Fran Ross

Oreo

Roman
Cover: Oreo
dtv, München 2019
ISBN 9783423281973
Gebunden, 288 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Pieke Biermann, mit einem Schlüssel für Schnellleser, Antikenferne etc., Anmerkungen, Glossar und einem Nachwort von Max Czollek. Christine ist sechzehn, hat eine schwarze Mutter und einen jüdischen weißen Vater und wächst auf in Philadelphia, verspottet als "Oreo" (wie der Keks) - eine doppelte Außenseiterin. Der Vater hat sich früh aus dem Staub gemacht und ihr ein Geheimnis hinterlassen, für dessen Lösung sie ihn finden muss. Auf nach New York! Unterwegs trifft sie unglaubliche Leute: einen schwulen "Reisehenker", der anonym Manager feuert, einen Radio-Macher, der nicht spricht, einen grotesk tumben Zuhälter und endlich auch ihren Vater. Nicht jeder ist ihr wohlgesinnt. Aber Oreo überlebt alle und alles dank ihres selbsterdachten Kampfsports WITZ, getreu ihrem Motto: "Niemand reizt mich ungestraft." Oreo folgt der Theseus-Sage mit all ihren Volten bis zum letzten irrwitzigen Twist, dem Vatergeheimnis. Aber der antike Held ist heute jüdisch, schwarz und weiblich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2020

Verena Lueken sieht in Fran Ross' Roman von 1974 eine willkommene Erweiterung des schwarzen Kanons. Lueken empfiehlt sowohl die Lektüre "in einem Rutsch" als auch die Lektüre "in Schleifen", um den Groove der satirischen Geschichte um Christine, Tochter einer Schwarzen und eines weißen Juden aus Phillie, zu erfahren. Sog entwickelt die Story, die alle Reinheitskonzepte alt aussehen lässt, laut Lueken durch sprunghafte Kapitel, überbordende Sequenzen und allerhand kuriose Geschehnisse, vor allem aber durch eine verspielte Sprache aus Slang und Fantasieidiom und mit viel Wortwitz, die Pieke Biermann wunderbar übersetzt, wie Lueken versichert.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 13.03.2020

Die hier rezensierende Schriftstellerin Antje Rávik Strubel ist hin und weg von diesem 1974 erschienenen Roman: Oreo, eigentlich Oriole, später Christine, ist das Kind einer jüdisch-schwarzen Familie. Hautfarbe ist natürlich ein Thema, ebenso wie die Frage, wie schwarz jemand ist, der halb weiß ist (und umgekehrt). Die Autorin Fran Ross, selbst Tochter einer schwarzen Mutter und eines jüdischen Vaters, erzählt die Geschichte des Mädchens, das zu einer äußerst selbstbewussten jungen Frau heranwächst, die auf der Suche nach ihrem Vater allerlei Abenteuer bestehen muss, mit unglaublichem Sprachwitz, so die begeisterte Rezensentin. Jede Figur hat dabei ihren eigenen Sprachtick, erklärt Strubel, sprachliche Grenzen und Stereotype hebelt Ross mit "zahllosen Sprachspielen, Lautmalereien und Wortfindungsreichtum" auf. Dass Pieke Biermann dieses Sprachkunstwerk dann auch noch kongenial übersetzt hat, macht das Glück der Rezensentin vollkommen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.01.2020

Rezensentin Maike Albath staunt, wie kongenial Pieke Biermann die überbordende Sprachlust von Fran Ross abbildet, die sich weder um Sprach- noch um Milieugrenzen scherte in ihrem Debütroman von 1974. Herrlich überdreht scheint Albath der Text aber nicht nur verbal, sondern auch inhaltlich, was ihn für sie zu einem seiner Zeit vorauseilenden satirischen, feministischen Schelmenroman macht, einer Art Antwort auf James Baldwin. Jiddische und afroamerikanische Kultur mischend und sich um keinerlei politisches Korrektheitsgebot scherend, so Albath, lässt Ross ihre Hauptfigur als "Wiedergängerin des antiken Helden Theseus" durch New York toben, gekonnt Gewissheiten und Empfindlichkeiten missachtend, ambigue, charmant.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 21.12.2019

