Natasha Brown

Zusammenkunft

Roman
Cover: Zusammenkunft
Suhrkamp Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783518430460
Gebunden, 113 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Jackie Thomae. Nach oben kommen. Das war immer der Plan. Seit Jahrhunderten. Dafür hat sie, dafür haben alle vor ihr gekämpft. Und als Schwarze Frau stand ihr letztlich nur ein Weg offen: Völlige Verausgabung, Oxbridge, Londoner Hochfinanz, ein Freund mit Geld so alt und dreckig wie das Empire. Doch als sie endlich eingeladen wird, Mitglied einer Familie, Angehörige einer Klasse, Teil eines Landes zu werden, muss sie am eigenen Körper erfahren, dass die erlittenen Ungerechtigkeiten tiefere Wurzeln geschlagen haben. Wie kann sie sich retten? Wie mit dem Erbe der Geschichte leben?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.05.2022

Rezensentin Rose-Maria Gropp liest die vielen abgebrochenen Sätze in Natasha Browns gefeiertem Debütroman nicht als Hinweis auf mangelndes Erzählvermögen, sondern als Stilmittel für das zerbrochene Selbstverständnis der Protagonistin. Bei dieser handelt es sich um eine junge, erfolgreiche schwarze Frau in England, die mit ihrer Identität und ihrem Anpassungserfolg in der Gesellschaft hadert. Wie intensiv diese sich im Buch selbst beobachtet, wirkt auf Gropp verstörend. Ein Masochismus, den die rassistische, kolonialistische und sexistische Gesellschaft hervorruft, ahnt sie.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.03.2022

Rezensentin Simona Pfister staunt, wie geschickt Natasha Brown mit Leserinnenerwartungen spielt, wenn sie ihren Debütroman sozusagen am Ende bzw. Ziel der Aufstiegsgeschichte einer jungen schwarzen Frau im heutigen London beginnen lässt, nicht am Anfang. Was kommt, wenn die Heldin gegen alle Hürden alles erreicht hat, Traumjob, Traummann, Traumwohnung? Die Erniedrigung hört nicht auf, erfährt Pfister. In den Szenen, die das verdeutlichen, ohne es laut Pfister auszubuchstabieren, wird der Text für die Rezensentin richtig stark. Wie Brown ihre Protagonistin weiter in Gedichten und Tweets ihre Gedanken dazu formulieren lässt, ruft bei der Rezensentin die "vertraute" Bilder des Rassismus auf. Auch wenn der Text hier für Pfister mitunter "zu theroretisch" wird, scheint er ihr immer elegant genug und vor allem: erhellend.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 12.03.2022

Rezensentin Julia Schröder lobt, wie verdichtet und wie wenig "Brühwürfel"-artig Natasha Browns Romandebüt daherkomme. Brown erzählt von einer schwarzen jungen Frau in London, die es in Sachen Karriere und Privatleben eigentlich geschafft hat, sich des Anpassungszwangs aber sehr bewusst ist und ihren sozialen Aufstieg durch eine Krebsdiagnose zu hinterfragen beginnt. Wie Brown auf gerade einmal 128 Seiten die "Brüche" in der britischen Gesellschaft und die "gar nicht so feinen" Klassenunterschiede ausleuchtet und sich dabei auch noch mit "intersektionaler Kulturkritik" auseinandersetzt, findet Schröder ambitioniert und gelungen. Am Ende des Romans wird es ihr dann aber doch ein bisschen zu überladen, wenn die Protagonistin auch noch über Dekolonisierung, bell hooks und das kollektive Gedächtnis referiert. Ein überzeugendes Debüt, ganz kann Schröder die helle Begeisterung der englischsprachigen Kritik aber nicht teilen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.02.2022

Rezensentin Judith von Sternburg findet, dass die Form der Aussage im Wege steht in Natasha Browns Roman von 2021. Die Geschichte einer schwarzen Aufsteigerin und ihrer Erfahrung mit Rassismus und sexueller Belästigung im London der Jetztzeit wirkt auf die Rezensentin allzu konstruiert. So richtig vorstellen kann sie sich das Schicksal der Erzählerin nicht, weil Brown immer wieder ins Allgemeine (und allgemein Merksatzhafte) abdriftet, wo Sternburg sich für die einzelne Figur interessiert hätte. Die Direktheit und der Zorn in der Story leiden darunter, bedauert sie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.02.2022

Glaubt man Carlos Spoerhases Kritik, dann ist Natascha Browns Debüt nicht bloß ein weiterer Roman über Diversität, Klassismus und die Schwierigkeiten sozialen Aufstiegs. Der Rezensent bewundert zunächst einmal die Dichte, mit der die britische Autorin in "Vignetten" auf etwas mehr als hundert Seiten von jenen Erfahrungen erzählt, die ihre namenlose Erzählerin auf dem Weg von der Unter- in die Mittelschicht macht. Browns Heldin hat Migrationshintergrund, ist aber nie mit dem Herkunftsland ihrer Eltern in Berührung bekommen, arbeitet - wie einst auch die Autorin - im Finanzsektor und ist liiert mit einem Schnösel, der seiner politischen Karriere durch die Beziehung mit ihr "liberale Glaubwürdigkeit" verleihen will, resümiert der Kritiker. Vor allem aber ist es die "subtile Ironie", mit der Brown von den miteinander verknüpften Diskriminierungen und dem verlogenen Versprechen auf "soziale Mobilität" erzählt, die Spoerhase ganz für den Roman einnimmt.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 05.02.2022

Rezensentin Mara Delius erinnert an das Primat der Form in ihrer Besprechung von Natasha Browns Roman. Dass die Autorin für ihre Schilderungen von Erfahrungen schwarzer Frauen in Großbritannien gefeiert wird, genügt Delius nicht. Zumal es in diesem Text um eine "stille Aufsteigerin" nur am Rand um solche Erfahrungen geht, wie die Rezensentin findet, und in erster Linie um die "Dehnbarkeit von Identitäten". Formal aber überzeugt das Buch sie nicht nachhaltig. Zwar findet sie den mit Einzelszenen und inneren Monologen arbeitenden trockenen Stil der Autorin durchaus bemerkenswert, für eine emphatische Kritik aber reicht das noch nicht, lässt Delius uns wissen.
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