Katherine Ann Porter

Das Narrenschiff

Roman
Cover: Das Narrenschiff
Manesse Verlag, München 2010
ISBN 9783717522201
Gebunden, 699 Seiten, 26,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Susanna Rademacher. Im Sommer 1931 tummelt sich im Hafen von Veracruz eine bunt zusammengewürfelte Reisegesellschaft, um sich nach Bremerhaven einzuschiffen. Kaum ist der Anker gelichtet, wird die "Vera" zu einem Sudkessel menschlichen Narrentums: Ein US-Amerikaner macht sich als alternder Playboy lächerlich, ein deutscher Verleger rühmt sich lauthals seiner Rasse, eine drogenabhängige Señorita betört den herzkranken Schiffsarzt. Moralische Verkommenheit, Stumpfsinn und Niedertracht, wohin man blickt. Die Tollheiten münden in ein groteskes Maskenfest, derweil auf dem Zwischendeck spanische Arbeiter in Schmutz und Elend dahinvegetieren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.02.2011

Dieses Buch ist das ganze seltene Beispiel eines von einer Frau geschriebenen panoramahaften Gesellschaftsromans, erklärt Rezensentin Ursula März. Anne Katherine Porter hat "Das Narrenschiff" 1945 geschrieben, als die Verbrechen der Nazis bekannt waren. 1931 hat sie selbst eine Reise auf einem Passagierschiff gemacht und in diesem Jahr spielt auch ihr Roman, der die zusammengewürfelten Passagiere zu einem Abbild der Welt in den dreißiger Jahren macht. Drogen, Sex, Ehekrieg, Antisemitismus, Ausbeutung - all das verkörpern die Passagiere, die sich hier gegenseitig das Leben zur Hölle machen. Über allem schwebt ein spöttisch kommentierender griechischer Chor - hier in Gestalt einer spanischen Tanzgruppe, die für die Abendunterhaltung zu sorgen hat. So differenziert zeichnet Porter die Personen und ihre verwickelten Beziehungen, dass die Rezensentin bald das Gefühl hat, nicht zu lesen, sondern mitzufahren. Das kann nur Weltliteratur!

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.01.2011

In angelsächsischen Sprachraum ist dieser 1964 erstmals veröffentlichte große Gesellschaftsroman von Katherine Anne Porter längst als Klassiker der Weltliteratur anerkannt. In Deutschland, wo man ihn kaum kennt, unternimmt jetzt der Manesse Verlag einen neuen Verbreitungsversuch. Für der Entdeckung wert hält der Rezensent Wolfgang Schneider den Roman jedenfalls, wenngleich er doch insgesamt nicht wenige kritische Akzente setzt. Allzu plakativ setze die Autorin die Figuren auf ihrem Schiff, darunter viele Deutsche, in Szene, deutlich inspiriert von Thomas Manns "Zauberberg?, dabei jedoch eher eine Könnerin im Episodischen als im Spannen eines Erzählbogens. Weniger die dominierenden politischen Analysen als das, was Porter zum Thema Ehe und Liebe zu sagen hat, interessieren den Rezensenten. Der hat sich auf den rund 700 Seiten nicht gelangweilt, ein Meisterwerk allerdings annonciert er ausdrücklich auch nicht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.12.2010

Mit Beifall begrüßt Renate Wiggershaus diese Neuausgabe von Katherine Anne Porters 700-Seiten Roman "Das Narrenschiff". In einer Fülle von miteinander verwobenen Geschichten führt ihr die Autorin eine politisch und religiös sehr heterogene Reisegesellschaft und ihre Spannungen vor Augen, die sich auf einer fast vierwöchigen Atlantik-Überfahrt befindet. Die grotesken, zunächst verbalen, dann auch körperlich gewalttätigen Auseinandersetzungen der Passagiere, die Porter beschreibt, vermitteln in ihren Augen ein bedrückendes Bild zwischenmenschlicher Beziehungen. Wiggershaus hebt insbesondere die meisterliche Charakterisierung der zahlreichen Figuren, deren gegenseitige Spiegelung und die Ausleuchtung ihrer Beziehungen hervor. Porters Roman verdeutlicht für sie sehr eindrücklich die enorme, letztlich auch politische Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen.