Bodo Kirchhoff

Schundroman

Roman
Cover: Schundroman
Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2002
ISBN 9783627000950
Gebunden, 320 Seiten, 19,80 EUR

Klappentext

Der Auftragskiller Hold gerät auf die schiefe Ebene der Frankfurter Buchmesse. Erst tötet er den falschen Mann (einen berühmten Literaturkritiker), dann verliebt er sich auch noch in die richtige Frau. Ein Amateur, der alle Profi-Promis das Fürchten lehrt.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Willefords große Kunst, tief ambivalente Charaktere als glaubwürdige zu entwerfen, mildert Kirchhoff ab ins nur schwach gepfeffert Satirische. Um Kompromisse und Absicherung ist das Unternehmen umso mehr bemüht, als es sich in vermeintlicher Kompromisslosigkeit groß tut. Seine Literaturbetriebskritik ist, durch Überspitzung verharmlosend, gänzlich literaturbetriebskompatibel...
Lesen Sie mehr von Ekkehard Knörer in 'Mord und Ratschlag'

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.07.2002

Roman Bucheli ist völlig begeistert von diesem Roman, und er vermutet, hier habe der Autor vielleicht das "seinem Temperament angemessene Genre gefunden". Der Rezensent ist sehr beeindruckt von dem Kunstgriff Kirchhoffs, einen vollendeten "Schundroman" zuschreiben, in dem es natürlich um Liebe und Verbrechen geht, und gleichzeitig mehr von seinen Protagonisten preiszugeben als so manches "ernsthafte Buch". Bucheli preist den Roman als "teuflisch gut geschriebenen" Roman und er meint, dass diese Parodie des Genres Trivialroman zur "vollendeten Kunstform" aufgestiegen ist. Eines aber bringt den Rezensenten zum Grübeln: Er ist darüber "verdutzt", dass es dem Autor gelingt, den Skandal um Walsers jüngstes Buch, dass gleichzeitig erschienen ist, einzuarbeiten und damit zum Teil auch einen "Schlüsselroman zum Literaturbetrieb" zu schreiben. Bucheli vermutet, dass Kirchhoff diese Passagen "in allerletzter Minute"

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.07.2002

Gemischt fällt das Urteil der Rezensentin Petra Kohse über Bodo Kirchhoffs neuen Roman aus. Einerseits hinterfragt sie die Glaubwürdigkeit des Autors, was dessen Bemühungen um Abgrenzungen vom Trivialliteraturbetrieb angeht und findet soviel Bedürfnis nach Distinktion offenbar lächerlich: "Wer so viel Verdacht schöpft, macht sich selbst lächerlich, und wer Angst hat, als der erkannt zu werden, der er ist, erst recht." Auch findet sie die Bemühungen des Autors übertrieben, immer wieder unter Beweis zu stellen, dass dieser "Schundroman" nicht durch niedere Interessen, sondern durch ein Konzept motiviert ist. :"Sein konzeptioneller Ansatz ist Kirchhoffs Sicherheit und wird im Laufe der dreihundertsechszehn Seiten immer wieder ausgerufen" Andererseits scheint sie doch recht viel Spaß an dem Buch zu haben und vermutet auch, dass der Autor genauso viel Spaß beim Verfassen dieser Erzählung hatte. Gegen konzeptionelle "Reißerliteratur" ist prinzipiell nichts einzuwenden, "solange die Anschlüsse stimmen, die Pointen sitzen und die Motive interessieren. Und das tun sie bei Kirchhoff", so dass trotz aller Vorbehalte dann doch recht begeisterte Fazit der Rezensentin. So wird das Buch im Rückblick in ihren Augen doch noch zu einem Stück "Meta-Literatur".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.07.2002

Ijoma Mangold beginnt seine Rezension mit einer präventiven Verteidigung des Phänomens "Kitsch" - dem nämlich ist er in Bodo Kirchhoffs "Schundroman" in seiner schönsten Form begegnet. Kirchhoff erweist sich, so Mangold, ein weiteres Mal als "Meister der Form", das Ergebnis ist darum, man staune, "zum Niederknien". Die Figuren, da gibt es kein Vertun, stammen aus dem "Groschenroman": der Privatdetektiv, der "lonely guy", die "schöne Blondine". Die Geschichte ist, trotz des Todes eines Kritikers am Anfang, eine "Gangstergeschichte" und besonders schön findet es Mangold, dass es hier mit einem ironischen Augenzwinkern nicht getan ist, dass die Stärken des Buchs - und der Rezensent nennt es noch einmal: "hervorragend" - sich gerade dem Genre verdanken, das hier benutzt, aber nicht verraten wird.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.06.2002

Warum Rezensent Jens Jessen in seiner Besprechung die Auto-Test-Metapher bemüht, ist nicht wirklich ersichtlich, aber er tut es. Vielleicht um selbst ein bisschen Trivialliteratur-Satire zu schreiben. Bei Jessen sind zwei Modelle im Test: einmal der "TeK" (Tod eines Kritikers), der Walsersche "Prototyp" der Literatursatire, und der "SR" (Schundroman) das Kirchhoffsche "Serienmodell". Das Problem, so Jessen, liegt bei beiden Modellen beim Antrieb, der sogenannte "Hassantrieb" und bei der "schlampigen Verarbeitung", die bei Kirchhoff entschuldbarer seien, da der SR eben ein "Schundroman" oder dessen Parodie sei und daher keine Angriffsfläche für Beanstandungen biete. Im Falle des TeK jedoch sei "das angestrengte Bemühen um ein Qualitätsprodukt erkennbar" und das Ergebnis umso "mangelhafter". Jessen vergleicht weiter TeK und SR in Hinblick auf die Kriterien "Karosserie/Design", "Motor", "Schadstoffausstoß" (hier stellt Jessen beim TeK "beachtliche Umweltverschmutzung" durch "schwere Verdachtspartikel" fest), "Bremsweg" (beim TeK diagnostiziert Jessen "unkontrollierte Vorwärtsbewegung"), "Alltagstauglichkeit" und schließlich "Wiederverkaufswert". Beide schneiden schlecht ab: "Sie taugen eher als Cocktailgespräch denn als geistiges Fortbewegungsmittel", schreibt Roman-Tester Jessen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.06.2002

Niemand kann sagen, er hätte von nichts gewusst. Schon im "Spiegel", so erzählt uns der Rezensent Kolja Mensing, hatte Bodo Kirchhoff diesen Roman angekündigt, der sich den "Literaturbetrieb vorknöpft, statt ihn zu erdulden" und in dessen Verlauf - so erfahren wir jetzt, man mag es kaum glauben - "Deutschlands berühmtester Literaturkritiker" tot am Boden liegt. Vergleiche also Martin Walser, weshalb sich der Verlag, folgert Mensing, wohl auch genötigt sah, die eigentlich für Herbst geplante Veröffentlichung gleich zweimal nach vorne zu verschieben. Der "Schundroman" ist nach Mensing nun gleich zweierlei: zum einen eine - allerdings eher halbherzige - Parodie auf das Genre des Groschenheftes, zum anderen ein sogenannter "deutscher Schlüsselroman" über den Literaturbetrieb. Und vor allem das letztere kann, folgt man Mensing, einfach nicht funktionieren: "Das Bild des feinsinnigen, weltabgewandten homme de lettres muss bestimmt nicht mehr zerstört werden." Das haben Autoren und Kritiker, die mit ihren Hahnenkämpfen in der Öffentlichkeit so gern kokettieren wie mit ihren neuen Frauen, längst selbst besorgt, meint Mensing.
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