Dieter Conrad

Gandhi und der Begriff des Politischen

Staat, Religion und Gewalt
Cover: Gandhi und der Begriff des Politischen
Wilhelm Fink Verlag, Paderbron 2006
ISBN 9783770543120
Gebunden, 309 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

In Dieter Conrads Rekonstruktion erweist sich Gandhis Theorie des Politischen als die avancierteste, weit über Max Weber, Carl Schmitt und andere westliche Theoretiker hinausweisende Position. Dieses Buch des 2001 verstorbenen Rechtswissenschaftlers und Südasienspezialisten Dieter Conrad, der am Heidelberger Südasieninstitut indisches Recht lehrte, entdeckt Gandhi als politischen Theoretiker und stellt ihn den europäischen Theorien als Herausforderung zur kritischen Auseinandersetzung mit unserer eigenen Tradition gegenüber. Aus unzähligen Äußerungen destilliert Conrad Gandhis politische Theorie und bringt sie auf Augenhöhe mit der westlichen Theoriebildung zu Fragen von Staat und Gewalt, Politik und Religion, in die Form einer systematischen und kohärenten Darstellung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.03.2007

Bestnoten vergibt Rezensent Ulrich Teusch an dieses popsthum herausgegebene Buch des 2001 verstorbenen Rechtswissenschaftlers und Ostasienexperten Dieter Conrad. Es schultert den Informationen des Rezensenten zufolge die enorme Aufgabe, aus der neunzigbändigen Ausgabe von Gandhis "Collected Works" den Politikbegriff dieser Jahrhundertfigur zu filtern, die bisher keinen angemessenen Platz im Pantheon der großen politischen Theoretiker habe, zu diffus und unsystematisch sei das in Reden, Gesprächsnotizen, Briefen oder Memoranden überlieferte Werk Gandhis. Als zentrales Element beschreibe das Buch einen doppelten Religionsbegriff Gandhis, der es ermögliche, die religiöse Durchdringung des Lebens zu fordern ohne das "neutralistische Ethos" moderner Staatlichkeit aufzugeben. Dieter Conrads Studie besticht den Rezensenten besonders durch seine Sachkenntnis und Gelehrsamkeit. Sie schärft für Teusch aber auch das Profil des Theoretikers Gandhi, und präsentiert ihn als einen Max Weber, Carl Schmitt und sogar Martin Luther gleichrangigen, wenn nicht überlegenen Denker.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.09.2006

Ebenso aufregend wie gelungen findet Rezensent Christian Schüle das Unternehmen dieses Buchs, "Mahatma" Gandhi als Schöpfer eines "weltverändernden Begriffs des Politischen" zu verstehen. Mit großer Kenntnis der relevanten Theorien und Diskurse - von Max Weber über Carl Schmitt bis Martin Luther - ordnet der Rezensent Dieter Conrads luzide Ableitung von Gandhis "Begriff des Religiopolitischen" als Versuch ein, die religiös motivierte Gewaltlosigkeit allein als Mittel der Wahrheitsfindung zu etablieren. Wie der Autor selbst ist auch der Rezensent überzeugt von der Überlegenheit dieses "außer- und überstaatlichen" Ansatzes gegenüber der "okzidentalen Staatsphilosophie", die bis Gandhi den Begriff des Politischen unter dem Primat der alles ordnenden Staatsgewalt definiert habe. Der Rezensent empfand das Buch auch als "Einstieg in ein Reich des Wissens", das "eine fundierte und überzeugende Kritik" an absoluten Wahrheiten anbietet und bedauert, dass der Autor verstarb, bevor er seine Aufsehen erregenden Thesen zu Ende denken konnte. Der Begeisterung können auch der von Schüle gelegentlich als etwas ungelenk empfundene Stil sowie die "fußnotenintensive Ausführlichkeit" des Buchs kaum etwas anhaben.