Nicolas Born

Nicolas Born: Gedichte

Cover: Nicolas Born: Gedichte
Wallstein Verlag, Göttingen 2004
ISBN 9783892448242
Gebunden, 666 Seiten, 34,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Katharina Born. Nicolas Born (1937-1979) zählt heute zu den bedeutendsten Schriftstellern der deutschen Nachkriegsliteratur. Anfang der siebziger Jahre erreichte er eine bis dahin für Lyrik ungewöhnliche Aufmerksamkeit. So zeitverbunden und typisch für die Erfahrungen seiner Generation, die von den Kriegsfolgen über das Wirtschaftswunder, die 68er-Bewegung und die schwere Desillusionierung der 70er Jahre reichten, so zeitlos erscheint seine Lyrik heute. Kritisch und humorvoll seziert er in seinen Gedichten eine zunehmend veränderte Wirklichkeit: das "Wahnsystem Realität".
Born widersetzte sich bereits zu Lebzeiten sämtlichen Versuchen einer Einordnung als politisch Engagierter, Alltagslyriker, Vertreter der sogenannten "Neuen Innerlichkeit", der Naturlyrik oder der frühen Popliteratur. In dieser kritischen Ausgabe wird ein Vierteljahrhundert nach seinem frühen Tod mehr denn je die herausragende Qualität seiner Lyrik deutlich. Erstmals sind hier neben den bekannten auch frühe, bisher unveröffentlichte Gedichte aus dem Nachlass abgedruckt, die man bisher in einem Brand von 1976 vernichtet glaubte. Ein umfassender Anhang verzeichnet Vorformen, Nachdrucke und Varianten sowie frühe Entwürfe. So lassen sich Arbeitsweise und Einflüsse aufspüren und Entwicklungen des Werks Borns nachvollziehen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.03.2006

"Leichte Wehmut" erfasst Angelika Overath, wenn sie jetzt die Gesamtausgabe des lyrischen Werks des 1979 verstorbenen Nicolas Born in den Händen hält. Hier geht es noch um alles, "hier schrieb einer, der nicht anders konnte". Nach einer kurzen Beschreibung des Born'schen Stils widmet sich Overath dem Lob der Herausgeberin Katharina Born, die in den "Gedichten" nicht nur das gesamte erschienene Werk, sondern auch bisher Unveröffentlichtes aus dem Nachlass ihres Vaters präsentiert. Der "detaillierte" Kommentar erlaube den Vergleich mit früheren Fassungen diverser Texte, das Nachwort gibt "intime Einblicke" in die Beziehung zum Vater. Am meisten überrascht hat die Rezensentin der erste Gedichtband "Echolandschaft", der hier Premiere feiert und noch sehr an den Mentor Ernst Meister erinnere.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.12.2004

Michael Braun wundert sich nicht, dass die Gedichte des 1979 verstorbenen Nicolas Born stärker in Vergessenheit geraten sind als die seines gleichfalls jung gestorbenen und als radikal verschrienen Freundes Rolf-Dieter Brinkmann. Born habe, findet Braun, die "lyrisch komplexeren" Gedichte geschrieben, außerdem musste er mit seinem lyrischen Debüt gegen das Image des "strengen Wahrnehmungs-Protokollanten" anschreiben, das ihm seine beiden ersten Romane eingetragen hatten. Umso verdienstvoller sei nun eine kritische Gesamtausgabe der Born-Gedichte, freut sich Braun, von Borns Tochter Katharina betreut, die auch verloren geglaubte Gedichte aus dem Nachlass beisteuern und in vielerlei Hinsicht das Bild des Dichters Born neu konturieren konnte. Den entscheidenden Impuls, so der Rezensent, erhielt Born nämlich nicht etwa aus dem linken Berliner Freundeskreis um Hans-Christoph Buch und Hermann-Peter Piwitt, sondern von dem Dichter Ernst Meister, den Born 1959 kennengelernt hatte. So sei Born in seinen Anfängen von der ihm zugeschriebenen "Neuen Subjektivität" weit entfernt gewesen und habe eher einen hohen Kunstton angeschlagen, staunt Braun - nachzulesen in der bislang nie veröffentlichten Gedichtsammlung "Echolandschaft", die ebenfalls in die Gesamtausgabe des Wallstein Verlages Aufnahme gefunden hat.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.12.2004

Die Gedichte von Nicolas Born, die nun in einer "vorzüglich kommentierten Neuausgabe" vorliegen, werden von Peter Henning freudestrahlend begrüßt. Borns Tochter Katharina, die sich um den Band verdient gemacht hat, hat hervorragende Arbeit geleistet, lobt der Kritiker und spendet "ungeteilten Beifall". Born, vor 25 Jahren verstorben, war ein "engagierter Ankläger der Medien- und Industriewelt" und gerade heute, "in dieser konjunkturschwachen Zeit" scheint die Stunde seiner Gesellschaftsanalysen und -diagnosen gekommen zu sein, meint Henning. Borns schriftstellerischen Weg skizziert er so: vom alltagsbeobachtenden Gebrauchslyriker zum Utopisten, schließlich zum Aufklärer, "dessen Lyrik in ihren besten Momenten visionäre Züge trägt". Peter Henning ist dankbar für diesen Band, der den Auftakt zu einer kommentierten Gesamtausgabe bilden soll, und für die "wunderbar an der Wirklichkeit entlang geschriebenen Gedichte".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.11.2004

Mit Sympathie, vielleicht auch mit einer gewissen missionarischen Motivation, porträtiert Christoph Bartmann den vor 25 Jahren verstorbenen Dichter Nicolas Born, dessen Gedichte nun in einer kritischen Ausgabe von Borns Tochter Katharina erschienen sind. Zu einer richtigen Stellungnahmen, was von diesen Versen zu halten ist, will sich der Kritiker nicht so recht durchringen. Immerhin soviel Wertendes: der Band enthält ein "liebevolles und kluges Porträt", das die Tochter, die erst sechs Jahre alt war, als der Vater mit 42 gestorben ist, verfasst hat. Die Entwicklung des Dichters beschreibt Bartmann als "von Grass zu Handke". Mit Grass teile Born die sozialdemokratische Gesinnung und den unakademischen Habitus, während er später mit Handke die "Innerlichkeit" und das "stille Pathos" gemein hat. Völlig zu unrecht hat man der "kargen Innigkeit" der späten Gedichte mit dem bevorstehenden Tod des Autors und der Geste des Abschieds in Verbindung gebracht, glaubt der Poträtist.
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