William Gaddis

Das mechanische Klavier

Roman
Cover: Das mechanische Klavier
Manhattan Verlag, München 2003
ISBN 9783442545513
Gebunden, 120 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Marcus Ingendaay. Über fünfzig Jahre hatte Gaddis Material zu einem Werk über die Mechanisierung der Kunst gesammelt, wie er sie in der Erfindung des mechanischen Klaviers im späten 19. Jahrhundert symbolisiert sah. In den Jahren vor seinem Tod komponierte er aus der Fülle seiner Aufzeichnungen den dramatischen Monolog eines sterbenden Schriftstellers, dessen Gedanken auf dem Krankenlager unablässig um das Buch kreisen, das er noch zu vollenden hoffte. In imaginierter Zwiesprache mit Dichtern und Denkern vergangener Epochen versucht er zu zeigen, wie beispielsweise eine "Kommerzmaschine" wie das mechanische Klavier den Niedergang der Künste ebenso symbolisiert wie selbst beschleunigt hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.09.2003

Noch bevor Gaddis überhaupt seinen ersten Roman veröffentlicht hatte, das war in den 50er Jahren, weiß Uwe Pralle, sammelte dieser Beweismaterial für seinen Feldzug gegen das "player piano" und die Mechanisierung der Künste. Auch wenn der Essay nie erschienen sei, habe Gaddis diesen Prozess trotzdem geführt, indem er ihn in seine Romane verlagert habe. Der jüngste Roman, der nun auf Deutsch vorliegt, wurde von Gaddis kurz vor dessen Tod 1998 fertiggestellt und ist seltsamerweise, so Pralle, einer der "kürzesten und leichthändigsten Romane" Gaddis' geworden. Der Roman sei ein bissiger, polemischer Monolog eines ans Bett gefesselten alten Mannes, der in seinen Papieren über das Pianola stöbert und dabei mit der amerikanischen Technikbesessenheit abrechnet, erläutert der Rezensent. Gaddis' eigene Klaviatur dagegen ist alteuropäisch gestimmt, berichtet Pralle schwer beeindruckt von dem paradoxen Gemisch aus marxistischer Kapitalismuskritik und nietzscheanisch-elitärem Kunstverständnis. In jedem Fall aber ein interessantes Crossover, stellt Pralle in Bezug auf die von Gaddis querbeet zitierten Zeugen in Sachen Modernitätskritik fest, und durch Gaddis' Bissigkeit habe dieser Monolog eine ganz besondere Zugkraft.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 27.05.2003

Als ähnlich schwierig und unzugänglich wie Thomas Pynchon charakterisiert Rezensent Sebastian Domsch den vor fünf Jahren verstorbenen Autor William Gaddis, dessen letzter Roman "Das mechanische Klavier" nun auf deutsch vorliegt. Aufgrund seiner für Gaddis verblüffenden Kürze empfiehlt Domsch das Werk als Einstieg in das komplexe literarische Universum des von Jonathan Franzen als "Mr. Difficult" bezeichneten Schriftstellers. Denn der Roman, obschon äußerst dicht, komplex und vertrackt, bleibt zur Freude Domschs bis zum Schluss "erstaunlich gut lesbar". Im inneren Monolog eines Mannes, der, seiner tödlichen Krankheit zum Trotz, nach Thomas Bernhard Manier noch eine Arbeit über die Mechanisierung der Künste vollenden will, stelle Gaddis "meisterhaft" das "Zerfasern der Welt im Denken eines Menschen" dar. Domsch beschreibt "Das mechanische Klavier" als konzentrierte Quintessenz von Gaddis' Schaffen, als "ironisch resignierendes Resümee seines lebenslangen Ringens um Literatur, Kunst, Wahrheit und letztlich das Leben selbst".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.03.2003

Georg Klein preist diejenigen Leser "glücklich", die den Roman, einen rund hundert Seiten langen Monolog eines sterbenden Schriftstellers, im amerikanischen Original lesen können. In der Rede des todkranken Schriftstellers geht es um sein Projekt, eine Geschichte des mechanischen Klaviers zu schreiben, informiert Klein. Er weiß auch, dass Gaddis selbst mit einem ähnlichen Unternehmen beschäftigt war, dessen Ergebnis er aber bereits 1951 als Artikel veröffentlicht hatte. Der Rezensent ist voll Bewunderung für die "radikale Rücksichtslosigkeit" mit der der Monolog auf alle epische Breite verzichtet, und sich damit ganz "elitär" nur an "Eingeweihte" richtet. Zudem ist Gaddis' Schriftsteller weit entfernt von den aus der deutschsprachigen Literatur bekannten "Nörglern", so Klein angetan. Mit der deutschen Übersetzung allerdings kann sich der Rezensent ganz und gar nicht anfreunden. Er gibt viele Beispiele für seiner Meinung nach verfehlte Übersetzungen, wobei er sich besonders über die Stellen aufregt, bei denen der Übersetzer zu "rhetorischen Hilfestellungen" greift und mehr erklärt als Gaddis selbst. Dies moniert der Rezensent als "aufdringliche Besserwisserei". Er sieht zudem durch den Hang der Übersetzung zu "modischer Gegenwärtigkeit" das "erzählerische Pathos" der Hauptfigur gefährdet.
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