Nico Bleutge

schlafbaum-variationen

gedichte
Cover: schlafbaum-variationen
C.H. Beck Verlag, München 2023
ISBN 9783406798542
Gebunden, 117 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Mit griffel, kralle, fast zersprengt zwischen federnflügeln in grüner luft. traum von versenken,durchsichtigseintraum von sich kümmern in grüner luftAnfangen, wieder. Ein Kind wird geboren. Richtet die Wahrnehmung neu aus. Euphorie wechselt sich ab mit Erschöpfung. Zugleich ist da der Schmerz des Verlustes. Ein geliebter Mensch ist kurz zuvor gestorben. Der Schock hallt nach, schneidet ein in den Körper und in die Laute. Wie lassen sich Gefühle und Gedanken ineinander übersetzen? Wie hängen Wörter und Ich zusammen? Erfüllende Momente und Leid? Nico Bleutge holt diese Fragen in das Sprechen und gewinnt aus ihnen seinen ganz eigenen Rhythmus. Darin reflektiert er die elementaren Widersprüche und Veränderungen unserer Gegenwart, wie sie der flimmernde Titelzyklus spürbar macht. Wir folgen Falken und Staren an den Tiber, sehen Risse in den Bildern, die den Rissen in der Landschaft ähneln. Und die Erinnerung speist scheinbar Nebensächliches ein. Verse über das Beginnen, über Sprache vor der Sprache und über das Verhältnis von Erinnerung und Präsenz. Die Zeit dehnt sich oder schießt im Spiel der Laute zusammen: "dies nagen, ineinanderdrehen // von wolken, beginn: nicht eine / silbe zum stehen, stauchen // alles drin".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.08.2023

Rezensent Christian Metz lernt das lyrische Ich von Nico Bleutge in der Vaterrolle kennen. Doch nicht nur. Bleutge gelingt es in seinem neuen Gedichtband wie keinem zweiten laut Metz, Akustisches sichtbar zu machen. Zum Beispiel die römischen Stare in ihren "Schlafbäumen". Das ist anspruchsvoll und nuanciert, freut sich Metz, der auch die "sinnesimpressionistische Feintüpfelung" bei Bleutge betüpfelt, äh bemerkt und ausgiebig lobt. Sie öffnet neue Diskursräume, versichert der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.04.2023

Rezensent Carsten Otte erkundet mit den neuen Gedichten von Nico Bleutge die Welt von der Geburt bis zum Tod. Er lauscht zunächst dem Gähnen des Kleinkindes, das Bleutge als "gäumlings" beschreibt, denkt über kindliche Träume nach und bewundert einmal mehr Bleutges Wortneuschöpfungen und den Variantenreichtum der Stilmittel. Verweise auf Hölderlin oder Ovid sind hier ebenso zu finden wie Verknüpfungen mit Bildern von Dali oder Magritte, erkennt Otte. Im zweiten Teil widmet sich Bleutge dann dem Tod des Vaters: Die Verse hämmern "repetitiv", in Bleutges "Todesrondo" wird erahnbar, wie nahe der Dichter seinem Vater stand, hält der Kritiker fest. Schließlich münden die Gedichte in die titelgebenden "schlafbaum-variationen": Otte blickt mit Bleutge Vogelschwärmen nach, die "durchs Geäst des Mimosengewächses" ziehen und staunt schließlich einmal mehr über dessen "gefühl für verplombte wörter".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.04.2023

In seinem neuen Gedichtband, der um das Thema des Vaterseins kreist, beweist Nico Bleutge "allerfeinstes Gespür", schreibt Rezensentin Meike Fessmann. Die Lyrik ist dabei geprägt von "einer speziellen Form der Leiblichkeit", stellt sie fest, was für Bleutge neu sei, der den Fokus sonst immer auf das Visuelle lege. Aufgrund des hohen Abstraktionsgrades legt die Rezensentin eine mehrmalige Lektüre der Gedichte nahe, in deren Folge sich grundsätzliche Fragestellungen des Bandes herauskristallisieren: Was bedeutet Vatersein in der Gegenwart? Und wie ist das Verhältnis zwischen Vater und Kind? Eine "verblüffende Morphologie" lässt Bleutges Lyrik entstehen, in der kaum auszumachen ist, wer handelt und wer beobachtet, so Fessmann. Auch Biografisches fließt mit ein, wenn der Autor den Tod seines eigenen Vaters poetisch verarbeitet, lesen wir, dabei gelingt dem Autor eine "geduldige Komposition" von "lauter Unvereinbarkeiten", schließt die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.02.2023

Rezensent Björn Hayer hat mit der Lyrik von Nico Bleutge das Schweben gelernt und die Welt dabei ganz neu kennengelernt. Denn die Physik ist Bleutge schnuppe - und genau das macht seine utopische Welt so interessant, findet Hayer: Alles sei immerzu in Bewegung und dabei gehe es sowohl ganz nach oben als auch ganz nach unten. Darüber hinaus entzückt den Rezensenten, dass Bleutges Texte keine Grenzen kennen, sondern "eine Feier auf die Poesie selbst" sind, wenn er aus Farben Töne macht. Das größte Lob Hayers: Bleutge ringe mit seinen bewusst schiefen Bildern um "alternative Bezirke der Fantasie".