Paul Bowles

The Garden / Der Garten

Cover: The Garden / Der Garten
Bilger Verlag, Zürich 2021
ISBN 9783037620946
Broschiert, 184 Seiten, 50,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und aus dem Amerikanischen übersetzt von Florian Vetsch. 1963 schrieb Paul Bowles (1910-1999) im malerischen Städtchen Asilah an der Atlantikküste von Marokko die Short Story "The Garden". Sie spielt in einem kleinen Dorf am Rand einer Oase in der Sahara. Ein Mann arbeitet still und zufrieden in seinem der Wüste mittels Wassergräben abgerungenen Garten und bewundert oft bis nach Sonnenuntergang dessen Schönheit. Seine Frau vermutet, dass er einen Schatz in seinem Garten vergraben habe. Um ihn gesprächig zu machen, wendet sie sich an eine Hexe, die ihr ein schwarzmagisches Gift für ihren Gatten mitgibt. Die Frau verabreicht diesem aber eine Überdosis. Im Glauben, ihn getötet zu haben, verlässt die Frau das Dorf und flieht zu ihrer Familie. Doch das Gift hat den Mann lediglich in einen komatösen Zustand versetzt, aus dem er wieder erwacht; das Gift hat ihn aber das Gedächtnis gekostet. Als der Imam den wieder zu Kräften Gekommenen in seinem Garten besucht und ihn ermahnt, freitags in die Moschee zu kommen und Allah für seinen Garten zu danken, versteht der Mann nicht, worum es geht. Alsbald geht das Gerücht um, er habe seine Frau umgebracht, in Stücke zerlegt und in seinem Garten vergraben. Aus dieser Konstellation entwickelt sich für den ahnungslosen Mann eine tödliche Spirale.
Im Dezember 1966 bat Joseph McPhillips, der Rektor der Amerikanischen Schule von Tanger, Bowles um eine Dramatisierung dieses Stoffs; McPhillips inszenierte unter Mitwirkung professioneller Kunstschaffender während vieler Jahre Theaterstücke für seine Studentinnen und Studenten. Paul Bowles befand sich zu dem Zeitpunkt in Thailand und war auf dem Sprung zur Heimkehr. Deshalb schrieb er auf dem Rückweg nach Tanger auf hoher See die Szenen des Bühnenstücks "The Garden" und sandte sie an McPhillips, der unverzüglich mit den Proben begann und die Künstlerinnen Marguerite McBey für das Plakat, Ira Belline für die Kostüme und den kreativen Tausendsassa Brion Gysin für das Bühnenbild und die Maske gewann; auch der Romancier John Hopkins arbeitete an der Produktion mit. Schließlich wurde Paul Bowles' Bühnenstück "The Garden" in Tanger im Palais du Marshan am 28. und 29. April 1967 uraufgeführt - aber es wurde nie veröffentlicht.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.03.2022

Rezensent Marko Martin freut sich über das neuübersetzte Theaterstück Paul Bowles das in einem zweisprachigen Band direkt neben dem amerikanischen Original erscheint. 1966 beschrieb der nach Marokko ausgewanderte Schriftsteller darin das Schicksal eines Mannes in Tanger, der sich hingebungsvoll seinem Garten widmet, womit er das Misstrauen seiner Frau und des Imams erregt und am Ende von einem aufgebrachten Mob ermordet wird, resümiert Martin. In kurzen temporeichen Sätzen und einer "kargen, suggestiven Sprache" zeichnet der Autor kenntnisreich das marokkanische Dorfleben, ohne in Exotismus oder Belehrung zu entgleiten, lobt der Rezensent. Nostalgisch betrachtet Martin die beigefügten Bilder von Kostümen und liest die ergänzenden Interviews, die diesen Band für ihn allein schon zu einem kleinen Kunstwerk machen und den Eindruck einer Stadt vermitteln, wie sie heute schon lang nicht mehr existiere, so der bedauernde Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.02.2022

Rezensent David Signer zeigt sich dankbar für dieses überaus "fesselnde" und liebevoll gestaltete Buch.  Neben Bowles' Theaterstück "The Garden" klärt das Buch auch über Bedeutung und Entstehungskontext eines der unbekannteren Werke auf. Im Stück geht es um einen Mann, der einen wunderschönen Garten in der Wüste anlegt, einen Garten, den er so sehr liebt, dass seine Frau misstrauisch wird und ihn vergiftet, lesen wir. Dazu enthält der Band ein Interview, zahlreiche Fotografien, Briefe sowie einen Essay, indem der Bowles-Experte Florian Vetsch die Entstehungsgeschichte des Dramas beschreibt, sowie über dessen Bedeutung und Aktualität reflektiert. Eine Parabel sei dieser Text, stellt Signer fest, auf den islamischen Extremismus, und damit wichtiger Bestandteil des recht düsteren Bildes, welches der in Tanger lebende Bowles von der arabischen Gesellschaft zeichnete. Ihm deshalb Islamophobie vorzuwerfen, wie es immer mal wieder getan wurde, greife jedoch zu kurz, verteidigt Signer den Autor, schließlich seien dessen Texte über die amerikanische Gesellschaft nicht weniger kritisch und bedrückend gewesen. Bowles habe nun mal das seltene Talent gehabt, gleich einem Echolot die "Bruchstellen und Risse einer Kultur zu erfassen", so der beeindruckte Rezensent.