Angela Schader die Erzählungen dieses Bandes. Doch sie konnten ihr doch einiges von den Verstörungen vermittelt, die die amerikanische Irakpolitik seit 1991 bei arabischen Intellektuellen verursacht hat. So handele es sich bei der Titelerzählung aus dem Irak nicht um den gefürchteten Saddam Hussein, sondern den amerikanischen Präsidenten Bush. Nicht immer mag Schader der 1925 im Libanon geborenen "intelligenten, subtilen, introvertierten Erzählerin" politisch folgen. Am interessantesten und auch überzeugendsten findet sie den ambivalenten Blick, den das Buch auf Saddam Hussein selbst wirft - und zwar durch die Augen einer Figur, die die Autorin dem irakischen Lyriker Buland al-Haidari nachgebildet habe. Aber auch dort, wo die Autorin das "ideologisch verminte Terrain" verlässt, und aus "Eigenem" schöpft, kann sie die Rezensentin begeistern.