Sabine Becker

Neue Sachlichkeit

Band 1: Die Ästhetik der neusachlichen Literatur (1920-1933). Band 2: Quellen und Dokumente. Habil.-Schr.
Cover: Neue Sachlichkeit
Böhlau Verlag, Köln 2000
ISBN 9783412156992
Gebunden, 905 Seiten, 96,12 EUR

Klappentext

Während "Neue Sachlichkeit" als Stilrichtung der Weimarer Republik bislang fast ausschließlich auf die Malerei und Architektur bezogen wurde, beschäftigt sich dieses Werk mit der neusachlichen Literatur. An programmatischen Texten - u.a. von Alfred Döblin, Erich Kästner, Egon Erwin Kisch, Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger - wird erstmals gezeigt, dass schon in den frühen 20er Jahren ein Diskurs um "Sachlichkeit" in der Literatur einsetzt, der unabhängig von der bildenden Kunst zu sehen ist. Im untersuchenden Teil arbeitet Sabina Becker die ästhetischen Mittel und die Programmatik neusachlicher Literatur (z.B. Antiexpressionismus, Reportagestil, Präzisionsästhetik, Entsentimentalisierung) heraus. Der Quellenband dokumentiert die zentralen programmatischen Texte und lässt die verschiedenen Positionen, Erklärungsmuster und Definitionen von "Neue Sachlichkeit" aus dem zeitgenössischen Verständnis heraus deutlich werden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.09.2001

Für Helmuth Kiesel ist die Autorin so etwas wie die Retterin der germanistischen Zunft. Deren vermeintliche Gegenstandslosigkeit widerlege die Autorin, so Kiesel, indem sie zeige, was zum Thema Neue Sachlichkeit alles nicht getan worden sei, und indem sie eine "solide Basis" biete für die weitere Reflexion neusachlicher Literatur. Bemerkenswert findet der Rezensent die Vorgehensweise: Nicht nur der Versuch, den Diskurs der 20er Jahre zum Thema derart umfassend zu rekonstruieren, imponiert ihm, sondern auch die Bemühung, die Neue Sachlichkeit nachdrücklicher als bisher als "ausdifferenziertes poetologisches Konzept" und "Schlussstück der klassischen Moderne" nachzuzeichnen. Die Lobeshymne des Rezensenten indes nimmt kein Ende: Dass es der Autorin mit ihrer Arbeit gelingt, eingebürgerte Ansichten, etwa über den Beginn des Sachlichkeitsdiskurses oder über die These von dessen Unmenschlichkeit und Kälte, zu revidieren, freut Kiesel sichtlich, der sich schon die Hände reibt, um, ausgehend von diesem "Standardwerk", die Realisierung der Neuen Sachlichkeit in literarischen Werken erneut in den Blick zu nehmen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.02.2001

Ulrike Baureithel geht ziemlich hart mit dem Buch ins Gericht. Zunächst einmal stört es sie enorm, wie die Autorin die gesamte Sekundärliteratur der letzten dreißig Jahre als "wenig erkenntnisreich erledigt". Außerdem schlicht nicht überzeugend findet sie, dass Becker die "ästhetischen Merkmale", die sie der Neuen Sachlichkeit zuschreibt, allein aus der Literatur ohne Berücksichtigung von anderen Künsten "destillieren" will. Denn ein richtiges ästhetisches "Programm" lässt sich nach Meinung der Rezensentin bei der "krampfartigen" Isolierung des literaturwissenschaftlichen Diskurses gar nicht herausfiltern. Ihre Beschränkung auf die Betrachtung der Literatur "rächt" sich dann auch, wie die Rezensentin meint, zumal Becker kaum auf die literarischen Texte als solche eingehe. Und so lautet ihr abschließendes Urteil, dass sich der Terminus Sachlichkeit nicht als "poetische Kategorie" verwenden lässt, nicht zuletzt weil es ihn schon viel länger gebe als seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Einzig, dass die Autorin mit dem verbreiteten Vorurteil aufräumt, die Gegner der Neuen Sachlichkeit seien allein unter den "Linken" zu finden gewesen, hebt die Rezensentin lobend an der Studie hervor.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.12.2000

Unser Rezensent mit dem Kürzel "rh" weist auf die Bedeutung des in den zwanziger Jahren "ungemein kontrovers geführten" literaturtheoretischen Diskurses hin, dem die beiden hier angezeigten Bände gewidmet sind. Gehe es auch um die Neue Sachlichkeit als literarische Bewegung, so seien die "notwendigen Verweise" auf ihre initiative Rolle in Architektur, Malerei, Kunsthandwerk usw. nicht ausgeschlossen worden. Den neusachlichen Literaturdiskurs findet "rh" umfassend rekonstruiert, analysiert und durch den zweiten Band der Ausgabe auch dokumentiert. - Ein Standardwerk und in der Tat "ein Stück Mentalitätsgeschichte der ersten deutschen Republik", lautet das Fazit der Kritik.