Louis Begley

Schiffbruch

Roman
Cover: Schiffbruch
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783518414750
Gebunden, 280 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Christa Krüger. Der erfolgreiche amerikanische Schriftsteller John North hat in Paris, wo gerade ein Film nach einem seiner Bücher gedreht wird, eine Frau kennen gelernt. Ihr Name ist Lea, ein überirdisch sinnliches Wesen, das er, weit älter als sie, vom erstenAugenblick an begehrt. Doch was zauberhaft beginnt, wird bald zu einer gespenstisch schönen "amour fou", in der einer ohne den anderen nicht mehr kann und die beide aus ihren Bahnen zu werfen droht. North und seine junge Geliebte steuern auf eine Katastrophe zu, auf einen Schiffbruch, der einen von beiden vernichten wird.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.11.2003

Rezensent Ulrich Greiner fällt es sichtlich schwer, den nunmehr siebten Roman des von ihm hochgeschätzten Louis Begley als das zu bezeichnen, was er letztlich eindeutig zu sein scheint: missglückt. Mit Samthandschuhen beschreibt Greiner die Geschichte des erfolgreichen amerikanischen Autors Paul North, der an drei aufeinanderfolgenden whiskeygetränkten Abenden einem unbekannten, doch willigen Zuhörer von seiner letztlich "verhängnisvolle Affäre" mit einer sexgierigen französischen jungen Journalistin (der "Inbegriff einer Männerfantasie") berichtet. Es ist eine Fortsetzung der bisher so erfolgreichen "Serie über liebesbedürftige, aber liebesunfähige Männer", meint Greiner. Doch ist "Schiffbruch" zwar "gekonnt erzählt, aber eben doch auch unangenehm routiniert", gesteht sich unser Rezensent enttäuscht ein; die Geschichte wirke wie ihr Erzähler "seltsam lang und matt, ausgelaugt und erschöpft". Letztlich wertet der Rezensent den Roman vorsichtig als einen Versuch, der zwar "die Mühe vielleicht wert" gewesen, doch eben "nicht gelungen ist".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.11.2003

Louis Begleys neuer Roman ist "jedes bisschen Aufmerksamkeit wert", versichert Sacha Verna, ein makelloses Buch sei es aber deshalb noch lange nicht. Begleys Protagonist, ein alternder Schriftsteller in einer Schaffenskrise, erzählt einem Trinkgenossen, wie er für die obsessive Affäre mit einer Jüngeren seine eigentlich glückliche Ehe riskierte. "Das Vokabular ist deftig", warnt Verna, die Lektüre lohne sich aber dennoch. Neben dem Reiz der "doppelt- und dreifachen" gespiegelten Erzählebenen besteche der Roman auch durch den komplexen und widersprüchlichen Charakter des Protagonisten. Begley beherrsche es nach wie vor, sich in die Niederungen der Schlüpfrigkeiten zu begeben, ohne dabei ins Triviale abzugleiten. "Undurchsichtig" sei der Roman, nie wisse man genau, was nun Wahrheit ist, spannend sei er außerdem und dazu noch von einer immer präsenten "leisen Ironie" durchzogen. Begley kann es immer noch, findet Verna. Das Fazit der Kritik fällt dementsprechend wohlwollend aus: "Späte Sünden, fein erzählt."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2003

Weniger klar, als es einem nach der Lektüre der Rezension scheint, formuliert Angela Schader, wie wenig Freude ihr dieser Roman bereitet hat. Man merkt, wie sie sich Mühe gibt, ihm gerecht zu werden. Sie nimmt die deutlichen Verweise auf George Eliots "Daniel Deronda" und Henry James' "The Golden Bowl" pflichtschuldig zur Kenntnis, auch Anspielungen auf Camus und Nabokov. Dennoch findet sie die Geschichte des von Selbstzweifeln geplagten Erfolgsautors und Ich-Erzählers zwischen zwei Frauen offenkundig reichlich abgeschmackt. Sowohl die treu ergebene Ehefrau als auch die intellektuell wie noch viel mehr erotisch atemberaubende französische Geliebte leuchten der Rezensentin wenig ein: das Modell "Engel und Hure", mal wieder. Nach einem Exkurs zu Eliots "Daniel Deronda" - einem, wie man zwischen den Zeilen lesen darf, sehr viel besseren Roman - kann Schader nicht umhin, als Leserin anzumerken, dass der "Nabel der Welt" doch etwas höher liege "als der Hosenschlitz".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.10.2003

Enttäuscht ist Sebastian Domsch von Louis Begleys neuesten Roman. War das nötig, fragt er, nach fünf herausragenden Büchern ein so schlechtes nachzulegen? Begley hatte erst, erinnert Domsch, kurz vor seiner Pensionierung als Rechtsanwalt zu schreiben begonnen und mit seinen Kindheitserinnerungen im besetzten Polen ("Lügen in Zeiten des Krieges ") einen Welterfolg gelandet, an den er mit seinen nachfolgenden Romanen anschließen konnte. Der neue Roman hat Domsch zufolge zwei große Schwächen: er erzählt die sehr banale Geschichte eines Ehebruchs, die sich als Obsession ausgibt und doch nicht mehr ist als Willenschwäche und Inkonsequenz, behauptet der Rezensent; und er mache den Ich-Erzähler zu einem Schriftsteller, der einem imaginären Gegenüber in der Bar seine Lebensbeichte ablegt, das den geradlinigen und erwartbaren Fortgang der Handlung bloß abzunicken hat. Sei er anfangs noch geneigt gewesen, einen doppelten Boden beziehungsweise eine unerwartete Wendung der Geschichte zu vermuten, habe er sich enttäuschen lassen müssen, schreibt Domsch: die Wendung zum Guten blieb aus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.10.2003

Kristina Maidt-Zinke scheint schon vorher kein Fan von Begleys Romanen gewesen zu sein, betont sie doch das lüstern-altherrenhafte Moment, das Sinnkrisen und Sexabenteuer älterer amerikanischer Männer als Lebensbeichte verpackt. Nun "zaubert" Begley einen neuen Senior aus dem Hut, der auch noch den Schriftstellerberuf ausübt, stöhnt Maidt-Zinke. Damit habe sich Begley ein Setting geschaffen, das dem Bekenntnisdrang ein geeignetes Ventil biete und die Konstellation darüber hinaus noch mit Bedeutung auflade. Weil die Lebenskrise, die in diesem Fall berichtet wird, noch in die besten Mannesjahre fällt, hat Begley Gelegenheit, kritisiert die Rezensentin, üppiger als sonst Altmännerphantasien zu bedienen und von Ehekrisen und sinnlichen Kompensationsangeboten zu berichten. Dummerweise hat sich die Leserin und Rezensentin angefangen zu langweilen. Dabei hat sich ihr ein Satz aus dem Roman eingeprägt: die "Familie der unnötigen Bücher" hat Zuwachs bekommen.
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