Juli Zeh

Unterleuten

Roman
Cover: Unterleuten
Luchterhand Literaturverlag, München 2016
ISBN 9783630874876
Gebunden, 640 Seiten, 24,99 EUR

Klappentext

Manchmal kann die Idylle auch die Hölle sein. Wie das Dorf "Unterleuten" irgendwo in Brandenburg. Wer nur einen flüchtigen Blick auf das Dorf wirft, ist bezaubert von den altertümlichen Namen der Nachbargemeinden, von den schrulligen Originalen, die den Ort nach der Wende prägen, von der unberührten Natur mit den seltenen Vogelarten, von den kleinen Häusern, die sich Stadtflüchtlinge aus Berlin gerne kaufen, um sich den Traum von einem unschuldigen und unverdorbenen Leben außerhalb der Hauptstadthektik zu erfüllen. Doch als eine Investmentfirma einen Windpark in unmittelbarer Nähe der Ortschaft errichten will, brechen Streitigkeiten wieder auf, die lange Zeit unterdrückt wurden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.09.2016

Sieglinde Geisel findet Lesevergngen mit Juli Zehs Roman über eine Dorfgemeinschaft in Brandenburg. Auch wenn der Plot nur Mittel zum Zweck ist, wie Geisel von der Autorin erfährt, und die Frage nach dem eigenen Lebensmodus und der eigenen Identität im Zentrum des Textes steht, findet Geisel Gefallen an dem Roman, den sie mit Texten von Balzac und Thomas Mann vergleicht, weil auch in ihnen Epochenwenden und der Untergang einer Solidargesellschaft verhandelt werden. Die Dorfwelt bei Zeh funktioniert als exemplarisches Epochenbild, meint sie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2016

Jörg Magenau liest Juli Zehs neuen Roman als Krimi, gut gebaute Cliffhanger und Suspense inklusive. Tatsächlich gibt es einen Mord im Text und jede Menge Gewalt, versichert der Rezensent. Die vielen anderen Themen und Motive im Buch, von der Stadtflucht, Windenergiedebatten und DDR-Geschichte bis zu Ehekrisen, sind ihm allerdings nicht entgangen. Wenn Zeh den Rezensenten mitnimmt ins westliche Brandenburg, um ihm einen Haufen komplexer Figuren und Perspektiven vorzustellen und die ein oder andere Leiche aus dem Keller zu holen, vertraut sich Magenau der Autorin, ihrer allwissenden Erzählerin und ihrem Händchen für Handlungsführung und Figurenpsychologie gerne an. Dass der Text sprachlich konventionell und in realistischer Erzählweise daherkommt, scheint Magenau nicht groß zu stören.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2016

Rezensentin Ursula März hat einen Roman wie diesen schon von Juli Zeh erwartet. "Unterleuten" ist ein kulturkritischer Gegenwartsroman, der gehörige Sachkenntnis mit Spannung vereint, während er die großen Konflikte im Kleinen ausbreitet, erklärt die Rezensentin. Es geht um die Geschichte eines brandenburgischen Dorfes, in dem über einem geplanten Windpark ein Streit ausbricht, der Bewegung in das verhärtete Loyalitätsgefüge bringt, fasst März zusammen. Die Rezensentin findet das Buch gleichsam lehrreich und spannend, erkennt aber einen "Zug ins Funktionale", der den Roman für sie trotz aller Zutaten um das Prädikat "Große Literatur" bringt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2016

Sandra Kegel hält Juli Zehs multiperspektivisch angelegten Dorfroman aus der brandenburgischen Tiefebene für eine gute Idee. Dem vielfältigen Personal aus Alteingesessenen und Zugezogenen sowie den vielen Themen im Buch (Landflucht, Ehekrisen, Kapitalismuskritik, DDR, Überwachungsstaat, Geschlechterkonflikte) steht die Rezensentin zunächst aufgeschlossen gegenüber, auch wenn die Generation Hoyerswerda nicht vorkommt, wie sie anmerkt. Dass Kegel dennoch enttäuscht wird von der Lektüre, liegt an einem Mangel an Handlungsfülle und Figurentiefe. Da die Figuren nur Haltungen transportieren und ihre Konfrontation der Rezensentin allzu arg konstruiert erscheint, kommt bei Kegel wenig echte Lesefreude auf. Schiefe Bilder, Klischees und missglückte Sätze tragen ebenfalls zu Kegels Frust bei. Schade, findet sie. Von der Autorin ist sie eigentlich Besseres gewöhnt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.03.2016

Katharina Granzin macht klar, dass die Leserin von Juli Zeh lieber keinen großen Sinnstifter in diesem Buch erwarten sollte. Dafür werden Zeitfragen im Text zu oberflächlich behandelt und als bloßes Handlungselement benutzt, meint sie. Heißt nicht, dass Zehs Roman keine Stärken hätte. Die liegen für Granzin in der gekonnten Zeichnung der brandenburgischen Landschaft, im geschickten Entspinnen einer bis ins Historische zurückreichenden Dorfintrige und eines komplexen sozialen Geflechts. Alles schön bunt hier, findet Granzin durchaus respektvoll, aber auch etwas enttäuschend.