Alex Ross

The Rest is Noise

Das 20. Jahrhundert hören
Cover: The Rest is Noise
Piper Verlag, München 2009
ISBN 9783492053013
Gebunden, 703 Seiten, 29,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Eine Erzählung lässt uns die Geschichte des 20. Jahrhunderts über seine Musik neu erleben. Alex Ross, Kritiker des New Yorker, bringt uns aus dem Wien und Graz am Vorabend des Ersten Weltkriegs ins Paris und Berlin der Goldenen Zwanziger Jahre, aus Hitler-Deutschland über Russland ins Amerika der Sechziger und Siebziger Jahre. Er führt uns durch ein labyrinthisches Reich, von Sibelius bis Lou Reed, von Mahler bis Björk. Und wir folgen dem Aufstieg der Massenkultur wie der Politik der Massen, den dramatischen Veränderungen durch neue Technologien genauso wie den Kriegen, Experimenten, Revolutionen und Aufständen der zurückliegenden hundert Jahre.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.02.2010

Fast hätte der Autor Wolfgang Sandner eingewickelt. Der Assoziations- und Bildungsreichtum dieser Musikgeschichte, die Fähigkeit des Autors Alex Ross, sein Thema mit historischen, kulturpolitischen, philosophisch-psychologischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen zu garnieren, seine erzählerischen Qualitäten, zum Beispiel die, aus alten Fotografien Szenen entstehen zu lassen, seine umfassende musikalische Schulung schließlich - all dies schien Sandner schon unwiderstehlich. Doch dann schlichen sich Zweifel ein. Zweifel an der anekdotischen Verquickung von Sachurteilen und Historisch-Sozialem, Zweifel angesichts von Ross' üppigen Sprachbildern, die allzu oft über die präzise Aussage triumphieren, wie Sandner erklärt. Zweifel schließlich auch, weil beim Rezensenten der Verdacht aufkommt, unter der "Tarnkappe blühend-progressiver Sprache" verberge sich ein "konservativer amerikanischer Geist" (Sandner entdeckt "unterschwellige Vorurteile" gegen deutsche Musik). Dieser Autor hätte einen "kompetenten Gegenleser" verdient, schließt Sandner bedauernd.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.11.2009

Jürgen Gräßer ist absolut begeistert von Alex Ross' Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Der amerikanische Musikkritiker widmet sich gleichermaßen der so genannten ernsten und der populären Musik, verknüpft Komponisten und ihre Werke erhellend mit dem politischen und gesellschaftlichen Kontext und macht überraschende Parallelen auf, schwärmt der Rezensent. Er ist hingerissen von den anschaulichen, atmosphärisch dichten und originellen Darlegungen des Autors und findet besonders die "überraschenden Querverweise", die Ross bietet, faszinierend. Hinweise auf spezielle Aufnahmen, ein erklärendes Glossar und Links zu Hörbeispielen durch den Verlag im Internet machen sein Rezensentenglück perfekt. Lediglich die deutsche Übersetzung ist nicht frei von Fehlern, wie Gräßer durchblicken lässt, aber das tut seiner Begeisterung keinen Abbruch.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.10.2009

Ein "trotz des großen Umfangs schwungvolles und geschickt gebautes Buch" hat Alex Ross mit seiner Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts geschrieben, weiß Rezensent Tobias Lehmkuhl. Diese beginnt mit Richard Strauss und endet vor den Beatles, liest er und stellt fest, das Rock und Pop in diesem Band gänzlich fehlen - eine Begrenzung, die Lehmkuhl als gelungene Textökonomie deutet. Angenehm angetan ist er auch von den Beziehungen, die Ross zwischen "klassischer" und "populärer" Musik aufmacht: Die Intromusik zu "Tom und Jerry" etwa ist auch zu Teilen Zwölftonmusik, erfährt man. Als Makel des Buches konstatiert Lehmkuhl einen mitunter herrschenden Schematismus in den Beschreibungen Ross' und ein doch "etwas dünnes" Ende. Das will er allerdings nicht als Kritik am Autor verstanden wissen, sondern als notwendige Konsequenz des Materials, bei dem Steve Reich eben nicht so relevant ist wie Arnold Schönberg und darum auch nicht so viel Platz einnehmen darf. Dass er sich auch auf der Website des Buchs durch die Hörbeispiele klicken konnte, das hat für Lehmkuhl die Attraktivität von Ross' Musikgeschichte, die ihn auch so gut unterhalten hat, schließlich noch gesteigert.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.10.2009

"Also, es nervt", begrüßt Rezensent Volker Hagedorn die deutsche Ausgabe dieses Buchs über die Musik des 20. Jahrhunderts, die der 1968 geborene Musikkritiker des "New Yorker" unter dem Begriff "Lärm" subsumiere. Darin fahndet Roos dem Rezensenten zufolge speziell nach den "bösen Deutschen", die der Musik die Melodie geraubt hätten, weshalb für Ross beispielsweise heute Helmut Lachenmann für den Deutschen als Avantgardist "der gnadenlosen Schule" stehe, "die keine Gefangenen macht". Allerdings lassen Hagedorns Ausführungen vermuten, dass Ross selbst keine Gefangenen macht, lassen speziell die Ausführungen zu Schönbergs Zwölftonmusik aufhorchen, die Ross in die Nähe totalitärer Systeme zu rücken scheint. Und obwohl Hagedorn versichert, dies alles sei nicht so penetrant gedacht und geschrieben, wie es klinge, vernebeln diese ideologisch beleuchteten Musik-Mosaiksteine für ihn ein wenig die unfassbare Vielfalt der modernen Musik im 20. Jahrhunderts. Auch scheint es kleine Fehler zu geben.