Juli Zeh

Leere Herzen

Roman
Cover: Leere Herzen
Luchterhand Literaturverlag, München 2017
ISBN 9783630875231
Gebunden, 352 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Sie sind desillusioniert und pragmatisch, und wohl gerade deshalb haben sie sich ‎erfolgreich in der Gesellschaft eingerichtet: Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi. Sie haben sich damit abgefunden, wie die Welt beschaffen ist, und wollen nicht länger verantwortlich sein für das, was schief läuft. Stattdessen haben sie gemeinsam eine kleine Firma aufgezogen, "Die Brücke", die sie beide reich gemacht hat. Was genau hinter der "Brücke" steckt, weiß glücklicherweise niemand so genau. Denn hinter der Fassade ihrer unscheinbaren Büroräume betreiben Britta und Babak ein lukratives Geschäft mit dem Tod. Als die "Brücke " unliebsame Konkurrenz zu bekommen droht, setzt Britta alles daran, die unbekannten Trittbrettfahrer auszuschalten. Doch sie hat ihre Gegner unterschätzt. Bald sind nicht nur Brittas und Babaks Firma, sondern auch beider Leben in Gefahr... "Leere Herzen" ist Politthriller aus einem Deutschland der nahen Zukunft. Es ist ein Lehrstück über die Grundlagen und die Gefährdungen der Demokratie. Und es ist zugleich ein Psychothriller über eine Generation, die im Herzen leer und ohne Glauben und Überzeugungen ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.12.2017

Ist das vielleicht Genre?, fragt Katharina Granzin etwas ratlos über Juli Zehs neuen Roman "Leere Herzen", den sie durchaus routiniert erzählt, aber dennoch für Literatur minderer Güte hält. Zeh entwirft darin eine nicht ganz unrealistische Zukunft, in der die Besorgte Bürger Bewegung regiert und sich der demokratische Mittelstand "kampflos in die innere Emigration" verabschiedet hat. Völlig unplausibel erscheinen Granzin jedoch die Figuren, allen voran die Protagonistin Britta, die mit ihrem Start-up in wunderbar "nihilistischem Pragmatismus" die depressive Stimmung nutzt und Selbstmordattentäter vermittelt, an Islamisten oder Umweltverbände. Denn ausgerechnet dieser zynischen Person wird Zeh ihre ganze demokratische Verzweiflung in den Mund legen. Diese Weltkritik ist der der Rezensentin einfach zu konfus.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.11.2017

Rezensentin Juliane Liebert ist sich nach der Lektüre von "Leere Herzen" nicht sicher, ob sie ein "Drehbuch", eine "Moralpredigt" oder beides gelesen hat. Spannung und Unterhaltung kann sie Juli Zehs Neuling zwar durchaus attestieren, aber so recht will sie die im Jahr 2015 spielende Geschichte um Britta, die gemeinsam mit ihrem besten Freund eine Firma gründet, die Selbstmordkandidaten heilt oder für einen höheren Zweck sterben lässt, nicht überzeugen. Das liegt einerseits daran, dass der Kritikerin hier vieles allzu deutlich geschildert wird, der "Sinnlichkeit" dabei kaum Raum gegeben und die moralische Botschaft förmlich eingetrichtert wird. Darüber hinaus vermisst Liebert trotz einiger origineller Bilder die Fantasie in dieser Dystopie: Rechte, Überwachung und Big Data erscheinen der Rezensentin wenig fremd.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.11.2017

Rezensentin Cornelia Geissler zeigt sich verstimmt nach der Lektüre von Juli Zehs neustem Roman und zwar nicht nur, weil dort eine bedrückende Zukunftsvision entworfen wird, sondern vor allem, weil dieser Entwurf eben ein Entwurf bleibt und zwar ein recht plumper - bei allem Respekt, den die Rezensentin für Zehs gesellschaftliches Engagement und ihre bisherigen literarischen Erfolge hat. Natürlich gibt es in dieser dystopischen Welt eine Rechte Bürgerinitiative, natürlich haben Putin und Trump eine Allianz gegen Syrien gebildet, natürlich gibt es Überwachung, Lobbyismus und "Meinungsmanipulation", lesen wir. Und es gibt, einer der wenigen originelleren Einfälle, eine Institution, die suizidale Menschen an Terrororganisationen als Attentäter verkauft, doch leider sowohl im Bezug auf die Handlung, als auch auf einzelne Dialoge, werden solcherart kluge Ideen von den zahlreichen Klischees und Phrasen sowie der unsensibel sich in den Vordergrund drängenden message des Ganzen überlagert und erdrückt: Wir sind selbst für unsere Zukunft verantwortlich und wir müssen etwas tun, sonst wird "alles immer schlimmer" - ach so ist das!

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.11.2017

Knapp und wenig begeistert bespricht Tilman Spreckelsen Juli Zehs neuen Roman "Leere Herzen". Denn die im Jahr 2025 spielende dystopische Geschichte um die teilnahmslose Britta, die in einem von der nationalistischen "Besorgte-Bürger-Bewegung" regierten Deutschland lebt, in dem "Teestuben und Koranbuchhandlungen" abgeschafft wurden, Suizidgefährdete wenn nicht therapierbar als Selbstmordattentäter an entsprechende Organisationen verkauft werden und kaum noch jemand wählen geht, trägt zu schwer an ihrer Botschaft, findet der Kritiker: Engagiert euch oder beklagt euch nicht, nimmt Spreckelsen aus der Lektüre mit. Und sprachlich kann ihn Zeh leider auch nicht überzeugen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.11.2017

Juli Zehs dystopischer Roman zeigt Gustav Seibt mal so richtig, wie wir sind. Seibt lässt sich das gefallen, schaut mit Zeh ins Jahr 2025, wenn der öffentliche Diskurs zum Erliegen gekommen ist, die Lebenswelt durchdigitalisiert und das Geschäft mit Selbstmordattentätern blüht. Dass Zeh all das kulturkritisch aus der "sozialdemokratischen Ecke" beschreibt, findet Seibt sympathisch, den Roman soweit "quadratisch-praktisch". Leider nervt Zehs Sprache den Rezensenten mit Lyrismen - "zum Steinerweichen".
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