Sebastian Kiefer

Was kann Literatur?

Cover: Was kann Literatur?
Droschl Verlag, Graz 2006
ISBN 9783854206989
Kartoniert, 184 Seiten, 15,50 EUR

Klappentext

Eine kämpferisch-radikale Attacke gegen die Beliebigkeit von Behauptungen in der Literaturkritik. "Der werdende Dichter hat nichts, letztlich nicht einmal sich selbst, sondern nur den Satz und seine Erscheinungsweisen, das spannungsvolle Verhältnis des Satzes zu unseren Vorstellungen von ihm und zu seinen Teilen, die den Aufstand proben." Diese Erkenntnis ist die Grundlage einer Untersuchung, in der Sebastian Kiefer vorführt, wie Literatur zu betrachten und zu bewerten wäre, würde ihr dieselbe methodische Aufmerksamkeit zuteil werden wie den anderen Künsten, etwa der Musik und der Malerei. Anders als die Bildende Kunst hat die Literatur nie eine systematische und vor allem: bleibende Modernisierung erlebt; die Grundlagen für poetisches Sprechen sind seit Klopstock und Hölderlin kaum ernsthaft untersucht und noch viel weniger ernst genommen worden. Sebastian Kiefer führt in Detailstudien an Hölderlin, Gertrude Stein, Brecht, Bobrowski, Priessnitz und Schmatz vor, wie Poesie (das Machen, Verfertigen!) als eine besondere Arbeitsweise am Satz adäquat zu lesen und zu verstehen ist. Er plädiert in echter Bauhaus-Manier für einen "Ton-Satz-Unterricht", in dem "Satz-Modelle im historischen Bedingungsfeld" erlernt und angewendet werden sollen, was nichts anderes heißt, als das Verhältnis von Laut, Körper, Bewusstsein und Welt jeweils neu zu organisieren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.09.2006

In Zukunft muss jedes Lob von Bertolt Brecht und Paul Celan erst einmal Sebastian Kiefers Kritik der beiden widerlegen, meint Thomas Poiss, und betont damit die Bedeutung, die Kiefers "wuchtig wie brillante" Aufsätze seiner Meinung nach haben. Die Grundeinheit, an der Kiefer die Kunsthaftigkeit der Literatur untersucht, ist der Satz. Kann dieser weder in seiner sprachlichen Bezugnahme noch in der Melodie als "Ton-Satz" Originalität vorweisen, so gehört dieser für Kiefer nicht mehr zur Literatur. Poiss kann all diesem offenbar zustimmen, von der Methode über das Lob Klopstocks als Sprachrevolutionär bis hin zur Bewunderung von Hölderlin und Getrude Stein.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.08.2006

Polemisch ist das schon, dogmatisch auch und lehrreich sowieso, meint Nicolai Kobus in einem durchaus selbstkritischen Moment. Denn schließlich geht, was Sebastian Kiefer hier über Literatur und den Umgang mit ihr zu sagen hat, nicht zuletzt gegen die Kritik und ihre erstarrten Manierismen. Macht nichts, denkt der Rezensent, im Gegenteil. Den Vorschlag, Literatur wieder substanzieller zu betrachten, als Möglichkeit, "konventionelle Satzerwartungen zu unterlaufen", will Kobus sich zu Herzen nehmen. Dass Kiefer aus dieser Perspektive "sprachanalytisch grundiert" und "erkenntnistheoretisch abgefedert" mit einer wesentlich syntaktisch konformen Literaturgeschichte abrechnet, lässt er dem Autor durchgehen, weil er es mit "polemischer Verve" tut. Dogmatisch findet er die Missachtung anderer literarischer Spielarten aber dennoch. Nur fühlt er sich durch diese hier immerhin aufgefordert, über Literatur nachzudenken.
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