Khaled Hosseini

Drachenläufer

Roman
Cover: Drachenläufer
Berlin Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783827005168
Gebunden, 384 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Angelika Naujokat und Michael Windgassen. Afghanistan 1975: ein Land im Schatten der Geschichte. In Kabul wächst der zwölfjährige Amir auf, der unbedingt einen Wettbewerb im Drachensteigen gewinnen will, um seinem Vater seine Stärke zu beweisen. Dazu braucht er die Hilfe seines Freundes Hassan. Hassans Vater ist der Diener von Amirs Vater. Trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft verbindet die beiden Jungen eine innige Freundschaft, die allen Herausforderungen aus der Nachbarschaft standhält. Bis am Ende des erfolgreichen Wettkampfs diese Freundschaft von Amir auf schreckliche Weise verraten wird. Diese Tat verändert das Leben beider dramatisch, ihre Wege trennen sich, während das Land gleichzeitig seiner Zerstörung entgegengeht. Viele Jahre später kehrt der erwachsene Amir aus dem Ausland in seine Heimatstadt Kabul zurück, um seine Schuld zu tilgen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.01.2004

Khaled Hosseini habe "ein kleines literarisches Wunder" geschaffen, lobt Werner Bloch den Debütroman des seit zehn Jahren in den USA lebenden Afghanen, denn das Buch ermögliche ein Einblick in die Gesellschaft Afghanistan "jenseits der Stereotype des Westens". Es erzählt uns die Geschichte des 12-jährigen Amir, der als Sohn eines wohlhabenden Paschtunen in den "luxuriösen Verhältnissen" eines westlich orientierten Haushalts in Kabul aufwächst und mit dem Sohn des Dieners, einem Hasara, befreundet ist. Die Freundschaft zerbricht, als Amir die Vergewaltigung seines Freundes nicht verhindert und sogar heimliches Vergnügen an dieser Schändigung empfindet, berichtet der Rezensent. Damit sei Amir "ein Antiheld par excellence", folgert Bloch, der aber gerade deswegen "das moralische System der Afghanen" offen lege und das Buch zu einem "Psychogramm" der afghanischen Gesellschaft mache. Dieses "wohl spannendste Buch über die Menschen in Afghanistan", befindet der Rezensent begeistert, verschaffe uns mit seinem "klaren Blick" und seiner "zauberhaften Sprache" ein sinnliches Lesevergnügen und entschlüssele zugleich "die Logik und die Moral seiner Ethnien".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.11.2003

In jüngster Zeit kann man über Kabul auch wieder Drachen flattern sehen, häufig aus den einfachsten Materialien, hat Jürgen Brocan beobachtet. Sie signalisieren die Rückkehr zu einem Ritual, das in Zeiten vor der Machtausübung der Taliban in Afghanistan alljährlich stattfand und bei dem das Einfangen des vorletzten oben verbliebenen Drachens den Höhepunkt eines Wettkampfs darstellte. Jenes Ritual führt in die Romanhandlung ein, so Brocan, in welcher die Geschichte einer Jungenfreundschaft vor einem dramatischen politischen Hintergrund geschildert werde. Verrat beziehungsweise Versagen kennzeichne diese Beziehung von früh an, ein Motiv, das sich wie ein roter Faden durch den ganzen Roman ziehe und auch bei anderen Charakteren verfange. Nur ganz langsam enthüllt der Roman die wahren Schuldzusammenhänge und Beziehungen, schreibt Brocan. Einen Hang zur Klischeehaftigkeit kann der Rezensent dem Autor Khaled Hosseini, einem schon als Kind in die USA emigrierten Afghanen, nicht absprechen. Aber es stört ihn nicht, ja, es scheint ihm vielmehr passend, da das Böse ja tatsächlich so banal sei, wie es hier dargestellt werde. Dafür entschädigt der Roman mit einem frischen Ton, einer geraden Sprache und einer anrührenden Geschichte, schließt Brocan wohlmeinend.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.11.2003

Ein "komplexes und zugleich sehr persönliches Panorama der letzten dreißig Jahre afghanischer Geschichte" sieht Rezensent Stefan Weidner in Khaled Hosseinis Roman "Drachenläufer". Weidner charakterisiert den Roman des 1965 in Kabul geborenen, seit 1980 im amerikanischen Exil lebenden Schriftstellers als "ausgetüftelt konstruiert" und "flüssig", wenn auch etwas "konventionell" erzählt. Obgleich in der Thematik afghanisch findet Weidner seine Machart "durch und durch amerikanisch". Beim creative-writing-Seminar, so Weidner etwa mokant, hätte der Roman mit Bestnote bestanden. Weidner zeigt sich im weiteren allerdings recht beeindruckt von der verschlungenen Geschichte um den privilegierte Amir, der seinen Milchbruder Hassan, Sohn des Hausdieners, aus Eifersucht verrät, Jahre später aber die Möglichkeit der Wiedergutmachung erhält. Eine Geschichte, die man auch als "ausgedehnte Parabel" auf die jüngste Geschichte Afghanistans lesen könne. Insgesamt würdigt Weidner "Drachenläufer" als "großen Roman über den Willen zu einem versöhnlichen Neuanfang."
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