Robert Seethaler

Das Feld

Roman
Cover: Das Feld
Hanser Berlin, Berlin 2018
ISBN 9783446260382
Gebunden, 240 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Wenn die Toten auf ihr Leben zurückblicken könnten, wovon würden sie erzählen? Einer wurde geboren, verfiel dem Glücksspiel und starb. Ein anderer hat nun endlich verstanden, in welchem Moment sich sein Leben entschied. Eine erinnert sich daran, dass ihr Mann ein Leben lang ihre Hand in seiner gehalten hat. Eine andere hatte siebenundsechzig Männer, doch nur einen hat sie geliebt. Und einer dachte: Man müsste mal raus hier. Doch dann blieb er. In Robert Seethalers neuem Roman geht es um das, was sich nicht fassen lässt. Es ist ein Buch der Menschenleben, jedes ganz anders, jedes mit anderen verbunden. Sie fügen sich zum Roman einer kleinen Stadt und zu einem Bild menschlicher Koexistenz.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.07.2018

Katharina Granzin labt sich an der Tiefenentspannung, die von Robert Seethalers Buch ausgeht, genauer von den Toten und ihren Erzählungen. Denn, so lernt die Rezensentin, es macht einen Unterschied, ob ein Erzähler tot oder lebendig ist. Das hier berichtete Vergangene ist vorbei, stellt Granzin fest, und empfindet das als Entlastung, ebenso den fast heiteren, melancholischen Ton des Ganzen. Die große Gelassenheit der Toten, die hier das Wort haben und aus ihren Berichten ein ganzes Dorfleben auferstehen lassen, überträgt sich auf die Rezensentin. Seethalers Existenzialismus findet sie demokratisch, das Buch tröstlich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.06.2018

Rezensentin Judith von Sternburg gibt sich fasziniert dem Sog hin, den Robert Seethaler mit seinem Roman entfaltet. Das titelgebende "Feld" ist der Friedhof des fiktiven Ortes Paulstadt, erklärt Sternburg, auf dem die Toten zu sprechen beginnen, und sie erzählen natürlich nicht vom Tod, das ist ja verboten, sondern von ihrem gelebten Leben. Diese Stimmen fügt Seethaler zu einem Sittenbild des Ortes zusammen, auf dem alle ihren Platz finden, wie Sternburg meint: der dominante Bürgermeister, der verhuschte Mathematiklehrer, der wahnsinnige Pfarrer, das ertrunkene Kind. Das "gewaltige Vorbei" steht dabei über allem, betont Sternburg, doch am meisten beeindruckt sie, dass es auf die Reden der Toten keinerlei Antwort gibt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.06.2018

Rezensent Roman Bucheli hätte sich etwas weniger Understatement gewünscht von Robert Seethaler. Im Vergleich mit George Saunders' monumentalem Totengespräch schneidet Seethalers "Totengeschichtengalerie" für Bucheli recht nüchtern ab. Zu notdürftig der Rahmen der versammelten Lebensgeschichten, zu bieder diese selbst, meint Bucheli, auch wenn die Gestalten der jenseitigen Dorfgemeinschaft vom Bauer bis zum Bürgermeister durchaus Kontur gewinnen, wie er anerkennt. Nur selten entwickelt der Text eine burleske Wucht wie bei Saunders, findet der Rezensent. Wenn sich laut Bucheli eher beiläufig doch eine erzählerische Emphase zeigt, ist der Rezensent umso stärker beeindruckt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.06.2018

Andreas Platthaus könnte ewig weiterlesen in Robert Seethalers Reise ins Totenreich. Leider sind es "nur" 29 Tote, die der Autor zu Wort kommen und auszugsweise aus ihrem Leben berichten lässt, findet Platthaus. Auch wenn die Provinz, in der diese Toten lebten, kaum fassbar wird und Seethaler den Figuren immer die gleiche (seine) Stimme leiht, ihre miteinander verbundenen Geschichten werden für den Rezensenten umso plastischer. Seethalers Fantasie und Konstruktionsgeschick scheinen Platthaus einmal mehr bemerkenswert, ebenso sein reduzierter Ton. Und wie der Autor seinen Figuren Würde verleiht, sogar im Scheitern, berührt Platthaus tief.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.06.2018

Robert Seethalers Einfall, 29 Tote auf einem Friedhof in der österreichischen Provinz ihre gewonnenen Lebensweisheiten erzählen zu lassen, fand Rezensentin Iris Radisch nicht nur wegen seiner Originalität, sondern auch wegen der, wie sie findet, hervorragend nüchternen Umsetzung sehr beeindruckend. Unter den toten Allerweltsmenschen herrsche ein Konsens, den die Rezensentin in seiner Schlichtheit sehr beruhigend fand: Für die typischen "Modernisierungsverlierer" sei alles im Rückblick halb so wild. Dass sie aus den Erzählungen nach und nach auch noch die Topografie des Kleinstädtchens zusammensetzen konnte, zu dem der Friedhof gehört, empfand die Rezensentin als sehr gelungen. Insgesamt scheint Seethalers "sympathische literarische Abrüstung" Radisch Balsam für die Seele gewesen zu sein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.06.2018

Burkhard Müller findet das Konzept eigentlich reizvoll. Die Toten sprechen zu lassen, wie es der Autor macht, bedeute schließlich, dass Zeit, Raum und die feinen Unterschiede zwischen den Menschen unerheblich werden und der Erzähler überflüssig. Wenn Robert Seethaler das Totenpalaver eröffnet, wird aus dem einen großen Schicksal allerdings ein einziger Seethaler-Chor, bedauert Müller. Dass der Bürgermeister, der Obsthändler, die Mutter und der verstorbene Autohändler alle sämtlich wie ihr Autor klingen, macht die Sache für Müller dann doch zu einer langweiligen Lektüre, zumal der Figuren  viel zu viele sind, wie er findet. Auf die eigene Stimme kann eben doch kein ernstzunehmender Charakter verzichten, lässt er durchblicken.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 04.06.2018

Philipp Haibach kann den Kitschverdacht nicht vollständig ausräumen, was Robert Seethaler betrifft. Bei Seethalers neuem Buch geht es aber um etwas anderes, meint er. Das Kaleidoskop der Toten, das der Autor hier eröffnet, erscheint Haibach nämlich einfach zu umfangreich. Gleich dreißig Tote des Ortes Paulstadt, der Bürgermeister, der Verleger, der Journalist, kommen zu Wort, meint der Rezensent, und berichten vor allem von einem "beengtem" Leben. Seethalers lakonische Sprache aber variiert die Stimmen laut Haibach kaum. Das wäre laut Rezensent aber wünschenswert gewesen bei dieser Fülle an Schicksalen.