Douglas Stuart

Young Mungo

Roman
Cover: Young Mungo
Hanser Berlin, Berlin 2023
ISBN 9783446275829
Gebunden, 416 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Sophie Zeit.  Der Bookerpreisträger erzählt von der Liebe zweier Jungen in einer von Gewalt geprägten homophoben Welt. Für die hypermaskuline Welt der Arbeiterviertel im Glasgow der 90er Jahre ist Mungo zu hübsch und zu sanft. Sein Bruder Hamish, gefürchteter Bandenführer, will ihn zum Mann machen und schleift ihn zu den brutalen Kämpfen zwischen Protestanten und Katholiken - nur wer hart genug ist, kann hier überleben. Dann trifft Mungo auf James und mit ihm kann er sein, wie er ist. Mit ihm lernt er ein Begehren kennen, das geächtet ist, das ihn mit Scham erfüllt, aber auch mit Glück, das er selbst vor seiner Schwester Jodie verleugnen muss, mit der er sonst alles teilt. Denn die Liebe, die zwischen den Jungen wächst, ist lebensgefährlich - und zugleich ihre Rettung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.05.2023

Wahrscheinlich war die Prämisse des Verlags bei Douglas Stuarts zweitem Roman einfach, ihn das erste Buch noch mal, nur noch drastischer schreiben zu lassen, vermutet Kritiker Kai Sina. So kann ihn die Geschichte, die sich wieder in sozial randständigen Verhältnissen abspielt, nur ein Jahrzehnt später als der Erstling, auch nicht recht überzeugen - es will sich kein "Flow" einstellen, zu wenig sind die Momente von sexualisierter, homophober und schlicht brutaler körperlicher Gewalt in eine solide Erzählstruktur eingebunden. Für Sina scheint die Geschichte um den jungen schwulen Mungo und seine Suche nach sich selbst zu sehr auf Schockwirkung und kommerziellen Erfolg hin ausgerichtet zu sein - er fragt sich, ob ein eventueller dritter Roman zeigen könnte, was Stuart literarisch wirklich kann.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2023

Rezensent David Hugendick ist nicht überzeugt vom zweiten Roman des Schotten Douglas Stuart, der mit seinem Debüt "Shuggie Bain" zu plötzlichem Ruhm kam. Die Handlung kopiert die des ersten Buches fast gänzlich, so Hugendick, wieder spielt das Geschehen in Glasgow, diesmal in den neunziger Jahren, wieder wird der Leser in die Welt von Arbeiterelend, Tristesse und Homophobie geworfen. Hier lebt der Teenager Hamilton, der unter seiner lieblosen Mutter leidet und sich in den Nachbarsjungen verliebt. Der Kritiker ist vor allem erbost über die "Groschenheftprosa", mit der hier versucht wird, der geschilderten Alltagstristesse in unbeholfenen Metaphern Schönheit abzutrotzen: So wird beispielsweise nackte Haut als "weitläufige Landschaft" und als "sahnig" beschrieben, ärgert sich Hugendick. Entweder ist das Buch ein Zeichen, dass ein schnell erfolgreich gewordener Autor heutzutage in Windeseile nachliefern muss, überlegt der Kritiker, oder aber, und dazu tendiert Hugendick eher, Stuart ist vielleicht gar nicht so ein großer Autor ist wie der Erfolg in seinem Heimatland glauben lassen könnte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.03.2023

Rainer Moritz fürchtet ein wenig, die durchaus virtuosen Elendsbeschreibungen könnten zu Douglas Stuarts Masche werden. Anknüpfend an seinen Roman "Shuggie Bain" entwirft der Autor in seinem zweiten Roman laut Moritz wiederum ein gewaltstrotzendes Glasgower Teenage-Panorama. Verwahrlosung und Gewalt prägen das junge Leben des Protagonisten auf eine Art, dass Moritz eine gewisse Übersättigung feststellt und das ausgebreitete Leid nicht mehr ganz ernst nimmt. Dass der Autor Held und Leser einen Hoffnungsschimmer gewährt, wenn er ein schwules Comingout in die spannend erzählte, drastische Story einbaut, konstatiert Moritz mit Erleichterung. Bestechend und verstörend, findet er.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 14.03.2023

Ganz glücklich ist Rezensent Dirk Fuhrig mit dem zweiten Roman von Douglas Stuart nicht: Die Story ist beklemmend, ein proletarisches Viertel in Glasgow, Schwulsein ist die größtmögliche Katastrophe für den Protagonisten Mungo, der sich in einen anderen Jungen verliebt und erste zarte Küsse austauscht, die "wie heißer gebutterter Toast" schmecken. Diese Storyline, verwebt mit einem Kreislauf der Gewalt und des Prekariats, kennt Fuhrig aber auch schon aus dem Vorgänger-Buch, einige Handlungskomponenten, wie ein Vergewaltiger, der ertränkt wird, scheinen ihm doch etwas zu konstruiert. Den besonderen Soziolekt der jungen Glasgower treffen aber sowohl Stuart als auch seine Übersetzerin Sophie Zeitz sehr gut, schließt der Kritiker.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.03.2023

Rezensent Simon Sahner freut sich, dass Douglas Stuarts neuer Roman anstrengende Themen um soziales Elend, Homophobie und Gewalt mit einer Prise Hoffnung versieht. Mungo wächst in einem problembehafteten Viertel in Glasgow auf, auf keinen Fall darf irgendwer merken, dass er in einen Jungen verliebt ist, der auch noch Katholik ist - Konstrukte von heterosexueller, traditioneller Männlichkeit, die für Sahner reizvoll verhandelt werden. Dazu komme eine Sprache, die zwischen Standardenglisch und schottischem Proletariatssoziolekt changiert, was zwar sehr spannend sei, aber im Deutschen leider nicht hundertprozentig funktioniere. Dennoch empfiehlt der Rezensent den Roman.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 20.02.2023

Zu hundert Prozent ist die Kritikerin Miriam Zeh mit Douglas Stuarts Zweitling um die Arbeiterschicht im Glasgow der frühen Neunziger nicht zufrieden. Sie erkennt zwar an, dass der Autor ein Händchen dafür hat, poetische Formulierungen für soziales Elend und erste amouröse Abenteuer zu finden, doch entgeht er ihrer Meinung nach nicht immer der Kitschgefahr. Zu ähnlich ist dieser Roman vielleicht auch dem preisgekrönten Debüt, überlegt die Rezensentin und empfiehlt das Buch eher jenen, die eh schon Fan des in den USA lebenden Schotten sind.