Robert Darnton

Die Zensoren

Wie staatliche Kontrolle die Literatur beeinflusst hat
Cover: Die Zensoren
Siedler Verlag, München 2016
ISBN 9783827500625
Gebunden, 368 Seiten, 24,99 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Enrico Heinemann. Der Zensor als systemtreuer, ignoranter Bürokrat, der einem autoritären, repressiven Staat dient und der Literatur erheblichen Schaden zufügt - dies ist das gängige Bild. Dass es jedoch viel zu kurz greift, beweist Robert Darnton in seiner fesselnden, glänzend recherchierten Darstellung. Der Historiker zeigt, nach welchen Mechanismen die Kontrolle von Literatur funktioniert hat und wer die Menschen waren, die dahinter steckten. Das vorrevolutionäre Frankreich, Indien zur Zeit der Kolonialherrschaft, das DDR-Regime - um sich dem Phänomen der Zensur zu nähern, blickt Robert Darnton auf unterschiedliche Zeiten und unterschiedliche Orte. Im Mittelpunkt seiner Studie steht die Person des Zensors, seine Arbeit, sein Selbstverständnis, seine Beziehung zu Autoren, Verlegern und Buchhändlern.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.07.2016

Robert Darnton nimmt in seinem Buch "Die Zensoren" eine ungewohnte Perspektive ein, verrät Martin Ebel. Er untersucht die Zensurpraktiken dreier Regime - der DDR, des Ancien Régime und Britisch-Indiens - wie sie sich für die Herrschenden selbst darstellten, erklärt der Rezensent. Der Perspektivwechsel führt letztendlich nicht zu einer wohlwollenderen Darstellung, so Ebel, aber er fördert einige bürokratische wie informelle Zusammenhänge zutage, die ansonsten leicht verborgen blieben, lobt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.05.2016

Was Zensur ist, erfährt Rezensent Gustav Seibt beim Buchhistoriker Robert Darnton. Wenn der anhand von Interviews und Fallstudien über die DDR, das vorrevolutionäre Frankreich und über britisch Indien um 1900 feststellt, wie unterschiedlich Zensur praktisch vor sich geht, hört Seibt mit Spannung und Kurzweil zu. Was Vor-, was Nachzensur ist, lernt er, was ein wohlwollender Zensor ist und was Gewalt in diesem Kontext vermag. Den historistischen Ansatz des Buches kritisiert Seibt für seine Grenzen. Wenn es um den Kontext der Tagespresse geht, scheint ihm der Autor etwas zu einsilbig zu werden.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.05.2016

Rezensent Oliver Pfohlmann lernt das haarsträubende Selbstverständnis von Zensoren in der DDR kennen, erfährt aber auch, dass Zensur nicht immer klandestin war. Was Selbstzensur ist, kann ihm Robert Darntons Buch ebenfalls vermitteln. Wenn der Autor drei Zensurapparate vergleichend untersucht, den der DDR, den im absolutistischen Frankreich und den in Britisch-Indien, erkennt Pfohlmann, wie literarisch versiert die Zensoren in der Regel waren, das Politbüro ausgenommen, meint er. Provokant erscheint ihm die Studie schon wegen dieser Erkenntnis, die aber laut Rezensent auf intensiven Recherchearbeiten in Archiven basiert. Ein weitere Erkenntnis der Arbeit scheint ihm zu sein, dass sie Kontrollmechanismen als sich geschichtlich wandelnde Phänomene erkennt, deren Beweggrund ethnografische Neugier, aber eben auch Unterdrückung sein kann. Wie erbarmungslos Zensur sein kann, erfährt Pfohlmann anhand von "glänzend erzählten" Fallbeispielen, etwa über Walter Janka oder eine Kammerzofe Ludwigs XV., die in der Bastille landete.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2016

Zensur darf man sich nicht als ein rigides Unterdrückungsinstrument vorstellen, mit dem staatliche Kontrolleure auf Texte zugreifen und nicht genehme Passagen schwärzen. Zensur agiert anders, liest Helmut Mayer beim amerikanischen Historiker Robert Darnton nach, der sich die Zensurapparate in drei unterschiedlichen Systemen in unterschiedlichen Epochen angesehen hat: Im vorrevolutionären Frankreich, in der britischen Kolonialverwaltung Indiens und in der DDR. Sehr deutlich arbeitet Darnton mit seinen Beispielen heraus, dass Zensoren sich eher als Garanten hochwertiger Literatur verstanden denn als staatliche Büttel und dass die größte Wirksamkeit der Zensur darin bestand, die Autoren sozusagen von allein zu linientreuen Texten zu bringen. Lehrreich findet Mayer Darntons Beispiele und auch in heutiger Zeit sehr hilfreich, um allzu simple Vorstellungen von Zensur zu revidieren.
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