Sascha Anderson

Totenhaus

Novelle
Cover: Totenhaus
Gutleut Verlag, Frankfurt am Main und Weimar 2006
ISBN 9783936826609
Kartoniert, 142 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Illustriert von Lois Weinberger. Mit einem Interview mit Sascha Anderson. Die verfallenden Häuser, die sich leerenden Wohnungen, die sich abwärts abarbeitende utopisch hohle Staatsmaschinerie, der Fluss und die vom Virus des vergesellschafteten Menschen befallene sächsische Industrie- und Weinbergslandschaft bilden - typisch Dresden - eine zwischen Impression und Expression changierende Kulisse dieser selbst tagsüber gleißend dunklen, gegen jede Fließ- und Laufrichtung anschwimmenden Kriminalnovelle, in deren Zentrum - einer gegenstrebigen Fügung gleich - die Geschichte der Liebe zwischen Friedrich und Enna steht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.12.2006

Sascha Anderson meldet sich mit der Novelle "Totenhaus" als Schriftsteller zurück und bleibt inhaltlich wie formal dennoch dem Thema des Verrats verhaftet, stellt Martin Lüdke fest. In seiner vor vier Jahren veröffentlichten Biografie hatte er nicht nur seine Kindheit und Jugend, sondern auch seine Stasi-Tätigkeit ohne große Beschönigung beschrieben, in seinem jüngsten Buch nun erzählt er vom fiktiven Stasimitarbeiter Friedrich Weisz, der Mitte der 80er Jahre vom Prenzlauer Berg nach Dresden, in die Stadt seiner Kindheit reist und sich seinen Erinnerungen preisgibt, fasst der Rezensent zusammen. Obwohl Anderson im Klappentext einen autobiografischen Hintergrund der Novelle bestreitet, lässt sich der Text dennoch als "ästhetische Konstruktion" auch der eigenen Erfahrungen des Autors begreifen, insistiert Lüdke. Als literarisches Dokument eines "doppelten Verrats", der sich jedweder Erklärung oder Psychologisierung verweigert, ist das Buch auch Zeugnis der "schizophrenen" Situation des Verräters, meint der Rezensent, und er hält durchaus positiv fest, dass wenn Anderson auch seinen Makel als Spitzel nie verlieren wird, ihm zumindest die Fähigkeit bleibt, sich literarisch damit auseinanderzusetzen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.12.2006

Gewiss nicht vermisst hat Jörg Magenau den Lyriker und Ex-Stasispitzel Sascha Anderson, der sich mit der Novelle "Totenhaus" als Autor zurückmeldet. Er rekapituliert noch einmal den Fall des ehemaligen IM des Ministeriums für Staatssicherheit, der 1991 von Wolf Biermann unter großer Anteilnahme der Medien enttarnt und als Arschloch gebrandmarkt wurde. Eine "Art alter Ego" des Autors erblickt Magenau im Held seines neuen Buchs, Friedrich Weisz, der als IM Mitte der 80er Jahre in West-Berlin lebt, sein Geld mit Texten für Schlager, aber auch mit Diensten für die Stasi verdient. Immerhin attestiert er Anderson, nicht aus Langeweile zu schreiben. Das Buch hat ihn gleichwohl nicht überzeugt: das Geschehen undurchsichtig, die Episoden zusammengeschustert, und alles symbolisch überhöht. Das Geheimnisvolle, Undeutliche, des Textes mutet Magenau wie das "erzählerisches Kalkül einer Avantgarde von vorgestern" an. Insgesamt wirkt der Stil des Buchs auf ihn wie komplizierte "Geheimdienstprosa". Anderson scheint ihm damit nahe legen zu wollen, wer so schreibe, von dem könne auch die Stasi nicht viel erfahren haben.
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