Matthias Jügler

Die Verlassenen

Roman
Cover: Die Verlassenen
Penguin Verlag, München 2021
ISBN 9783328601616
Gebunden, 176 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Was würde man lieber vergessen, wenn man könnte? Johannes blickt zurück auf eine ostdeutsche Kindheit, die von feinen Rissen durchzogen war. Der frühe Tod seiner Mutter, das rätselhafte Verschwinden seines Vaters. All seine Fragen dazu blieben unbeantwortet, weshalb er noch als Erwachsener vorsichtig tastend durchs Leben geht. Ein melancholischer Eigenbrötler, der sich in einer stillen Existenz eingerichtet hat. Als Johannes in einer alten Kiste auf einen Brief stößt - adressiert an seinen Vater und abgeschickt nur wenige Tage, bevor dieser den Sohn wortlos verlassen hatte -, verändert dieser Fund nicht nur seine Zukunft, sondern vor allem seine Vergangenheit als Kind der Vorwende-DDR. Seine Erinnerungen sortieren sich neu und mit ihnen sein Blick auf das eigene Leben.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.09.2021

Rezensentin Claudia Ingenhoven ist beeindruckt von Matthias Jüglers Roman nach einer wahren Begebenheit. Das Thema des Buches ist laut Ingenhoven das Nachwirken der Erfahrung von Verrat und Flucht durch die Generationen. Die Geschichte, an der Jügler das exemplifiziert, hat der Autor direkt aus den Archiven der Stasi, erklärt die Rezensenten. Dass der Autor das nicht verdeckt, sondern im Gegenteil den Wortlaut der Dokumente in den Text übernimmt, scheint zu funktionieren. Wie der Ich-Erzähler sich selbst und dem Leser rückblickend auf seine Kindheit und den verschwundenen Vater die Zusammenhänge langsam erschließt, findet Ingenhoven lesenswert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.06.2021

Rezensentin Wiebke Porombka lädt uns ein auf eine Spurensuche mit Leerstellen. Matthias Jüglers Roman erscheint ihr als eindrückliche Erzählung nicht nur eines Einzelschicksals. Indem der Autor seinen Erzähler vom Verschwinden des Vaters, vom Tod der Mutter und der Großmutter und den Auswirkungen auf sein Leben erzählen lässt, berichtet er für Porombka zugleich vom düsteren Erbe der DDR, von Ideologie, Schuld und dem Kampf um die Freiheit. Authentisch und fiktiv zugleich findet sie die restrospektiv dargelegte "ungeheuerliche Geschichte".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.05.2021

Rezensent Felix Stephan entdeckt eine wichtige Frage am Grund des Romans von Matthias Jügler. Unter einer "ungelenken" Sprache, einer "aufdringlichen" Schicksalhaftigkeit und einem unspektakulären Erzähler scheint ihm der Text zu erkunden, wie die Nachgeborenen des DDR-Unrechtsstaates mit dem Erbe ihrer Eltern zurechtkommen, mit den Symptomen ihrer Generation. Die sprachliche Ungelenkheit des Erzählers ist für Stephan so gesehen ein Stilmittel, Ausdruck seiner Resignation.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 15.04.2021

Rezensent Jan Drees ist kategorisch: Dies ist eines der besten Bücher dieses Literaturfrühlings. Es ist ein trauriges, aber ein berückendes Buch, erklärt er. Und es sei eine literarisch fulminante Umsetzung einer Geschichte, die real passiert sei und die zeige, wie Gewaltsysteme auch fortwirken und Macht entfalten können, nachdem sie längst zusammengebrochen sind. Drees verrät die Pointe des Romans nicht, nur so viel: Es geht um eine Stasi-Operation aus dem Jahr 1986 im engsten Familienkreis des Autors, die noch lange nach der "sogenannten Wende" Opfer fordert. Drees gelingt es dennoch in seiner Rezension, die Leser auf dieses Buch sehr gespannt zu machen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.03.2021

Rezensent Ulrich Seidler folgt Matthias Jüglers Hauptfigur durch die Untiefen des Unrechts in der DDR ab 1980. Faksimilierte Aktenauszüge beschwören laut Rezensent Staub und Stasi herauf und ein Leben zwischen Liebe, Tod, Lüge und Verrat, das den Rezensenten an die Unzuverlässigkeit der "eigenen Lebenserzählung" gemahnt. Formal überzeugt der Roman Seidler durch eine präzise Lakonie, die ihn durchaus mitreißt.

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