Nick McDonell

Der dritte Bruder

Roman
Cover: Der dritte Bruder
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2006
ISBN 9783462037319
Kartoniert, 269 Seiten, 8,95 EUR

Klappentext

Aus dem amerikanischen Englisch von Thomas Gunkel. Mike hat Glück: Seine Eltern besitzen ein Ferienhaus in Long Island, berühmte Freunde gehen ein und aus, ihm wurde die beste Schulbildung zuteil, und sein älterer Bruder Lyle beschützte ihn, wenn ihre Eltern mal wieder stritten. Im Jahr 2001 macht Mike ein Volontariat bei einer Zeitung in Hongkong, von wo aus er nach Bangkok geschickt wird, um dort über die Backpacker-Szene zu schreiben und um einen Journalisten zu finden, der untergetaucht ist. Bangkok fasziniert ihn - trotz der Exzesse und der Gewalt, die ihm begegnen. Doch als ihn die Nachricht vom Tod seiner Eltern erreicht, fährt Mike zurück in die USA, um seinem Bruder beizustehen, der Wahnvorstellungen hat und glaubt, dass an allem ein dritter Bruder schuld sei. Dann passiert der amerikanische Alptraum, und während das World Trade Center brennt, begibt sich Mike auf die Suche nach Lyle, der gleich neben den Twin Towers wohnt, um ihn zu retten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.11.2006

Rezensent Christoph Schröder kann Nick McDonells Roman "Der dritte Bruder" nicht viel abgewinnen. Der Nachfolger von "Zwölf", dem gehypten Debüt des Autors, zeichnet sich für ihn vor allem durch eins aus: seine Flachheit. Dass das möglicherweise zum Konzept gehört, zieht Schröder in Betracht, hält es McDonell sogar zu Gute. Retten kann das den Roman seines Erachtens nicht. Die durch Drogen nur schwer zu füllende innere Leere des stinkreichen, privilegierten, jugendlichen Mike mag zwar authentisch sein. Dennoch findet Schröder die Öde, "wenn von ihr öde erzählt wird, für den Leser nur ermüdend". Daran ändert es auch nichts, dass Mike als Journalismus-Praktikant in Bangkok eine Reportage über Rucksacktouristen schreiben soll, den Einsturz des World Trade Centers erlebt, den Unfalltod seiner Eltern aushalten muss und schließlich in Harvard studiert. Letztlich vermisst Schröder schlicht die formalen Mittel und die sprachlichen Fähigkeiten, die den durchaus "guten Blick" des Autors zu Literatur machen könnten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.10.2006

Ganz nett, aber nicht wirklich überzeugend, findet Rezensent Hubert Winkels den zweiten Roman des jungen Nick McDonell. Positiv vermerkt der Rezensent erstmal, dass McDonell nicht einfach auf der coolen Erfolgswelle seines schicken Erstlings weiter geritten ist, und auch keiner literarischen Überambition zum Opfer fiel. Aber wirkliche Tiefe und auch eine Handschrift fehlt diesem Autor aus Sicht des Rezensenten noch. Die Geschichte hat drei Teile und kommt als Familienroman daher. Teil eins erzählt laut Rezensent eine Art Entstehungsgeschichte des titelgebenden Motivs vom dritten Bruder, der eine imaginäre Figur ist und nur phantomhaft im Leben von Protagonist Mike und seinem psychisch kranken Halbbruder Lyle eine Rolle spielt. Viel Bemühung um Tiefe entdeckt der Rezensent hier, die aber nur leichte Formen von Kitsch hervorbringt. Dick kommt es dann, als die Romanhandlung auf den 11. September 2001 zurollt, an dem Winkels zufolge Teil zwei der Handlung spielt. Hier schnappt der Rezensent dann doch ordentlich nach Luft und kann auch in Teil drei keine Erleichterung finden, wo er die Romankonstruktion endgültig in sich zusammenfallen sieht.