Sudhir Venkatesh

Underground Economy

Was Gangs und Unternehmen gemeinsam haben
Cover: Underground Economy
Econ Verlag, Berlin 2008
ISBN 9783430200196
Gebunden, 336 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Christoph Bausum. "Was ist es für ein Gefühl, schwarz und arm zu sein?" Bewaffnet mit seinem Klemmbrett und Fragen wie dieser zieht Sudhir Venkatesh eines Tages los, um das Leben in einem berüchtigten urbanen Ghetto in den USA zu erforschen. Als ihn dort eine Gruppe Jugendlicher eine Nacht lang gewaltsam festhält, merkt er, dass er mit diesem Ansatz nicht weit kommen wird - und denkt um: Fast zehn Jahre lang kommt er immer wieder, lebt praktisch im Ghetto. Er freundet sich mit dem Anführer der Drogengang an und erhält so Einblicke in das Leben am Rand der Gesellschaft. Sein Buch ist eine Reportage aus einem Viertel, in dem mehr als 90 Prozent der Bewohner von Sozialhilfe leben. Wie lebt eine Gemeinschaft, die von Polizei, Regierung und städtischen Institutionen weitgehend aufgegeben wurde? Was sind die wirtschaftlichen Mechanismen in diesem Umfeld, wer kann womit Geld verdienen - und wie arbeitet eine Gang von Drogendealern?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.12.2008

Der damals in Chicago - heute an der New Yorker Columbia-Universität - lehrende Soziologe Sudhir Venkatesh ging in den frühen Neunziger Jahren auf Feldforschung. Weit war der Weg nicht vom Campus der Universität zu den Sozialprojekt-Hochhäusern von Chicago, gegangen war ihn vorher dennoch noch keiner. Venkatesh hat seine Erfahrungen seitdem in verschiedener Form verarbeitet - als rein wissenschaftliches Buch, als populären Bericht, als Fernsehfilm -, was schon klar macht: sie zu machen hat sich gelohnt. Venkatesh wurde nämlich zum engen Vertrauten eines der Gangleader der Projekts und erhielt so sehr präzise Einblicke in das Funktionieren dieser von der offiziellen getrennten, ihr freilich nicht unähnlichen Sonder-Ökonomie. Etwas irreführend findet der Rezensent Stephan Loichinger dennoch den deutschen Untertitel: Einen Vergleich zwischen den Ökonomien nehme der Autor hier nicht vor. Daran, dass ihm der Band hoch interessante Einsichten vermittelt hat, ändert das aber nichts.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.12.2008

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Arno Widmann von der Welt, in die ihn Sudhir Venkatesh, Professor für Soziologie und Afroamerikanische Studien an der Columbia University, entführt. Ein Soziologiestudent zieht vom geschützten Chicagoer Seminar hinaus ins Feld des afroamerikanischen Underground, das nur einen Steinwurf entfernt auf der anderen Straßenseite beginnt. Doch den Fragebogen muss er bald zur Seite legen, als er in die Hände einer Drogengang fällt. Nun lernt er die Welt aus Drogen, Prostitution und Gewalt hautnah kennen, aus dem Statistiker wird ein teilnehmender Beobachter. Er berichtet von einer Welt, die dem Rezensenten trotz ihrer Alltäglichkeit exotisch fern vorkommt. Doch ein Märchen ist es nicht, das Sudhir Venkatesh hier erzählt: Die Geschichte des jungen, in Indien geborenen und in den USA aufgewachsenen Soziologiestudenten ist seine eigene. Was Venkatesh über die Ähnlichkeit von Gangs und Unternehmen zu sagen hat, verrät der Rezensent jedoch leider nicht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.11.2008

Mit großem Interesse hat Rezensentin Katharina Döbler das Buch des indischstämmigen amerikanischen Soziologen Sudhir Venkatesh gelesen, das ihren Informationen zufolge mehrfach ausgezeichnet worden ist. Denn es zeichne ein sehr präzises Bild von ökonomischen Strukturen und Machtverhältnissen im Ghetto am Beispiel der übervölkerten Hochhaussiedlung "Robert Taylor Homes" in der Chicagoer South Side. Auch die Methode der Datenerhebung für diese Untersuchung beeindruckt die Rezensentin: Sudhir Venkatesh hatte während der 90er Jahre fast ein Jahrzehnt in Begleitung und unter dem Schutz eines lokalen Bandenchefs recherchiert. Die in der Studie herausgearbeiteten Parallelen zwischen Ghetto-Ökonomie und Freier Marktwirtschaft fand die Rezensentin ebenfalls mehr als bemerkenswert.
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