Alexander Goldstein

Denk an Famagusta

Cover: Denk an Famagusta
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2016
ISBN 9783957572271
Gebunden, 535 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Regine Kühn. Im Mittelpunkt dieses unerschöpflichen und unbeschreiblichen Romans steht die Stadt Baku. Beginnend in den 70er Jahren und durchwirkt von autobiografischen Elementen, knüpft Goldstein um diese faszinierende Stadt am Kaspischen Meer ein uferloses Netz an Geschichten, das sich bis hin zu seinen Erfahrungen als Immigrant in Israel zu Beginn dieses Jahrtausends spannt. Er erzählt das jüdische Schicksal in der Levante und in Europa sowie die Verflechtung von Juden, Muslimen und Christen, die mal friedlich Seite an Seite leben, mal sich in Raub- und Mordorgien rauschhaft bekämpfen. Abenteurer, Dichter, Mönche, Mörder, Stierkämpfer, Gladiatoren, Frauen, Freundinnen und Flittchen bilden ein arabeskes Mosaik.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.04.2017

Rezensent Oleg Jurjew hält es für möglich, das deutsche Leser von Alexander Goldsteins Roman den sowjetischen Intellektuellen nach der Lektüre besser verstehen, auch wenn sie notwendigerweise nicht jede Anspielung oder Persiflage im Buch begreifen. Interesse und minimale Vorbereitung genügen laut Rezensent, um dieses "Denkmal" für die achtziger Jahre in der Sowjetunion mit Vergnügen zu lesen. Als gescheitert gilt dieses "Großprojekt" für Jurjew höchstens weil es in eine Zeitenwende fiel. Der schnelle Wechsel von Geschichten, Personen, Zeiten und Orten im Buch jedoch erscheint ihm als willkommene Herausforderung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 07.03.2017

Erschöpft berichtet Rezensentin Christine Hamel von ihrer Lektüre dieses Romans, den sie weder zusammenfassen noch nacherzählen kann: Zu wild, zu verwegen sei dieses Buch, zu ungeformt auch, wie in einem "Bienenstock" fliegen Figuren und Geschichten ein und aus. Entsprechend der Biografie Alexander Goldsteins, der in Tallinn geboren, in Baku aufgewachsen und in Israel gestorben ist, befinden wir uns in Aserbaidschan und in Israel, Dichter, Philosophen und Gladiatoren bekommen ihren Auftritt, es erklingen Sufi-Mystik und russische Knastlieder. Hier breche sich ein unglaublicher Beschreibungsfuror Bahn, staunt die Rezensentin, die wohlwollend von einer "Poetik der Überforderung" spricht. Denn obwohl sie sich auch ärgert hat über all das Ungeformte und Eilfertige, so ist sie doch beeindruckt von der Sprachgewalt dieses Autors, der sich allem "Gestanzten" widersetzt und dessen Bilder wie Fächer aufgehen und dem Leser frischen Wind zuwedeln.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.01.2017

Rezensentin Nicole Henneberg kann es fast nicht glauben angesichts der erzählerischen Güte dieses Romans: Aber seinen eigenen Ton aus Wissen und Überschwang, Lebenslust und innerer Freiheit, meint sie, hat der in der vierten Emigration lebende Alexander Goldstein gerade erst gefunden. Eine "leuchtende Zumutung", die den Vergleich mit Peter Nadas "Parallelgeschichten" erlaubt, ist der Text für sie durch seine Genauigkeit und psychologische Feinheit, seine politische Prägnanz und seinen historischen Scharfblick auf die Brüche des russischen Imperiums. Von Baku aus betrachtet der Erzähler laut Henneberg das katastrophische russische 20. Jahrhundert, löst die Linearität auf und bewegt sich Geschichten aneinanderreihend frei durch Raum und Zeit. Sprachlich und psychologisch scheint das der Rezensentin (auch in der Übersetzung von Regine Kühn) so brillant, dass sie mitunter den Kontext vergisst und einfach lauscht. Ein süchtig machender Text, findet sie.
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