Juan Carlos Onetti

Für diese Nacht

Roman
Cover: Für diese Nacht
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518420546
Gebunden, 230 Seiten, 22,80 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Svenja Becker. Eine Hafenstadt im Bürgerkrieg, die Sache ist entschieden, in dieser Nacht wird abgerechnet. Einem, der verloren hat, folgt Onetti auf seiner Suche nach einem Schlupfloch. Noch während er darauf aus ist, die eigene Haut zu retten, sieht er sich genötigt, die Tochter eines früheren politischen Gefährten und jetzigen Widersachers vor dem sicheren Tod zu bewahren. Und ein anderer, der ihm auf den Fersen ist und sich als Sieger wähnt, muß erkennen, daß er das Spiel nicht bis zum letzten Zug durchschaut.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.09.2009

Hans-Peter Kunisch begrüßt diese deutsche Übersetzung von Juan Carlos Onettis frühem Roman "Für diese Nacht". Er würdigt den Autor als den "neben Borges zweiten großen Paten einer international orientierten lateinamerikanischen Literatur". Die Geschichte, die Onetti hier erzählt, ist für ihn nicht nur die in einer namenlosen Hafenstadt angesiedelten Geschichte einer Nacht, in der klar wird, dass der Bürgerkrieg verloren ist und die letzten Kämpfer, die noch nicht die Seiten gewechselt haben, sich in Sicherheit zu bringen versuchen und dabei auch vor Verrat nicht zurückschrecken. Er liest das Werk auch als "düstere Parabel", die von der "menschlichen Existenz unter den Bedingungen totalitärer Politik" handelt. Den bisweilen erhobenen Vorwurf, die Dramaturgie in Onettis Werken behindere die erzählte Geschichte, lässt er nicht gelten, gehört in seinen Augen die Dramaturgie doch zur Geschichte. Von Behinderung könne nur sprechen, "wer geometrisch außer geraden Linien nichts kennt". Gerade in diesem Roman sieht Kunisch den Autor immer wieder mit gekonnten Verwerfungen des Ablaufs der Ereignisse arbeiten. Beeindruckt haben ihn die zahlreichen inneren Monologe der Figuren und Onettis sprachlicher Einfallsreichtum.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.07.2009

Finsterer geht's nicht. Onetti, so schreibt Gabriele Killert in ihrer etwas kompliziert zu lesenden Kritik, sei inspiriert von Celine. Aber seine Literatur sei noch schwärzer, weil ihr der ostentative Zynismus Celines fehlt. Sie macht das an einigen Erzählungen deutlich, bevor sie in ihrer Kritik auf den eigentlichen Gegenstand, den vorliegenden Roman, eingeht. Die schwärzeste Erkenntnis dieses Romans ist demnach die Einsicht, dass die Feinde und der Hass, der die Hauptfiguren treibt, nicht von Gott, sondern selbstgemacht sind: Der Hass hat also nicht einmal Sinn, ihm fehlt am Ende die Begründung in einer objektiven Feindschaft, aus der er sich legitimiert. Er ist reine, aber darum nicht weniger wirksame Verblendung. Hieran gehen die Figuren in diesem Roman laut Killert zugrunde. Und zwar auf eine Art, die an ein Aufhören des Lesens nicht denken lässt, so unangenehm die gelieferte Selbsterkenntnis für den Leser sein mag. Die Inspiration durch Schwarze-Serie-Thriller mag Onetti dabei helfen. Killert empfiehlt nebenbei einen auch gerade erschienenen Essayband, in dem sich Mario Vargas Llosa ausführlich an diesem unheimlichen Autor abarbeitet, ebenfalls bei Suhrkamp.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.07.2009

Richard Kämmerlings ist hocherfreut darüber, dass Juan Carlos Onettis früher Roman "Für diese Nacht" nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegt. Der vor hundert Jahren in Montevideo geborene Autor zählt für ihn zu den "bedeutendsten Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts". Angesiedelt in einer namenlosen Hafenstadt in der Endphase eines Bürgerkriegs erzählt der Roman Kämmerlings zufolge von der aussichtslosen Flucht eines politischen Agenten, der immer wieder in Erinnerungen an einstiges Glück abdriftet, während ein ehemaliger Weggefährte ihn zur Strecke bringen will. Obwohl der ideologische "Weltbürgerkrieg" den Rahmen der Geschichte abgibt, sieht Kämmerlings "Für diese Nacht" nicht als politischen Roman, haben sich Verrat, Gewalt, Folter und Sadismus bei allen Parteien doch längst von politischen Überzeugungen gelöst. Immer wieder fühlt er sich bei der Lektüre wegen der düsteren Atmosphäre an die harten Krimis von Chandler und Hammet erinnert. Dass die gejagte Hauptfigur dann allerdings auch noch einen alten Gefährten verraten und sich um dessen dreizehnjährige Tochter kümmern muss, verleiht dem Ganzen in Kämmerlings' Augen eine etwas "klischeehafte Melodramatik", die für ihn nicht so recht zum "so kalten und mitleidslosen Blick" des Romans passt.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.07.2009

In einer emphatischen Hommage zum hundertsten Geburtstag des 1994 gestorbenen uruguayischen Schriftstellers Juan Carlos Onetti stellt Uwe Stolzmann auch zwei Bücher von und über diesen Wegbereiter der modernen spanischsprachigen Literatur vor. Dass Onetti ein unpolitischer Autor war, wie er selbst in einer Äußerung von 1975 nahe legte, widerlegt der 1942 entstandene, jetzt erstmals auf Deutsch erschienene Roman "Für diese Nacht", lässt der Rezensent wissen. Dieses frühe Werk spielt in einer bürgerkriegsgeschüttelten Stadt, aus der ein "müder Klassenkämpfer" zu fliehen versucht, weil die Feinde sie umzingelt haben. Geschildert wird eine einzige alptraumhafte Nacht, die der Held in der abgeriegelten Stadt verbringt, da man ihn nicht aufs rettende Schiff lassen will, fasst Stolzmann zusammen. Deutlich sei die Geschichte als eine Episode aus dem Spanischen Bürgerkrieg zu lesen, die Onetti selbst von Augenzeugen gehört habe, erklärt der Rezensent. In dem Roman verberge sich aber auch eine Huldigung an Raymond Chandlers Krimis, und der faszinierte Rezensent kann gar nicht anders, als in dem Protagonisten die "Schnoddrigkeit" eines Philipp Marlowe widergespiegelt zu sehen.