Mohammed Hanif

Alice Bhattis Himmelfahrt

Roman
Cover: Alice Bhattis Himmelfahrt
A1 Verlag, München 2012
ISBN 9783940666222
Gebunden, 272 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ursula Gräfe. Im Zentrum des Romans steht das Herz Jesu Krankenhaus in Karatschi. Alice Bhatti, eine junge Christin, bekommt eine Stelle als Assistenzkrankenschwester. Einige Zeit zuvor aus der Besserungsanstalt entlassen und in das Haus ihres Vaters im Christenghetto French Colony zurückgekehrt, gelingt es ihr mit ihrem unerschrockenen, zupackenden Auftreten schon bald, im chaotischen Alltag des vollkommen überfüllten und desolaten Krankenhauses Fuß zu fassen. Unterstützung erhält sie von dem 17-jährigen Jungen Noor, der dort als Schreiber angestellt ist und Alice vergöttert, sowie von der anfangs harschen, unzugänglichen Oberschwester Hina Alvi.
Teddy Butt, muslimischer Herkunft, Bodybuilder und Scherge der inoffiziellen Polizeieinheit Gentlemen-Korps, die auf brutaleWeise mit "Verdächtigen" umgeht, wird auf Alice aufmerksam. Er umgarnt sie, und die kämpferische Alice fühlt sich schließlich von ihm angezogen. Sie verlieben sich; Teddy mit unvermittelter Heftigkeit, Alice mit vorsichtigem Optimismus, doch ihr neues, gemeinsames Leben steht auf wackligen Fundamenten ...

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.06.2012

Bevor Mohammed Hanif mit seinem Roman "Eine Kiste explodierender Orangen" Autor eines Weltbestsellers wurde, war er Pilot der pakistanischen Luftwaffe. Aus diesem ersten Leben scheint er ein gewisses Draufgängertum mitgenommen zu haben, denn Rezensentin Ursula März freut sich sehr über das Tempo und die Unerschrockenheit, die Hanif auch in seinem zweiten Roman "Alice Bhattis Himmelfahrt" an den Tag legt. Er erzählt darin die turbulente und nicht sonderlich glücklich endende Liebesgeschichte zwischen einer katholischen Krankenschwester und einem muslimische Polizisten, wobei Hanif zur Freude der Rezensentin vor keinem Tabu halt macht und keine Blasphemie scheut. Hanifs Humor muss man sich etwas gröber vorstellen - März nennt ihn burlesk oder "hemdsärmelig" -, doch als politische Waffe besitze er durchaus seine Schärfe, versichert März, der nicht zuletzt die "literarische Kühnheit" des Romans sehr imponiert.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.03.2012

Shirin Sojitravalla ist hingerissen von dieser im Leinwandformat erzählten Liebesgeschichte zwischen der christlichen Alice Bhatti und dem muslimischen Teddy Butt in Karatschi. Dass die Titelfigur, der Sojitravalla wahre Superheldinnenfähigkeiten und eine motivische Nähe zu feministischen Heldinnen wie Lara Croft attestiert, mächtig austeilen kann, hat unter Umständen sogar einen tieferen Grund, mutmaßt die Rezensentin: Womöglich kein Zufall ist es, dass sich die Heldin die Initialien mit der 2010 zum Tode verurteilten Christin Asia Bibi und den Nachnamen mit Shabbaz Bhatti, ihrem einzigen - und selbst christlichen - Befürworter in der pakistanischen Regierung teilt. Doch hält sich Sojitravalla mit solchem Subtext-Stöbern nicht lange auf und erfreut sich lieber an "Hinterlist und Aberwitz" des Romans, den sie abschließend "tarantinoesk" und "herrlich obskur" findet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2012

Angela Schader weiß um das Risiko, als pakistanischer Autor nicht nur eine Christin zur Heldin seines Romans zu machen, sondern auch unerschrocken Frauenfeindlichkeit, religiösen Fanatismus und gesellschaftliche Gewalt anzuprangern. Deshalb beeindruckt sie auch Mohamed Hanifs zweiter Roman, der mit den erzählerischen Mitteln eines "Noir Comics" die Geschichte der Krankenschwester Alice erzählt, sehr. Sie, die Angehörige einer niedrigen, christlichen Kaste in Karatschi, muss mit der Ablehnung und Verachtung ihrer Umgebung leben, blickt illusionslos in die unerträglichen Zustände des Krankenhauses, in dem sie arbeitet, und wird von einem Angehörigen des für seine Gewalttätigkeit bekannten "Gentleman-Korps" der Polizei umworben, erfahren wir. Die comicartig überzeichnete Erzählweise mit ihrer surreal anmutenden Atmosphäre hat hohes Spannungspotential, und lässt unter der Kurzweil der Lektüre erst "nachträglich" die Realität des Geschilderten erfassen, betont die Rezensentin. Sie räumt ein, dass Hanif seinen Plot und seine Figuren nicht immer ganz plausibel zeichnet und gegenüber seinem "genialen" Romandebüt manches etwas weniger sorgfältig zusammengeschraubt scheint. Trotzdem zeigt sich Schader insgesamt begeistert von der individuellen Perspektive, die der Autor auf das "pakistanische Pulverfass" einnimmt.
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