Barbara Schäfer (Hg.)

Historikerstreit in Israel

Die neuen Historiker zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit
Cover: Historikerstreit in Israel
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783593364438
Broschiert, 283 Seiten, 34,77 EUR

Klappentext

Eine junge Generation von israelischen Historikern macht sich auf, die Geschichte ihres Staates neu zu schreiben. Diese nach der Shoa geborenen Wissenschaftler stellen die etablierte Sicht auf die Entstehungsgeschichte Israels und den israelisch- arabischen Konflikt in Frage. Ihre Kontroverse hat die Mauern der Universität rasch überwunden und wurde in den israelischen Medien zum leidenschaftlich diskutierten Thema. Der Band versammelt die wichtigsten Beiträge zu dieser Debatte, die existentielle Fragen der israelischen Geschichte und Gegenwart betreffen, zugleich aber auch allgemeine, gerade bei uns höchst aktuelle Probleme der zeitgenössischen Geschichtsschreibung berühren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.01.2001

Eine neue Generation israelischer Historiker stellt Glaubenssätze ihrer Vorgänger in Frage. Der Band dokumentiert die Auseinandersetzung zwischen alten und neuen Historikern, die, wie der Rezensent Thomas Meyer feststellt, inzwischen auf äußerst reflektiertem Niveau" stattfindet. Die Hintergrundvision vom "Erez Isreal", die Historiografie als "Geschichte eines auserwählten Volkes" trifft bei den Jüngeren methodisch auf nüchternen Positivismus. Zugleich findet auch eine Politisierung statt: in der Öffentlichkeit wollen die jungen Historiker liebgewonnenen Ideologien widersprechen. Der Rezensent bescheinigt der Herausgeberin und den Übersetzern ausgezeichnete Arbeit. Es gelinge, die Konflikte an klug ausgewählten Aufsätzen "transparent" zu machen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.08.2000

Das Buch, dessen Beiträge zuerst auf Hebräisch veröffentlicht wurden und jetzt von der Judaistikprofessorin Barbara Schäfer auf deutsch herausgegeben worden ist, leistet in den Augen des Rezensenten Joachim Schlör zweierlei: Zum einen reflektiere es "die intellektuelle Vielfalt und die wissenschaftliche Intensität", mit der in Israel die eigene Geschichte erforscht wird - ein Ansatz, den er sich auch von den arabischen Nachbarn Israels wünscht. Darüber hinaus stellen die Beiträge "Grundfragen der Geschichtsforschung am israelischen Beispiel". Den Begriff "Historikerstreit" findet Schlör in diesem Fall zwar ungünstig gewählt, angesichts der Brisanz der Thematik aber verzeihlich. Kernbereiche des geschichtlichen Diskurses in Israel sind die "Araberfrage" und der Umgang mit der Erinnerung an die Shoah, so Schlör.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.07.2000

Die in Israel von hohen Gefühlswogen begleitete Debatte um eine Neubewertung israelischer Geschichte und besonders des Zionismus ist von der Mitarbeiterin des Institut für Judaistik an der FU Berlin hier dankenswerterweise vorgestellt worden, schreibt Julia Brauch. Dabei habe die Herausgeberin mit zwei sehr unterschiedlichen Analysen den Reigen der Argumente eröffnet: Zum einen steht da die Abhandlung Yoav Gelbers zum Einfluss zionistischer Geschichtsschreibung seit den 20er Jahren, daneben jedoch stellt sie die kritische Einschätzung der "neuen Historiker" Israels durch den Amerikaner Daniel Gutwein, der deren Thesen lediglich als Ausdruck einer "Privatisierung des Gedächtnisses" in Israel beschreibt und als Versuch der Entlegitimierung verurteilt. Die Hauptprotagonisten der in Israel als "Postzionismus-Debatte" bekannten Auseinandersetzung sind Benny Morris, Ilan Pappe, Uri Ram, Dan Michmann und Amnon Raz-Krakotzkin; sie alle treten hier mit Kongressaufsätzen auf, die ihre jeweiligen Schwerpunkte und Zuspitzungen verdeutlichen. Allerdings, so die Rezensentin, gleichen sie den "Vätern" - die sich zum Teil mit hochemotionalen Beiträgen gegen sie gewandt haben - immer noch dort, wo sie der Geschichtsschreibung selbst ein hohes Maß an Einfluss zuerkennen. Julia Brauch bemerkt, dass eine Dokumentation des oft in israelischen Zeitungen und Zeitschriften tagesaktuell ausgefochtenen Streits diesen Band durchaus hätte "bereichern" können. Zumal es im Hintergrund immer wieder um die "Frage der moralischen Qualität des Zionismus" geht, an der sich oft "die Geister scheiden".
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