Oreo, Tochter eines weißen Juden und einer Schwarzen aus Philadelphia, macht sich als Jugendliche auf die Suche nach ihrem verschwundenen Vater und wird dabei zu einer weiblichen Theseus-Aktualisierung, fasst Rezensentin Antje Rávic Strubel die Geschichte dieses Romans zusammen. Zu Recht gelte Buch von 1974 heute als eine der wichtigsten Satiren der schwarzen Literatur, weshalb sich die Rezensentin freut, dass es jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt. Da die Sprache selbst hier zur Hauptfigur werde, kann die Kritikerin sich vor der Übersetzerin Pieke Biermann nur verneigen: Sie habe es geschafft, all die "sprachtrunkenen" Fantastereien der Autorin so ins Deutsche zu übertragen, dass man jetzt auch hier erfahren kann, inwiefern Sexismus und Rassismus immer mit Sprache verwoben sind. "Oreo" etwa sei in den USA in Anspielung auf den schwarzen Keks mit der weißen Cremefüllung eine abfällige Bezeichnung für Schwarze, die es ins weiße Establishment geschafft haben - bei Weitem nicht der einzige sprachliche Kunstkniff, verspricht die begeisterte Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.10.2019

Hymnisch bespricht Rezensentin Fatma Aydemir diesen Roman der afroamerikanischen jüdischen Autorin Fran Ross, der 1970 in den USA erschienen nun erstmals auf Deutsch vorliegt. Für die Kritikerin ist Ross definitiv die "schrägste" der aktuell wiederentdeckten Autorinnen: Wenn sie hier Ross' Heldin Christine, wie die Autorin Tochter einer Afroamerikanerin und eines Juden, durch das Amerika der Fünfziger folgt, Männer betörend und verprügelnd und den verschwundenen Vater suchend, amüsiert sich die Kritikerin nicht nur über den "schwarzen Humor" und den zwischen Slang, Jiddisch und Fantasiesprache switchenden Sound der Autorin. Mehr noch bewundert sie Cool- und Sexiness der Heldin, die laut Aydemier Pynchon- und Foster-Wallace-Protagonisten in den Schatten stellt. Ein wunderbar absurdes, "leidenschaftliches" Buch, das von einem klugen Nachwort von Max Czollek abgerundet wird, schließt die Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 26.09.2019

Rezensentin Gabriele von Arnim ist hellauf begeistert von Fran Ross und ihrem Kult-Roman "Oreo". Bei seiner Ersterscheinung in den 1970ern war der Roman ein Flopp. Erst an die 40 Jahre später wurde er wiederentdeckt und erlangte Kultstatus. Pieke Biermann hat ihn nun mit sehr viel Feingefühl ins Deutsche übertragen, was laut von Arnim eine Menge Mut und sprachliches Geschick voraussetzte, denn "Oreo" ist wie sie erklärt die romangewordene Vielfalt: flapsig und kunstvoll zugleich, leichtfüßig und trotzdem mit Tiefgang, hochgebildet und doch roh, außerdem voller historischer und literarischer Anspielungen, kurz: "ein Wunder", so die Rezensentin. Die Hauptfigur wird aufgrund ihrer Herkunft und Hautfarbe "Oreo" (nach dem schwarz-weißen Keks) genannt - ein junges Mädchen, das sowohl jüdische als auch afrikanische Wurzeln hat. Mit 16 Jahren begibt sie sich auf die Suche nach ihrem Vater und erlebt auf dem Weg allerlei Abenteuer. "Eine frühe Feministin" und "Superheldin", freut sich von Arnim.